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Ein Kelch voll Wind

Ein Kelch voll Wind

Titel: Ein Kelch voll Wind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cate Tiernan
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gefunden. Es war wundervoll und auch ein bisschen beängstigend. Nach allem, was passiert war, waren meine Gefühle nachvollziehbar, und dennoch wunderte sich ein Teil von mir, wie schnell ich so stark für ihn hatte empfinden können. Aber ich konnte es nicht aufhalten– ich befand mich in einem rasenden Gefühlsrausch, und es gab keine Möglichkeit, das Tempo zu drosseln. Und das wollte ich auch gar nicht.
    Ich konnte nicht anders, als meine Lippen, die gegen seine gepresst waren, vor lauter Glück zu einem Lächeln zu verziehen. Er lehnte sich zurück und sah mich an.
    »W as ist so lustig?«, fragte er.
    »N icht lustig«, erwiderte ich und stemmte meine Hüften gegen ihn. »G lücklich .«
    »G lücklich?«
    Ich lachte, als ich seinen verwirrten Gesichtsausdruck sah. »J a, glücklich.« Ich zog die Augenbrauen hoch. »O der bist du vielleicht nicht glücklich, hier mit mir zu sein?«
    »N ein.« Er lächelte. »D as ist es nicht. Ich bin glücklich.« Sein Finger zog meine Augenbraue nach und wanderte nach unten zu meinen Wangen. »G lücklich, hier mit dir zu sein.« Er ließ seinen Oberkörper neben mich auf die Erde sinken und schaute in den Himmel. Noch nie in meinem Leben hatte ein Junge von selbst aufgehört, mich zu küssen. Ich meine, ohne dass ich ihn von mir heruntergestoßen hatte, weil ich keine Luft mehr bekam oder so. Unsere Beziehung war eben nicht nur körperlicher Art. Er wollte noch aus vielen anderen Gründen mit mir zusammen sein. Er war so viel tiefgründiger als alle anderen Jungen, die ich bislang gekannt hatte, dass mir das Herz aufging. Ich betrachtete sein schönes Profil, das an eine antike Statue erinnerte, und fühlte mich wie die glücklichste Person auf der ganzen Welt.
    »E rzähl mir von dir«, sagte er und blickte in das Dickicht aus Eichenblättern über uns. Die heraufziehende Dunkelheit ließ die Situation noch intimer erscheinen. »B ei wem wohnst du?«
    Ich lachte. »W as ist denn das für eine Frage? Glaubst du nicht, dass ich bei meinen Eltern wohne?«
    Er betrachtete mich neugierig. »O h. Und? Ist es so?«
    Vielleicht hatte er gehofft, ich hätte eine eigene Bude mit einem Mitbewohner. Plötzlich fühlte ich mich ziemlich dumm und kindisch.
    »E igentlich nicht«, sagte ich. »I ch lebe bei meiner Großmutter. Schon immer.«
    »E s ist sehr traurig, seine Eltern so jung zu verlieren«, sagte er und drehte sein Gesicht zur Seite, sodass er mich ansehen konnte. Er nahm meine Hand in seine und drückte sie an seine Brust. Ich konnte sein Herz schlagen hören. Ich fragte mich, wieso er automatisch angenommen hatte, meine Eltern seien gestorben. Sie hätten geschieden sein können oder im Gefängnis. Es hätte auch nur einer von ihnen tot sein können.
    Ich schüttelte den Kopf. Nein, ich hatte ihm gesagt, ich hätte schon immer bei meiner Großmutter gelebt. Natürlich hatte es so geklungen, als hätte ich nie Eltern gehabt.
    »W as ist mit dir?«, fragte ich. »W oher kommt deine Familie?«
    »M eine Eltern sind auch schon lange tot«, sagte er. »A ber ein paar meiner entfernteren Verwandten leben noch in Frankreich. In einer kleinen Stadt namens St. Malo.«
    »I ch würde gerne mal nach Frankreich reisen«, sagte ich verträumt. Wink mit dem Zaunpfahl. »M eine Familie stammt ursprünglich von dort. Das ist allerdings schon ein paar Jahrhunderte her. Aber ich würde wahnsinnig gerne einmal dorthin fahren.«
    »W arst du noch nie da?«
    »N ein.« Ich blickte in seine dunkelblauen Augen. »I ch wette, es ist wunderschön. Und bestimmt gibt’s da gutes Essen.«
    André lächelte leicht und berührte sanft meine Lippen. »J a. Sehr gutes Essen. Wer weiß? Vielleicht fahren wir eines Tages zusammen nach Frankreich.«
    Ja! »D as würde mir gefallen«, sagte ich und legte meine Hand unter den Kragen seines Shirts. Ich zog seinen Kopf zu mir herüber und küsste ihn erneut. »I ch sehe uns schon viele Dinge zusammen machen«, flüsterte ich.
    Auch er küsste mich und drückte meine Schultern in den weichen Untergrund. Seine dunkler Schopf verdeckte das letzte bisschen Tageslicht und ich schloss die Augen. André küsste meine Augenlider, meine Stirn, meine Wangen, mein Muttermal, mein Kinn, und ich lag einfach nur bewegungslos da, lächelte und nahm das alles in mich auf. Ich war glücklich und fühlte, wie der Rausch aus Verliebtheit, Licht und Kraft immer stärker wurde. Ich wäre so gerne in der Lage gewesen, echte Magie zu meistern, einen richtigen Zauberspruch

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