Ein Kater in geheimer Mission - Winston: [1]
möchte auch lieber wieder auf meinem Sofa liegen und von Werner gekrault werden. Und ich möchte Odette im Hof besuchen. Als Kater, nicht als Mensch.
Bei dem Gedanken an Odette packt mich ein Gefühl, das tatsächlich eine Mischung aus Hunger und Müdigkeit sein könnte. Den Druck auf der Brust nicht zu vergessen, gepaart mit leichtem Herzrasen. Ob ich also auch Heimweh habe?
»Tja, aber was können wir bloß tun, um wieder zu tauschen?«, überlege ich. »Ich fürchte, solange wir nicht wissen, warum das überhaupt passiert ist, haben wir ganz schlechte Karten.«
»So weit waren wir mit unseren Überlegungen doch schon mal«, stellt Kira fest. »Dann müssen wir uns nun endlich auf die Suche nach den Ursachen machen. So jedenfalls will ich nicht bleiben!«
Ich seufze. Es stimmt natürlich. Wir müssen Ursachenforschung betreiben.
»Aber wo fangen wir damit bloß an?«
»Ganz einfach: Wir gehen noch einmal zu der Stelle, wo der ganze Schlamassel begonnen hat. Vielleicht fällt uns da etwas Besonderes auf.«
»Na gut«, sage ich und muss gleichzeitig gähnen. »Aber vor morgen früh bringen mich keine zehn Pferde mehr aus dem Haus!«
»Okay, dann gleich morgen früh! Das passt gut: Samstags ist keine Schule und du kannst behaupten, dass du Brötchen holen gehst.«
»Von mir aus«, murmle ich ergeben. Heilige Ölsardine, Kira ist ganz schön hartnäckig!
Am nächsten Morgen stehen wir tatsächlich wieder vor der Baustelle, wo uns damals das Gewitter überrascht hat. Das Häuschen, in dem wir Unterschlupf gefunden haben, ist noch genau so, wie ich es in Erinnerung hatte. Vielleicht wuchert auf dem Boden ein wenig mehr Unkraut, sonst hat sich nichts verändert. Sogar die Spule liegt noch in der Mitte des Unterstands. So weit, so unspektakulär.
»Also, fassen wir mal zusammen: Wir saßen auf dieser Kabeltrommel und haben uns beide gewünscht, jemand anderes zu sein. Dann schlug der Blitz ein und wir waren erstaunlicherweise nicht tot, sondern hatten den Körper getauscht.« Kira legt den Kopf schief, was ihr für eine Katze ein sehr nachdenkliches Aussehen verleiht.
Ich nicke.
»Genau so war es. Jedenfalls, wenn du mit Kabeltrommel die große Spule meinst.«
»Wir müssen uns alles gründlich anschauen. Irgendwo hier liegt die Lösung für unser Problem, das spüre ich!« Kira nimmt einen kurzen Anlauf und springt dann mit einem beherzten Satz auf die Trommel.
»Guck mal, der Holzdeckel ist tatsächlich richtig verkokelt. Der Blitz ist also direkt in die Trommel eingeschlagen.«
»Mag sein. Aber wie bringt uns das weiter?«, frage ich ratlos. »Wo ist der Unterschied, ob ein Blitz in einen Baum oder in eine Kabeltrommel einschlägt? Ist doch beides Holz.«
»Nicht ganz«, stellt Kira fest. »Um die Trommel ist ein Kabel gewickelt, um den Baum nicht.«
Ich zucke mit den Schultern.
»Na und? Was macht das schon?«, wiederhole ich.
»Das weiß ich auch nicht. Es ist ja nur so eine Idee. Vielleicht ist es einfach der Strohhalm, an den ich mich gerade klammere.«
»An welchen Strohhalm?«
»Ach, Winston, das sagt man so, wenn man wenig Hoffnung hat!«, erklärt Kira. »Dann klammert man sich eben an einen Strohhalm. Das bedeutet, man stürzt sich selbst auf das kleinste Fünkchen Hoffnung.«
»Hm.« Ich gehe um die Kabeltrommel herum und betrachte sie. Der Deckel ist wirklich ganz schwarz und rußig. In der Mitte hat er sogar einen Spalt. Das muss die Stelle sein, die der Blitz genau getroffen hat. Wir haben riesiges Glück gehabt, dass er uns nicht direkt erwischt hat. Sonst wäre Kira jetzt nicht katzenlebendig, sondern mausetot. Und ich gleich mit.
»Es muss einfach etwas mit dem Blitz zu tun haben. Und mit dem Ort hier. Es muss eine logische Erklärung dafür geben. Solche Dinge passieren doch nicht einfach so!« Kira klingt mittlerweile ziemlich verzweifelt.
»Ehrlich gesagt, dachte ich noch vor Kurzem, sie würden gar nicht passieren!«
Wir setzen uns beide auf den Boden neben der Trommel. Eine Weile sagt oder denkt keiner von uns beiden etwas. Schließlich rappelt sich Kira wieder hoch.
»Komm, Winston. Wir müssen jemanden fragen, der sich mit Blitzen gut auskennt. Wir brauchen einen Experten. Und ich weiß auch schon, wen.«
»Echt? Du kennst einen Experten für Blitze?«
»Ja. Und du kennst ihn auch.«
Erstaunt schaue ich sie an.
»Ich kenne einen Experten für Blitze?«
»Tust du: Werner.«
»Werner ist Experte für Blitze?«
»Klar. Denn Blitze sind doch eigentlich Strom. Strom
Weitere Kostenlose Bücher