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Ein Kelch voll Wind

Ein Kelch voll Wind

Titel: Ein Kelch voll Wind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cate Tiernan
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aus.
    André griff nach ihr und ich spürte seine warme Haut auf meiner. »W as machst du mit mir?«
    Jeder seiner Sätze schien zweideutig. Er konnte einfach alles sexy und irgendwie verboten klingen lassen.
    Ich lächelte ihm zu und zog ihn mit mir. Vor Jahren hatten Racey und ich hier eine Stelle entdeckt, die wir unser »K lubhaus« nannten. In Wirklichkeit war es nur eine kleine Senke im Erdboden zwischen den riesigen Wurzeln dreier Virginia-Eichen. Wenn man sich flach ausstreckte, konnten einen die anderen nur sehen, wenn sie direkt über der Aushebung standen. Wir hatten Stunden dort herumgelegen, um zu reden und kleine Anfängerzauber auszuprobieren. Wir hatten leise vor uns hin gekichert, wenn wir hörten, wie ein Golfer fluchte und seinen Schläger auf die Erde schmiss.
    Als ich bei dem Eingang stand, fiel mir mit einem Mal meine Vision wieder ein– die, in der das Blut aus den Baumwurzeln herausgesprudelt war. Allerdings aus denen einer Zypresse. Ich schluckte und zwang mich, über die breiten Wurzeln hinwegzusteigen. Es war nur eine alberne Vision gewesen. Man konnte jede Menge abgefahrenes Zeug sehen, wenn man seiner Magie freien Lauf ließ. Ich würde nicht weiter darüber nachdenken.
    Ich setzte mich hin und rückte meinen Rock unter meinen Beinen zurecht. Er war gestuft, hatte die Farbe von Lavendel und reichte mir fast bis zu den Knöcheln. Lang und fließend. Jungs liebten solches Zeug. Obenrum trug ich ein weißes, baumwollenes Mieder, das man am Rücken zuknöpfte und das mit lavendelfarbenen Schmetterlingen bestickt war.
    Ich schleuderte mir die Sandalen von den Füßen und klopfte auf den Platz neben mir.
    »D u solltest dich geehrt fühlen. Du bist die erste Nichtblutsschwester, die diesen Ort sehen darf«, sagte ich keck und schlug einen langen Grashalm gegen sein Knie.
    Er warf mir einen schnellen Blick zu. »B lutsschwester?«
    Ich nickte feierlich. »M eine beste Freundin Racey und ich sind Blutsschwestern. Wir haben ein Ritual durchgeführt, als wir zehn waren. Ich glaube, ich habe die Narbe immer noch.« Ich sah auf meinen Daumen, aber der winzige Schnitt, durch den ich mein Blut mit Raceys geteilt hatte, war längst nicht mehr zu sehen.
    »S ie war mit dir im Botanika«, sagte André und lehnte sich auf seine Ellbogen. Er hatte ein blaues Oxfordshirt an, das unglaublich weich und schon ein wenig abgetragen aussah. Die Ärmel waren bis zu den Ellbogen umgeschlagen. So wie sein Shirt waren auch seine kakifarbenen Cargohosen recht abgenutzt und aus einem weichen Gewebe.
    »J a.« Ich blickte auf und sah, dass er mich wissend anlächelte. Ohne auch nur darüber nachzudenken, kamen mir die folgenden Worte in den Sinn: Ich bin die Frau, die dein Begehren kennt, meine Wille ist stark, meine Leidenschaft brennt. Ich bin Dein, wenn du mir zeigst, deine Liebe ist rein.
    Es war kein richtiger Zauberspruch. Ich hatte keine konkrete Absicht im Kopf, ich hatte keine Hilfsmittel und wollte nicht mal irgendetwas Bestimmtes erreichen. Es war mehr, als… würde ich versuchen, seine Gedanken für uns beide zu öffnen. Dafür, dass ich seine wahre Liebe war. Als würde ich die Dinge auf eine gewisse Art vorantreiben.
    Er blinzelte kurz und sah mich an, als hätte er meine Gedanken gelesen. Aber das war vollkommen unmöglich. Wir waren anscheinend schon so gut aufeinander eingespielt, dass er irgendetwas spüren konnte. Ein starkes Gefühl, das von mir ausging.
    »U nd wie gefallen dir die Attraktionen der Stadt?«, fragte er und wiederholte dabei exakt das, was ich bei unserer ersten Begegnung gesagt hatte.
    Ich schluckte. Ich war zittrig und aufgeregt. »S ehr gut«, sagte ich und meine Stimme klang ein bisschen rau und unsicher. Perfekt.
    »K omm her«, sagte er angespannt. Sein leichter französischer Akzent ließ das »h « quasi verstummen.
    Einen kurzen Moment später war es wieder genau wie im Amadeo’s. Wir passten einfach perfekt zusammen. Zum ersten Mal in meinem Leben fühlte ich mich richtig überwältigt. Egal mit wem ich zuvor zusammen gewesen war, in Gedanken hatte ich mir gerne mal die Nägel manikürt oder eine Unterrichtsstunde von Nan rekapituliert oder überlegt, was für Klamotten ich mir als Nächstes kaufen wollte.
    Doch jetzt war ich ganz und gar auf André fokussiert. Wie er sich anfühlte, wie er schmeckte, auf den Duft seiner Haut und die Hitze, die von seinen Händen ausging, während er mich umarmte. Er ist es, dachte ich. Ich bin erst siebzehn und habe die eine, wahre Liebe

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