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Ein Kampf um Rom

Ein Kampf um Rom

Titel: Ein Kampf um Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Dahn
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gewunden hat: es ist
     Lorbeer vom Vesuvius, vom Paß da oben: Blut liegt auf den Blättern.«
    Narses schob den Kranz zuerst abweisend mit der Hand zurück, dann sprach er: »Gib, ’s ist gut.«
    Aber er legte ihn neben sich in die Sänfte.
    »Autharis, Warnfrid, Grimoald, Aripert, Agilulf und Rotharis sind tot: sie haben über siebentausend Mann verloren: Alboin
     und Gisulf liegen reglos, tief wund in ihren Zelten.«
    »Gut! Sehr gut! Sowie die Goten eingeschift, läßt du die Langobarden sofort abführen: sie sind entlassen aus meinem Dienst,
     und Alboin sagst du zum Abschied von mir nur das Eine: ›Nach des Narses Tod, vielleicht: aber ganz gewiß nicht früher.‹ Ich
     aber bleibe hier in der Sänfte: stützt mich mit den Kissen –: ich kann nicht mehr stehn –: dies wunderbare Schauspiel muß
     ich sehn.«
    Und wahrlich, ein wunderbares, ein erschütternd großartiges Schauspiel war es –: die letzten Goten, die dem Vesuv und Italien
     den Rücken wandten und die geschnäbelten Schiffe bestiegen, welche sie nach dem sichern Norden bergend davontrugen. Feierlich
     und ernst schollen die Rufe der gotischen Heerhörner aus der unbezwungenen, vom Feinde nicht betretenen Teja-Schlucht, in
     langen Pausen. Dazwischen erklang eintönig, ernst, ergreifend, aber nicht weichlich, der Gesang der Männer, Frauen und Kinder
     –: die alten Totenlieder des Gotenvolks.
    Hildebrand und Adalgoth – die letzten Führer, die silberweiße Vergangenheit und die goldne Zukunft – hatten den Abzug geordnet.
     Voran schritt, in vollen Waffen, aufrecht, in trotzig ernster Haltung, eine halbe Tausendschaft, geführt von Wisand, dem Bandalarius,
     der, trotz seiner Wunde, kräftig aufgerichtet, auf den Speer gestützt, den Zug eröffnete. Darauf folgte, auf seinem letzten
     Schilde hingestreckt, den Speer des Cethegus in der Brust, ohne Helm, von den langen, schwarzen Locken das edle, bleiche Angesicht
     umrahmt, König Teja, bedeckt mit rotem Purpurmantel, von vier Kriegern getragen. Hinter ihm schritten Adalgoth und Gotho.
     Adalgoth aber sang und sprach mit ernster Stimme zu den leisen Klängen der Harfe in seinem linken Arm:
     
    »Gebt Raum, ihr Völker, unsrem Schritt:
    Wir sind die letzten Goten:
    Wir tragen keine Krone mit:–
    Wir tragen einen Toten.
     
    Mit Schild an Schild und Speer an Speer
    Wir ziehn nach Nordlands Winden,
    Bis wir im fernsten grauen Meer
    Die Insel Thule finden.
     
    Das soll der Treue Insel sein,
    Dort gilt noch Eid und Ehre:
    Dort senken wir den König ein
    Im Sarg der Eichenspeere.
     
    Wir kommen her – gebt Raum dem Schritt –
    Aus Romas falschen Toren:
    Wir tragen nur den König mit – –
    Die Krone ging verloren.« –
     
    Als die Bahre an Narses’ Sänfte gelangt war, gebot dieser Halt und rief auf lateinisch mit lauter Stimme.
    »Mein ward der Sieg,– aber ihm der Lorbeer. Da, nimm ihn hin! Ob kommende Geschlechter Größeres schauen, steht dahin: heute
     aber, König Teja, grüß’ ich dich, den größten Helden aller Zeiten!«
    Und er legte den Lorbeerkranz, den ihm sein siegreich Heer gewunden, auf des Toten bleiche Stirne nieder.
    Die Träger nahmen die Bahre wieder auf: und langsam und feierlich, unter den Tönen der Hörner, der Totengesänge und von Adalgoths
     silberklingender Harfe, schritten sie weiter an das Meer, das nun schon prachtvoll im Abendgolde glühte.
    Dicht hinter Teja wurde ein hochragender Purpurthron getragen: auf diesem ruhte die hehre, schweigende Gestalt Dietrichs von
     Bern: den Kronhelm auf dem Haupt, den hohen Schild am linken Arm, den Speer an die rechte Schulter gelehnt: zu seiner Linken
     schritt der alte Hildebrand, das Auge unverwandt auf seines Königs Leiche gerichtet, welche im Strahl der untergehenden Sonne
     in dem Purpurmantel magisch gleißend glühte: hoch hielt er das ragende Amelungenbanner mit dem steigenden Löwen über des großen
     Toten Haupt: der Abendwind des ausonischen Meeres rauschte in den Falten der gewaltigen Fahne: in Geistersprachen schien sie
     Abschied zu nehmen von den italischen Lüften. Als die Leiche an Narses’ offner Sänfte vorübergetragen wurde – sprach Narses:
    »Am Schauer erkenn’ ich es, der mich durchdringt – das ist der weise König von Ravenna! Erst ward ein Stärkerer – hier wird
     ein Größerer an uns vorbeigetragen. Tun wir danach.«
    Und mit Anstrengung erhob er sich in seiner Sänfte und beugte verehrend vor der Leiche das Haupt.–
    Hierauf folgten, auf Tragbahren oder gestützt oder

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