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Ein Kapitän von 15 Jahren

Ein Kapitän von 15 Jahren

Titel: Ein Kapitän von 15 Jahren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Leichtmatrose, hatte ich Gelegenheit, diese Gestade zu sehen, und offen gestanden, ich glaube, es hat mir auch noch Niemand, der sie genauer kannte, von denselben gesprochen.
    – Sie haben aber mindestens die Küste von Columbia oder die von Chili und Patagonien besucht?
    – Nein, auch diese nicht.
    – Doch Mistreß Weldon hatte vielleicht Gelegenheit, diesen Theil der Neuen Welt kennen zu lernen? fragte Harris. Die amerikanischen Damen fürchten ja die Reisen nicht und ohne Zweifel…
    – Nein, Herr Harris, antwortete Mrs. Weldon, die Handelsinteressen meines Mannes führten ihn stets nur nach Neu-Seeland und ich habe ihn nie wo andershin begleitet. Unter uns kennt also noch Niemand diesen Theil des unteren Bolivia.
    – Nun, Mistreß Weldon, Sie und Ihre Gefährten werden also ein sehr eigenartiges Land zu sehen bekommen, das mit Peru, der Argentinischen Republik und Brasilien auffallend contrastirt. Seine Fauna und Flora würden die Bewunderung jedes Naturforschers erregen. Wahrlich, man möchte behaupten, Sie hätten an einem sehr glücklich gewählten Punkte Schiffbruch gelitten, und wenn man jemals dem Zufalle danken soll…
    – Ich glaube lieber, daß nicht der Zufall, sondern daß Gott uns hierher geführt hat, Herr Harris.
    – Gott! Ja wohl, Gott!« erwiderte Harris mit dem Tone eines Mannes, der von dem Eingreifen der Vorsehung in die Angelegenheiten dieser Welt nicht besonders viel hält.
    Da indessen Niemand von der kleinen Gesellschaft weder das Land, noch dessen Erzeugnisse kannte, machte sich Harris ein Vergnügen daraus, die Namen der merkwürdigsten Bäume dieses Waldes zu nennen.
    Es war in der That ärgerlich, daß in Vetter Benedict neben dem Entomologen nicht auch ein Botaniker stak! Wenn er bis jetzt keine seltenen Insecten gefunden hatte, so würde er dafür die herrlichsten Entdeckungen auf botanischem Gebiete haben machen können. Hier wucherten in Menge Vegetabilien aller Art, deren Vorhandensein in den tropischen Wäldern der Neuen Welt noch Niemand constatirt hatte. Unzweifelhaft hätte Vetter Benedict seinen Namen durch eine dieser Pflanzenfamilien verewigt. Doch, er liebte weder die Botanik, noch war er in diesem Fache bewandert. Er hegte von Natur sogar eine gewisse Abneigung gegen die Blumen, weil sich einige derselben die Freiheit nahmen, in ihren Korollen Insecten einzufangen und durch ihren giftigen Saft zu tödten.
    Zuweilen wurde der Wald nahezu sumpfig. Man fühlte unter den Füßen das Netz von Wasseradern, welche die kleinen Nebenzweige des Flusses speisten. Einige solche etwas breitere Bäche konnten auch nur überschritten werden, indem man schmälere Stellen derselben aufsuchte.
    An ihren Ufern wuchs häufig eine Schilfart, welche Harris »Papyrus« nannte.
    Nach Ueberschreitung dieses sumpfigeren Theiles schloß sich wieder ein dichtes Blätterdach über den engen Pfaden des Waldes zusammen.
    Harris zeigte Mrs. Weldon und Dick Sand sehr schöne Exemplare von Ebenholzbäumen, welche größer waren als die gewöhnlichen Arten und ein schwärzeres Holz als das im Handel vorkommende liefern. Dann traf man wieder auf Mangobäume, welche trotz der Entfernung vom Meere noch ziemlich zahlreich vorkamen. Bis in die höheren Zweige hinauf bedeckte dieselben ein dichter Ueberzug von Orseille. Ihr kühler Schatten und ihre köstlichen Früchte machen sie zu sehr schätzenswerthen Bäumen, und doch hätte, wie Harris erzählte, kein Eingeborner gewagt, sie selbst zu vermehren.
    »Wer einen Mangobaum pflanzt, der stirbt!« so lautete ein abergläubiges Sprichwort des Landes.
    Während der zweiten Hälfte dieses ersten Reisetages gelangte die kleine Gesellschaft nach eingenommenem Mahle auf ein leicht wellenförmiges Terrain, das zwar noch nicht die Ausläufer des Gebirgskammes durchzogen, sondern das nur eine Art hügeliger Ebene darstellte, welche weiter nach rückwärts an den Bergkamm grenzte.
    Da hier die Bäume mehr vereinzelt oder nur in kleineren Gruppen zusammenstanden, wäre der Weg leichter gewesen, hätten nicht dichte, hohe Gräser den ganzen Boden bedeckt, so, als befände man sich in den Dschungeln Ostindiens. Die Vegetation erschien wohl minder üppig als in der Fluß niederung, übertraf aber noch beiweitem die der gemäßigten Zonen der Alten und der Neuen Welt. Die Indigopflanze wuchs hier in großer Menge und galt nach Harris’ Aussage mit Recht als das gefürchteteste, Alles überwuchernde Unkraut in der ganzen Umgebung.
    Gerade ein Baum, der sonst in diesem

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