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Ein Kelch voll Wind

Ein Kelch voll Wind

Titel: Ein Kelch voll Wind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cate Tiernan
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schaute er mich aufmerksam an.
    »M an sagt, die Hitze macht die Leute verrückt«, raunte er. Seine Stimme klang in dem abgelegenen Garten sehr leise. »D eshalb gibt es hier so viele Leidenschaftsdelikte. Die nicht enden wollende Glut macht dich mürbe, zerfetzt deine Nerven. Und als Nächstes hält dir dein bester Freund ein Messer an die Kehle.«
    Zugegeben, ein bisschen machte er mir Angst. Dennoch drang seine Stimme langsam in meine Adern vor, wie eine Droge, die mich beruhigte und mir den schlimmsten Schmerz nahm.
    »W as hast du getan?«, fragte ich ernst und einen Moment lang blitzte Überraschung und– kein Zweifel– Bewunderung in seinen Augen auf. Anziehung.
    Er lachte. »D as war metaphorisch gemeint. Zum Glück habe ich meinem besten Freund bislang noch kein Mädchen ausgespannt.«
    Ich malte mir aus, wie ich mit einem Unbekannten ausging und dann diesem Jungen begegnete, diese elektrisierende Anziehung zwischen uns spürte und wusste, dass er mich dem anderen bald wegnehmen würde. Ich zitterte.
    »W ie heißt du?«, fragte er, und seine Worte schwebten so sanft durch die Luft wie Blätter von einem Baum.
    »T hais«, sagte ich. Tha-iiis.
    Er hielt mir eine Hand hin. Ich blickte zu ihm auf. In seine ebenmäßigen Gesichtszüge, seine unglaublichen Augen und auf die dunklen Brauen darüber. Ich konnte es kaum glauben, als er meine Hand an seine Lippen führte und einen Kuss daraufhauchte. »H at mich gefreut, Thais«, sagte er und brachte jeden Nerv meines Körpers zum Vibrieren. »I ch heiße Luc.«
    Luc, wiederholte ich stumm.
    »K omm bald wieder«, sagte er und blickte mich an, als wolle er sich mein Gesicht einprägen. »I ch werde nach dir Ausschau halten.«
    »I ch weiß noch nicht, wann«, wich ich aus.
    »B ald«, sagte er zuversichtlich, und mir war klar, dass er recht hatte.

Kapitel 11
    Ich habe gesündigt
    »V ergib mir, Vater, denn ich habe gesündigt.« Marcel flüsterte die vertrauten Worte und fühlte schon jetzt, wie sich der Trost der Absolution auf ihn herabsenkte. In dieser winzigen Zelle war er ganz er selbst und alles war gut. »S eit meiner letzten Beichte ist eine Woche vergangen.«
    »H ast du Sünden zu beichten, Sohn?«
    Ah. Bruder Eric also. Er war immer so verständnisvoll.
    »J a, Vater«, murmelte Marcel. »I ch habe… Wut verspürt. Große Wut.«
    »W ut an sich ist keine Sünde, Marcel«, sagte Bruder Eric. »D as wäre es nur, wenn du die Wut genießen und dich von ihr leiten lassen würdest.«
    »I ch fürchte… Müsste ich dieser Wut begegnen, würde sie zu… Gewalt führen.« Da. Jetzt war es raus.
    »G ewalt?«
    Marcel tat einen tiefen Atemzug. »I ch bin von früheren… Kumpanen kontaktiert worden. Leuten, die ich vor langer Zeit gekannt habe. Ich habe versucht, sie zurückzulassen, Vater. Dafür bin ich hierhergekommen. Diese Leute erkennen Gott unseren Herrn nicht an. Sie spielen mit… dem Schicksal. Sie haben ruchlose Kräfte . « Marcel fühlte, wie ihm die Kehle eng wurde. Er schloss die Augen und erinnerte sich an die Kraft, die aus seinen Händen geflossen war, und wie schön ihm die Welt damit erschienen war.
    »E rklär mir das mit der Gewalt, Sohn«, sagte Bruder Eric.
    »W enn ich sie und besonders einen von ihnen sehe– ich habe Angst, dass ich ihm Leid antun werde.« Kalter Schweiß stand auf Marcels Stirn. Ja, Gott hörte ihm zu. Aber er war wahrscheinlich nicht der Einzige. Was für ein Risiko er hier auf sich nahm… Er sah sich in dem dunklen Innenraum um.
    »D ass du ihm aus Wut Leid antust?«
    »J a«, sagte Marcel. »D afür, dass er versucht hat, mich vom rechten Weg abzubringen.«
    Es herrschte Stille, während Bruder Eric nachdachte.
    »B edroht er dich so sehr, mein Junge, dass du ihn zerstören würdest, um dich selbst zu schützen?«
    »J a«, flüsterte Marcel.
    »G ibt es keinen anderen Weg, Marcel?«
    »I ch könnte ihn nie wiedersehen«, bot Marcel an. »I ch könnte mich weigern, zu ihm zu gehen, ihm zu helfen.«
    »E r hat dich um Hilfe gebeten?«
    »N och nicht. Aber ich denke, er wird es tun. Er wollte mich sehen.«
    »V ielleicht hat er sich geändert?«, schlug Bruder Eric vor.
    »N ein«, sagte Marcel bestimmt.
    »V ielleicht möchte er dich um Rat fragen?«
    »N ein.«
    »W as will er dann von dir?«
    »M eine… Kraft.« Die Worte waren so schwach, dass sie kaum durch das hölzerne Schnitzwerk der Öffnung drangen.
    »N iemand kann dir deine Kraft nehmen, Marcel.«
    Marcel wusste, dass es keinen Sinn hatte. Bruder

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