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Ein Kerl macht noch keinen Sommer

Ein Kerl macht noch keinen Sommer

Titel: Ein Kerl macht noch keinen Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Milly Johnson
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sich der Reihe nach vorstellte: Mark, der Regisseur, im Grunge-Look gekleidet, der mit seinem langen, schmalen Gesicht und dem Bart auf der Bühne einen tollen Jesus abgegeben hätte, ein junges, langbeiniges »Mädchen für alles« namens Flip (die Abkürzung für Philippa, wie sie in einem sehr selbstbewussten, aber freundlichen Ton erklärte), ein punkiger Kameramann mit einem weißen Irokesenschnitt, der sich als Bruce vorstellte, und eine pummelige, hübsche Visagistin namens Chas. Vladimir stand weiter hinten im Raum, neben einer winzigen, weißhaarigen, mürrisch blickenden Frau von etwa sechzig Jahren und der hochgewachsenen, burschikosen Jane Cleve-Jones, die im echten Leben noch umwerfender aussah als auf dem Bildschirm. Als sie sahen, dass Anna eingetroffen war, kam das Trio herüber, und Vladimir begrüßte sie mit einem Nicken. Jane stellte sich mit zwei Luftküssen auf Annas Wangen vor. Alle machten einen sehr freundlichen Eindruck. Selbst der Hund erhob sich aus seinem Körbchen und kam langsam herüber, wedelte mit dem Schwanz, drückte den Kopf in Annas Hand und beschnupperte sie.
    »Wie heißt er denn?«, fragte Anna.
    »Luno.«
    »Ich habe einen Kater. Das kann er vermutlich riechen«, sagte Anna.
    »Vielleicht wird er diese Woche nicht von Knoblauch abgeschreckt«, sagte Vladimir leicht naserümpfend. Anna blies verlegen die Wangen auf, aber er ignorierte sie und stellte ihr die streng blickende Frau mit den weißen Haaren vor. »Anna, das hier ist Ihre Visagistin: Darf ich vorstellen, Maria Shaposhnikova.«
    Die kleine Frau streckte eine Hand aus und schüttelte Annas mit der Kraft eines WWE -Ringers. Von Nahem betrachtet sah Maria aus wie ein weißer Sonnenhut mit einem uralten Gesicht, der dringend ein Anti-Aggressions-Training benötigte.
    »Maria ist eine Meisterin. Ich arbeite mit niemandem sonst«, sagte Vladimir und übersetzte dann, was er soeben gesagt hatte, für Maria. Sie nickte, ohne zu lächeln, zu dem Kompliment.
    »Kann ich Ihnen eine Erfrischung anbieten?«, fragte Leonid mit einem Blick auf Annas zitternde Hände. »Ein Glas Wein vielleicht?«
    Er hielt eine lange Kristallkaraffe mit dunkelroter Flüssigkeit hoch.
    »Ein kleines vielleicht.« Anna nahm den Zinnkelch entgegen, den er ihr reichte. Es war seltsam, aus etwas zu trinken, das einen Eigengeschmack hatte. Aber es war ein schöner, kräftiger Wein.
    »Der ist sehr gut«, sagte Anna. »Was ist das für einer?«
    »Ein Wein aus der Gegend Rumäniens, aus der ich komme. Sânge de virgina «, sagte Vladimir.
    »Was heißt das denn?«, fragte Anna.
    »Am ehesten könnte man es wohl mit ›Jungfrauenblut‹ übersetzen«, sagte Vladimir augenzwinkernd. Anna verschluckte sich fast an ihrem Wein, bevor sie rasch zu erklären versuchte, sie hätte ihn in die falsche Kehle bekommen.
    »Wir haben schon mal ein paar Aufnahmen im Haus gemacht.« Jane warf ihr langes Haar mit den karamellfarbenen Strähnen über die Schulter zurück. »Es ist absolut fantastisch. Ich bin ja so verliebt in dieses Haus. Damit wird diese Sendung so toll werden. Vladimir sagt, er hätte Sie an einem Bahnhof entdeckt.«
    Sie sagte »entdeckt«, als sei Anna ein Topmodel, so wie Twiggy, die in einem Friseursalon »entdeckt« wurde. Anna musste sich zusammenreißen, um nicht laut loszukichern.
    Es war schon spät, und die Filmcrew hatte noch viel vor, daher wurde Anna jetzt auf einen Stuhl gedrückt, und Maria begann, ihr Make-up mit reichlich Wattebällchen abzutupfen.
    »Aarrgh, ich habe kein Make-up mehr im Gesicht – holt die Kruzifixe, Leute!«, lachte Anna. Dann fuhr sie sich rasch mit einer Hand an den Mund. Nicht unbedingt der passendste Witz in diesem Haus.
    Die Kamera konnte einem ganz schön Angst machen, fand Anna, als das riesige Objektiv für die erste Aufnahme auf sie gerichtet wurde. Alles wurde still, und Anna tat, was man ihr sagte. Das war nicht schwer, da sie nur still dastehen musste, während Jane und Vladimir über sie redeten.
    »Warum haben Sie Anna als Gesicht für Ihr ›Jede Frau hat eine Darq-Seite‹-Projekt ausgewählt, Vladimir?«
    »Ich konnte sofort sehen, dass Anna sich weitaus älter fühlt, als sie ist, und daher jedes Selbstvertrauen verloren hat. Ich werde den Frauen zeigen, dass in jeder von ihnen, unabhängig von ihrer Kleidergröße oder ihrem Alter, eine Göttin steckt, die darauf wartet, sich zu zeigen.«
    »Schnitt!«, sagte Mark.
    Es gab viele kurze »Action«-Sequenzen, fiel Anna auf. Es war absolut

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