Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Kampf um Rom

Ein Kampf um Rom

Titel: Ein Kampf um Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Dahn
Vom Netzwerk:
Diese war, sowie sie Cassiodors Bericht zu Ende gehört,
     in den Hof des Palastes geeilt, wo sie zu dieserStunde den König mit den andern jungen Goten seines Hofes beim Waffenspiel zu treffen hoffte. Nur sehen wollte sie ihn, noch
     nicht ihn sprechen und ihm zu Füßen ihr großes Unrecht abbitten. Sie hatte ihn verabscheut, von sich gestoßen, ihn als mit
     dem Blut ihres Vaters befleckt gehaßt – ihn, der sich für diesen Vater geopfert, der ihre Brüder gerettet hatte!
    Aber sie fand ihn nicht im Hof. Die wichtigen Ereignisse des Tages hielten ihn in seinem Arbeitszimmer fest. Auch seine Waffengesellen
     fochten und spielten heute nicht: in dichten Gruppen beisammenstehend, priesen sie laut den Mut ihres jungen Königs. Mit Wonne
     sog Camilla dieses Lob ein: stolz errötend, selig träumend, wandelte sie in den Garten und suchte dort an allen seinen Lieblingsstätten
     die Spuren des Geliebten. Ja, sie liebte ihn: kühn und freudig gestand sie sich’s ein: er hatte es tausendfach um sie verdient.
     Was Gote, was Barbar! Er war ein edler, herrlicher Jüngling, ein König, der König ihrer Seele. Wiederholt wies sie die begleitende
     Sklavin aus ihrer Nähe, daß diese nicht höre, wie sie wieder und wieder den geliebten Namen selig vor sich hin sprach.
    Endlich am Venustempel angelangt, versank sie in süße Träume über die Zukunft, die unklar, aber golden dämmernd, vor ihr lag.
     Vor allem beschloß sie, dem Präfecten und ihrer Mutter schon morgen zu erklären, nicht mehr auf ihre Mithilfe gegen den König
     zählen zu sollen. Dann wollte sie diesem selbst ihre Schuld abbitten mit innigen Worten und dann – dann? sie wußte nicht,
     was dann werden solle: aber sie errötete in holden Träumen. Rote, duftige Mandelblüten fielen aus den nickenden Büschen: in
     dem dichten Oleander neben ihr sang die Nachtigall, eine klare Quelle glitt rieselnd an ihr vorüber nach dem blauen Meer,
     und die Wellen dieses Meeres rollten leise, wie ihrer Liebe huldigend, zu ihren Fü ßen.–

Elftes Kapitel
    Aus solchem Sinnen und Sehnen weckte sie ein nahender Schritt auf den Sandwegen. Der Gang war so rasch und so bestimmt der
     Tritt, daß sie nicht Athalarich vermutete. Aber es war der König: verändert in Haltung und Erscheinen, männlicher, kräftiger,
     fester. Hoch trug er das sonst zur Brust gebeugte Haupt, und das Schwert Theoderichs klirrte an seiner Hüfte.
    »Gegrüßt, gegrüßt, Camilla«, rief er ihr laut und lebhaft entgegen. »Dein Anblick ist der schönste Lohn für diesen heißen
     Tag.«
    So hatte er noch nie zu ihr gesprochen.
    »Mein König«, flüsterte sie erglühend: einen leuchtenden Blick noch warfen die braunen Augen auf ihn: dann senkte sich die
     lange Wimper. Mein König! so hatte sie ihn nie genannt, solchen Blick ihm nie geschenkt.
    »Dein König?« sagte er, sich neben ihr niederlassend, »ich fürchte, so wirst du mich nicht mehr nennen, wenn du erfährst,
     was alles heute geschehen.«
    »Ich weiß alles.«
    »Du weißt? Nun dann, Camilla, sei gerecht: schilt nicht, ich bin kein Tyrann.«
    Der Edle, dachte sie, er entschuldigt sich um seine schönsten Taten.
    »Sieh, ich hasse die Römer nicht, der Himmel weiß es,– sie sind ja dein Volk! – ich ehre sie und ihre alte Größe, ich achte
     ihre Rechte. Aber mein Reich, den Bau Theoderichs, muß ich beschützen, streng und unerbittlich, und weh der Hand, die sich
     dawider hebt. Vielleicht«, fuhr er langsamer und feierlich fort, »vielleicht ist dies Reich schon verurteilt in den Sternen
     – gleichviel, ich, sein König, muß mit ihm stehn und fallen.«
    »Du sprichst wahr, Athalarich, und wie ein König.«
    »Dank dir, Camilla! wie du heut gerecht bist oder gut! Solcher Güte darf ich wohl anvertrauen, welcher Segen, welche Heilung
     mir geworden. Sieh, ich war ein kranker, irrer Träumer: ohne Halt, ohne Freude, dem Tode gern entgegenwankend. Datrat an meine Seele die Gefahr dieses Reichs, die tätige Sorge um mein Volk: und mit der Sorge wuchs in meiner Brust die Liebe,
     die mächtige Liebe zu meinen Goten, und diese stolze und bange und wachsame Liebe für mein Volk, sie hat mein Herz gestärkt
     und getröstet für   ... für andres bitter schmerzliches Entsagen. Was liegt an meinem Glück, wenn nur dies Volk gedeiht: sieh, der Gedanke hat
     mich gesund gemacht und stark, und wahrlich! des Größten könnt’ ich jetzt mich unterwinden.«
    Er sprang auf, beide Arme wiegend und schwingend.
    »Oh, Camilla, die Ruhe verzehrt

Weitere Kostenlose Bücher