Ein Kampf um Rom
gesehn zu haben: Kaufleute hätten ihm davon erzählt
und von einer großen Seeschlacht, in welcher die Goten bei Brundusium die »ionische Flotte« des Kaisers vernichtet. Das war
nun unmöglich, wie Narses wohl wußte. Und nachdem der Fischer das Ansehn der angeblichen Gotenschiffe, nach Mitteilung seiner
Gewährsmänner, geschildert, rief der Feldherr:
»Nun, endlich kommen sie! Triremen und Galeeren: das sind ja
unsere
Schiffe, welche also in Sicht sind, nicht gotische.«
An die Wikingerflotte, welche seit vier Monden verschollen war und als nach Norden zurückgekehrt galt, dachte niemand.
Wenige Stunden darauf, während der Kampf um den Engpaß, alle Aufmerksamkeit fesselnd, tobte, ward Narses von den Küstenwächtern
wirklich die Annäherung einer sehr großen kaiserlichen Flotte gemeldet: deutlich habe man das Schiff des Nauarchen, die ›Sophia‹,
erkannt: doch sei die Zahl der Segel viel größer, als man erwartet: auch die von Narses entgegengeschicktenSchiffe, die zur Eile hatten mahnen sollen, seien darunter: diese segelten in erster Linie: der frische Südostwind müsse sie
bald auf die Höhe des Lagers führen.
Und bald konnte Narses selbst von seiner Sänfte aus auf dem Hügel den prachtvollen Anblick der mit vollen Segeln und von eifriger
Ruderkraft herangetriebnen Flotte genießen. Beruhigt wandte er den Blick wieder den Kämpfenden auf dem Vesuve zu –: als plötzlich
aus dem Lager Boten ihn erreichten, welche furchtbar jene Gerüchte bestätigten oder vielmehr noch Schlimmeres meldeten. Sie
waren einer Gesandtschaft vorausgeeilt, welche, gerade als Cethegus gegen Teja zum letzten Kampfe schritt, bei des Narses
Sänfte anlangte: es waren, mit gebundnen Händen, die Nauarchen der »ionischen Flotte«, welche zugleich die Botschaft der vier
sie geleitenden Nordmänner verdolmetschten. Sie erzählten kurz, daß sie, im Hafen von Brundusium, in stürmischer Nacht, von
der für längst verschwunden erachteten Flotte der Wikinger überfallen und ihre Schiffe fast alle genommen seien: entkommen,
um zu warnen, konnte nicht Eines, da die Feinde den Hafen sperrten. Nachdem Jarl Harald den drohenden Untergang des am Vesuv
zusammengedrängten Restes der Goten erfahren, habe er geschworen, deren Fall zu wenden oder zu teilen: und nun seien sie,
die genommenen Griechenschiffe vorausschickend und hinter diesen ihre Drachen weislich bergend, auf den Flügeln des Ostwinds
herangebraust.
»Und so«, schloß der Dolmetsch, »so spricht Harald, der Wiking: ›Entweder: ihr verstattet, daß alle noch lebenden Goten, mit
Waffen und Habe, auf unsern Schiffen abziehn aus dem Südland, mit uns in die Heimat kehrend, wofür wir alle unsre Tausende
von Gefangnen und alle genommenen Schiffe, welche wir nicht zur Unterbringung der Goten brauchen, herausgeben. Oder: wir töten
sofort alle unsre Gefangnen, landen und fassen dein Lager und Heer im Rücken. Dann siehe zu, wie viele von euch, von den Goten
und von uns, von Stirn und Rücken angegriffen, übrigbleiben werden: denn wir Nordmänner kämpfen dann bis zum letzten Mann:
ich hab’s geschworen bei Odhin.‹«
Ohne Besinnen gewährte Narses den Abzug der Goten. »Ich habe nur geschworen, sie aus dem Reich, nicht aus der Welt zu schaffen.
Wenig Ruhm brächte es, den armen Rest solch edeln Volkstums mit Übermacht zu Tod zu würgen: ich ehre dieses Teja Heldentum:
in vierzig Jahren des Krieges hab’ ich seinesgleichen nicht gesehn. Und durchaus nicht verlangt mich, zu erproben, wie mein
tieferschüttert Heer, das einen Tag des furchtbarsten Kampfes hinter sich, fast alle seine Führer und die tapfersten Männer
verloren hat, diesen Nordlandriesen, die frisch an Kraft und Mut daherkommen, widerstehn würde.«
Und so hatte denn Narses sofort Herolde auf die Schiffe Haralds und nach dem Engpaß geschickt: der Kampf ward eingestellt:
der Abzug der Goten begann. In langer, vom Berge bis an das Meer reichender Doppelreihe bildete das Heer des Narses Spalier:
die Wikinger hatten vierhundert Mann gelandet, welche an der Küste die Heranschreitenden in Empfang nahmen. Noch bevor jedoch
der Zug begann, winkte Narses Basiliskos heran und sprach: »Der Gotenkrieg ist aus – der Edelhirsch erlegt:– jetzt fort mit
den Wölfen, die ihn uns gehetzt: die Führer der Langobarden, wie steht’s mit ihren Wunden?«
»Bevor ich antworte«, sprach Basiliskos ehrerbietig, »nimm hier den Lorbeerkranz, welchen dir dein Heer
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