Ein Kampf um Rom
bin.«
»Mein Sohn, du weißt, wie schwach du warst noch vor wenigen Wochen. Glaubst du wirklich, die gotischen Heermänner werden dich
waffenreif erklären?«
Der König wurde rot wie sein Purpur, halb vor Scham, halb vor Zorn; eh’ er Antwort fand, rief eine rauhe Stimme an seiner
Seite:
»Sorge nicht darum, Frau Königin. Ich bin sein Waffenmeister gewesen: ich sage dir, er kann sich messen mit jedem Feind, und
wen der alte Hildebrand wehrfähig spricht, der gilt dafür bei allen Goten.«
Lauter Beifall der anwesenden Goten bestätigte sein Wort.
Wieder gedachte Cethegus einzugreifen, aber eine Bewegung hinter dem Vorhang zog seine Gedanken ab: einer meiner größten Feinde
ist es, aber wer?
»Noch eine wichtige Sache ist euch kundzutun«, begann der König wieder, mit einem flüchtigen Seitenblick nach der Nische,
der dem Präfecten nicht entging.
Etwa ein Anschlag gegen mich? dachte er. Man wollte mich überraschen? Das soll nicht gelingen!–
Aber es überraschte ihn doch, als plötzlich der König mit lauter Stimme rief:
»Präfect von Rom, Cethegus Cäsarius!«
Er zuckte, aber rasch gefaßt, neigte er das Haupt und sprach:
»Mein Herr und König.«
»Hast du uns nichts aus Rom zu melden? Wie ist die Stimmung der Quiriten? Was denkt man von den Goten?«
»Man ehrt sie als das Volk Theoderichs!«
»Fürchtet man sie?«
»Man hat nicht Ursach’, sie zu fürchten.«
»Liebt man sie?«
Gern hätte Cethegus geantwortet: Man hat nicht Ursach’, sie zu lieben. Aber der König selbst fuhr fort:
»Also keine Spur von Unzufriedenheit? Kein Grund zur Sorge? Nichts Besonderes, das sich vorbereitet.«
»Ich habe nichts, dir anzuzeigen.«
»Dann bist du schlecht unterrichtet, Präfect,– oder schlecht gesinnt. Muß ich, der in Ravenna kaum vom Siechbett ersteht,
dir sagen, was in deinem Rom unter deinen Augen vorgeht? Die Arbeiter auf deinen Schanzen singen Spottlieder auf die Goten,
auf die Regentin, auf mich, deine Legionäre führen bei ihren Waffenübungen drohende Reden. Höchstwahrscheinlich besteht bereits
eine ausgebreitete Verschwörung, Senatoren, Priester, an der Spitze: sie versammeln sich nachts an unbekannten Orten. Ein
Mitschuldiger des Boëthius, ein Verbannter, Albinus, ist in Rom gesehen worden; und weißt du, wo? im Garten deines Hauses.«
Der König stand auf. Die Augen aller Anwesenden richteten sich, erstaunt, erzürnt, erschrocken auf Cethegus. Amalaswintha
bebte für den Mann ihres Vertrauens. Aber dieser war jetzt wieder völlig er selbst. Ruhig, kalt, schweigend, sah er dem König
ins Auge.
»Rechtfertige dich!« rief ihm dieser entgegen.
»Rechtfertigen? gegen einen Schatten? ein Gerücht, eine Klage sonder Kläger? Nie!«
»Man wird dich zu zwingen wissen.«
Hohn zuckte um des Präfecten schmale Lippen.
»Man kann mich ermorden auf bloßen Verdacht, ohne Zweifel,– wir haben das erfahren, wir Italier – nicht mich verurteilen.
Gegen Gewalt gibt es keine Rechtfertigung, nur gegen Gerechtigkeit.«
»Gerechtigkeit soll dir werden, zweifle nicht. Wir übertragen den hier anwesenden Römern die Untersuchung, dem Senat in Rom
die Urteilsfällung. Wähle dir einen Verteidiger.«
»Ich verteidige mich selbst«, sprach Cethegus kühl. »Wie lautet die Anklage? Wer ist mein Ankläger? Wo ist er?«
»Hier«, rief der König und schlug den Vorhang zurück.
Ein gotischer Krieger in ganz schwarzer Rüstung trat hervor. Wir kennen ihn. Es war Teja.
Dem Präfecten drückte der Haß die Wimper nieder. Jener aber sprach:
»Ich, Teja, des Tagila Sohn, klage dich an, Cethegus Cäsarius,des Hochverrats an diesem Reich der Goten. Ich klage dich an, den verbannten Verräter Albinus in deinem Haus zu Rom zu bergen
und zu hehlen. Es steht der Tod darauf. Und du willst dies Land dem Kaiser in Byzanz unterwerfen.«
»Das will ich nicht«, sprach Cethegus ruhig; »beweise deine Klage.«
»Ich habe den Albinus vor vierzehn Nächten mit diesen Augen in deinen Garten treten sehen«, fuhr Teja zu den Richtern gewendet
fort. »Er kam von der Sacra Via her, in einen Mantel gehüllt, einen Schlapphut auf dem Kopf. Schon in zwei Nächten war die
Gestalt an mir vorbeigeschlüpft: diesmal erkannt’ ich ihn. Als ich auf ihn zutrat, verschwand er, ehe ich ihn ergreifen konnte,
an der Tür, die sich von innen schloß.«
»Seit wann spielt mein Kollege, der tapfre Kommandant von Rom, den nächtlichen Spion?«
»Seit er einen Cethegus zur Seite hat. Aber ob mir
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