Ein Kampf um Rom
Werk des Wahns. Diese Probe darf gar nicht gemacht werden. Im Keim muß diese neue Gefahr zertreten
werden. Der Streich gegen den Adel und für dieColonen ist ein Meisterstück. Er darf nicht Zeit haben, zu wirken. Wo ist Demetrius?«
»Schon gestern abend aufgebrochen, Totila entgegen. Du schliefst, der Arzt verbot, dich zu wecken. Auch Demetrius verbot es.«
»Totila König, und ihr laßt mich schlafen! Wißt ihr nicht, daß dieser Blondkopf der Genius des Gotenvolkes ist? Demetrius
will sich den Lorbeer allein holen. Wie stark ist er?«
»Den Goten mehr als zweimal überlegen: Zwölftausend gegen Fünftausend.«
»Verloren ist Demetrius. Auf, zu Pferd. Bewaffnet alles, was eine Lanze tragen kann. Laßt nur die Wunden auf den Wällen. Dieser
Brand Totila muß erstickt werden im ersten Knistern. Sonst löscht ihn kein Ozean von Blut mehr aus. Meine Waffen, zu Pferd.«
»So hab’ ich den Präfecten nie gesehen«, sagte Lucius Licinius zu dem Arzt. »Es ist wohl das Fieber? Er erbleichte.«
»Er ist fieberfrei.«
»Dann fass’ ich’s nicht. Denn Furcht kann es nicht sein. Syphax, laß uns ihm folgen.«
Rastlos trieb Cethegus seine Scharen vorwärts. So rastlos, daß nur ein kleines Reitergefolge mit seinem Ungestüm und Pluto,
seinem raschen und unermüdlichen Rappen, Schritt halten konnte. In weiten Zwischenräumen folgten Marcus Licinius, Massurius
mit des Cethegus Söldnern, und Balbus mit den in Eile bewaffneten Bürgern von Ravenna. Denn wirklich nur Greise und Kinder
hatte Cethegus neben den Wunden in der festen Stadt zurückgelassen. Endlich hatte der Präfect wenigstens Fühlung mit dem Nachtrab
des byzantinischen Feldherrn gewonnen.
Totila zog von Tarvisium her nach Süden gegen Ravenna. Zahlreiche Haufen bewaffneter Italier, aus den Provinzen Ligurien,
Venetien, Aemilia stießen zu ihm, durch sein Manifest aufgerufen, zu neuer Hoffnung und neuen Entschlüssen. Sie verlangten,
seine erste Schlacht gegen die Byzantiner mit schlagen zu dürfen.
»Nein«, hatte Totila ihren Führern erwidert, »erst
nach
derSchlacht faßt euren letzten Entschluß. Wir Goten fechten allein. Siegen wir, so mögt ihr uns folgen. Fallen wir, so soll euch
nicht der Byzantiner Rache treffen. Wartet ab.«
Die Verbreitung solch hochsinniger Entscheidung zog neue Scharen zu den Goten heran. Totilas Heer aber verstärkte sich von
Stunde zu Stunde auf dem Marsche auch durch gotische Krieger, welche, einzeln oder in kleinen Scharen, aus der Gefangenschaft
entkommen, oder auch aus ihren früher erreichten Verstecken wiederaufbrachen, nachdem sie den Verrat an Witichis und die Erhebung
eines neuen Königs, das Wiederaufflammen des Krieges erfuhren.
Bei der Eile, mit welcher Totila vorwärtsdrängte, die frische Begeisterung seiner Scharen noch unverkühlt zu verwerten, und
bei dem Eifer, mit welchem Demetrius ihm entgegenflog, um ihn allein zu schlagen, stießen die beiden Heere bald aufeinander.
Bei Pons Padi war es. Die Byzantiner standen in der Ebene: sie hatten den Fluß, den sie erst mit der Hälfte ihres Fußvolkes
überschritten hatten, hinter sich. Da erschienen die Goten auf den sanft geneigten Höhen, den Rücken nach Nordwesten. Die
untergehende Sonne blendete die Byzantiner. Totila übersah von dem Hügel, dicht vor den Feinden, deren Stellung.
»Mein ist der Sieg!« rief er jauchzend, zog das Schwert und jagte mit seiner Reiterei auf die Feinde hernieder, wie der Falke
auf seine Beute stößt.
Cethegus hatte bald nach Sonnenuntergang mit seinen Reitern das letzte, verlassne Lager der Byzantiner erreicht. Da jagten
ihm schon die ersten Flüchtlinge entgegen.
»Wende dein Roß, Präfect«, rief ihm der erste Reiter zu, der ihn erkannte, »und rette dich. Totila über uns! Er hat Artabazes,
dem tapfersten Führer der Armenier, mit eigener Hand Helm und Kopf durchhauen.«
Und unaufhaltsam jagte der Flüchtling weiter.
»Ein Gott vom Himmel führte die Barbaren!« schrie ein zweiter. »Alles verloren! Der Feldherr gefangen! Alles in wilder Flucht.«
»Unwiderstehlich ist dieser König Totila!« rief ein dritter, und wollte an dem Präfecten vorbei, der den Weg versperrte.
»Sag’s in der Hölle weiter!« sprach Cethegus und stieß ihn nieder. »Vorwärts!«
Aber kaum ausgesprochen, nahm er den Befehl zurück. Denn schon fluteten in dichten Massen die geschlagnen Byzantiner, den
ganzen Wald erfüllend, zurück und ihm entgegen. Der Präfect erkannte: unmöglich war’s
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