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Ein Kampf um Rom

Ein Kampf um Rom

Titel: Ein Kampf um Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Dahn
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Tagen hatte der seekundige König, durch viele Italier aus dem Süden der Halbinsel verstärkt, seine eroberte Flotte
     neu bemannt und führte sie, in vollem Schmuck der Segel und Flaggen, aus dem Hafen, indes die Reiterei seines Heeres auf dem
     Landweg (der Via Appia) gegen Norden zog. Rom war das Ziel der Schiffe und der Reiter: während Teja, nachdem er alles Land
     zwischen Ravenna und dem Tiber gewonnen – die festen Burgen Petra und Caesena fielen ohne Schwertstreich – oder unterworfen
     und gesichert: die Aemilia und beide Tuscien (das annonarische und suburbicarische), auf der Via Flaminia mit einem dritten
     Gotenheer gegen die Stadt des Cethegus heranzog.
    Der Präfect erkannte: nun ward es grimmiger Ernst. Und grimmig, gleich dem in seiner Höhle angegriffnen Drachen, wollte er
     sich wehren. Mit stolz zufriednem Blick maß er die Schanzen und Wälle, sein ungeheures Werk: und zu den Waffenfreunden, welche
     die Annäherung der Goten beunruhigte, sprach er:
    »Getrost! an diesen Mauern sollen sie zum zweiten Mal zerschellen.«
    Aber nicht so ruhig wie seine Reden und Mienen war im tiefsten Innern sein Geist. Nicht, daß er sein Tun jemals bereut, seinen
     Gedanken je als unausführbar erkannt hätte. Aberdaß sein Werk, nach wiederholtem Scheitern der Vollendung so nahe geführt, nun nach Totilas Erhebung abermals so fern vom
     Ziele schien,– diese Empfindung wirkte auf die eiserne Kraft auch des Cethegus.
    »Der Tropfe höhlt zuletzt den Fels!« antwortete er, als ihn Licinius einmal fragte, weshalb er so finster sehe. »Und dann
     – ich kann nicht mehr schlafen wie ehedem.«
    »Seit wann?«
    »Seit   – Totila! – Dieser blonde Königsknabe hat mir den Schlummer gestohlen.«
    So sicher und überlegen sich der Präfect gegenüber all seinen Feinden und Gegnern gefühlt hatte – die leuchtende, offne Natur,
     die Siegfrid-Natur dieses Jünglings und ihre spielend gewonnenen Erfolge reizten seinen Haß so schwer, daß ihm manchmal in
     heißer Leidenschaft die überlegne Eisesruhe schmolz,– während Totila dem Allgefürchteten mit einer Siegeszuversicht entgegentrat,
     als könne es ihm gar nicht fehlen.
    »Er hat Glück, dieser Milchbart!« knirschte Cethegus, als er die spielende Eroberung von Neapolis erfuhr. »Glück wie Achilleus
     und Alexandros. Aber vortrefflicherweise werden sie nicht alt, diese ewigen Jünglinge! Das weiche Gold dieser Seelen zermürbt
     – wir Klumpen von gediegenem Erz halten länger. Ich habe dieses Schwärmers Rosen und Lorbeern gesehen: mir ist, bald seh’
     ich auch seine Cypressen. Es kann nicht sein, daß ich dieser mädchenhaften Seele erliege. Das Glück trug ihn rasch und schwindelhoch
     empor. Plötzlich und schwindelhoch wird er auch fallen. Trägt es ihn noch über die Zinnen meines Rom? – Fliege nur, junger
     Ikarus, mühelos, im wärmsten Sonnenschein. Ich klimme, Schritt für Schritt, durch Blut und Kampf, empor im Schatten.– Aber
     hochaufatmend werd’ ich oben stehn, wenn dir der verräterische Sonnenkuß des Glücks das Wachs in den kühnen Fittichen geschmolzen
     hat. Wie ein fallender Stern wirst du unter mir erlöschen.«
    Aber es hatte nicht das Ansehen, als ob dies schon bald geschehen solle. Sehnlich erwartete Cethegus das Eintreffen einer
     starken Flotte aus Ravenna, welche ihm den Rest seiner Söldner und alles, was daselbst von Legionären und von dem Heere desDemetrius entbehrlich war, mit reichen Mundvorräten zuführen sollte. Waren diese Verstärkungen eingetroffen, konnte er das
     murrende letzte Aufgebot der Römer von seinem unerträglichen Dienst entlassen.
    Seit Wochen hatte er die immer drohender verbitterten Einwohner auf diese Flotte vertröstet. Endlich war sie von Ostia her
     durch einen vorausgeschickten Schnellsegler verkündet worden. Cethegus ließ die Nachricht von Herolden, unter Tubaschall,
     durch alle Straßen rufen, ließ verkünden: an den nächsten Iden des Oktobers würden achttausend Bürger von den Wällen an ihren
     Herd entlassen: er ließ doppelte Weinrationen auf den Mauern verteilen.
    An den Iden des Oktobers deckte dichter Nebel Ostia und das Meer. Am Tage nach den Iden flog ein kleines Segelboot von Ostia
     nach Portus, in den Hafen von Rom. Seine zitternde Bemannung, Legionäre aus Ravenna, verkündeten: König Totila habe mit der
     Flotte aus Neapolis die ravennatischen Triremen im Schutze dichten Nebels überfallen: von den achtzig Schiffen zwanzig verbrannt
     oder in den Grund gebohrt,

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