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Ein Kelch voll Wind

Ein Kelch voll Wind

Titel: Ein Kelch voll Wind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cate Tiernan
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über alle möglichen alten und neuen Landkarten gebeugt, über Bücher und über etwas, was aussah wie eine topografische Karte.
    »H ast du so was schon jemals gesehen?«, fragte Axelle. Obwohl sie die ganze Nacht nicht im Bett gewesen war, merkte man ihr die Müdigkeit nicht an. Ihre Haut war frisch, ihre Augen waren strahlend– sogar ihr Make-up sah okay aus.
    »L andkarten? Ja, so was habe ich schon mal gesehen.« Was um Himmels willen wollte sie von mir?
    »N ein, eher… so was hier«, sagte sie und zog ein Exemplar hervor, das aussah wie eine auf alt gemachte Reproduktion, die man auf falsches Pergament gedruckt hatte und deren Ecken eingerissen waren. Fast erwartete ich, irgendwo ein großes »X « zu sehen, das auf einen vergrabenen Schatz hindeutete.
    Ich schüttelte den Kopf. »S o was wie eine Piratenkarte? Nein, keine echte.«
    Jules prustete vor Lachen, Axelle sah irritiert aus.
    »K eine Piratenkarte«, sagte sie. »E ine alte Landkarte. Eine wirklich alte. Hat dein Vater irgendetwas in der Art besessen? Hast du so was mal gesehen, als du klein warst?«
    Das stand dann wohl ganz oben auf der Liste der seltsamsten Dinge, die ich je gefragt worden war. »N ein.« Ich schüttelte den Kopf und ging zur Tür. »D ad besaß nichts dergleichen. Bis später.«
    Ich schlüpfte durch die Tür in den grünen, feuchten Innenhof. Es war noch früh– ich hatte viel Zeit eingeplant, um mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zur Schule fahren zu können– und trotzdem schon unglaublich heiß, fast wie im Dschungel. Noch bevor ich das Seitentor erreicht hatte, war ich verschwitzt und erschöpft. Super. Ich schluckte den Rest meines Brots hinunter und fühlte, wie es mir im Hals klebte. Aus irgendeinem Grund vermisste ich meinen Dad heute noch mehr als am Tag zuvor.

Kapitel 14
    Clio
    »B ist du fertig?« Ich blickte zu Racey hinüber, die einen Finger abspreizte, während sie den Rest ihres Kaffees hinunterkippte.
    »I ch denke schon.« Sie bückte sich und griff nach ihrem Rucksack mit dem Retrokaro. Dann lehnte sie sich wieder gegen den Autositz und schloss die Augen. »I ch bin noch nicht so weit«, stöhnte sie.
    Auch ich lehnte mich zurück und schloss die Augen. Ich hatte den Motor des Camry schon ausgeschaltet, sodass es in ungefähr zwei Sekunden hier drin furchtbar heiß werden würde, aber wir brauchten noch einen Moment. »I ch weiß«, sagte ich. »W o ist der Sommer nur hinverschwunden?«
    »W ie oft waren wir am Strand, vielleicht einmal?«, beschwerte sich Racey. Ich dachte an die heißen Sommertage und die langen, schwülen Nächte. »T rotzdem, wir hatten Spaß«, betonte ich. »U nd ich habe André kennengelernt.«
    »J a.« Racey schlug die Augen auf und schaute aus dem Fenster. Einige von unserer Truppe hatten sich schon um die Betonbank vor dem »F reundschaftsbaum« versammelt. Racey betrachtete ihre schwarz lackierten Nägel, die mit kleinen, weißen Blitzen verziert waren.
    Plötzlich begriff ich. »D ie Nägel passen zu deinen Haaren«, sagte ich.
    Sie grinste mich an. »I ch weiß, ich bin in einer Stinktierphase, aber mir gefällt’s.« Sie holte tief Luft, atmete aus und entriegelte die Tür. »O kay, ich bin so weit. Lass uns den Laden rocken.«
    Lachend stieg ich aus und versuchte erfolglos, mein Tanktop nach unten zu ziehen, damit es bis zu meinen Badeshorts hinunterreichte. Bei dieser Affenhitze konnte die Schule sicher nicht auf ihrem verschrobenen »D resscode« bestehen.
    »Y o!«, rief Eugenie LaFaye und hielt zum Gruß eine Hand in die Höhe.
    Racey und ich waren die einzigen Hexen in unserer Gruppe, aber das war kein Geheimnis. In New Orleans hatte es immer Hexen gegeben. Hexen, Katholiken, Voodoozauberer, Santeria-Anhänger, Juden– die Spannbreite anerkannter Religionen war groß. Unsere Freunde dachten, es sei so eine Art Hobby und kein richtiges Kräftesystem. Und ich tat nichts, um sie von diesem Glauben abzubringen.
    »B ist du Samstag noch gut nach Hause gekommen?«, fragte Della mit einem süffisanten Grinsen. Das letzte Mal, als ich sie gesehen hatte, hatte ich gerade verzweifelt versucht, mich daran zu erinnern, auf welchem verfluchten Parkplatz des Einkaufszentrums ich mein Auto abgestellt hatte. Das schien Jahre zurückzuliegen. Es war schwer zu glauben, dass ich André noch nicht mal eine Woche kannte. Er hatte mein Leben so sehr verändert– es war, als hätte sein Auftauchen es in zwei Teile geteilt: einem vor ihm und einem nach ihm.
    »J a, klar«, erwiderte

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