Ein Kerl macht noch keinen Sommer
die Polizei! Dawn erstarrte. Sie hatte von Anfang an den Verdacht gehabt, dass die DVD s, die Calum von Killer bekam, nicht ganz koscher waren, trotz der Geschichte mit der »Wohnungsauflösung«. Es standen erschreckend viele Kartons voller DVD s in seinem alten Zimmer in Muriels Haus, die alle verdächtig neu aussahen.
Dawn wurde blass. O Gott, was sollte sie jetzt tun? Sie machte den Mund auf, um etwas Idiotisches wie »Wen bitte?« zu sagen. Und dann brach sie fast in Tränen der Erleichterung aus, als Calum neben ihrer Schulter auftauchte.
»Calum Crooke?«
»Ja, der bin ich.«
»Soweit ich weiß, haben Sie eine Lieferung von DVD s bekommen.«
»Und?«, sagte Calum, der die Ruhe selbst war. Dawn sah schon vor sich, wie er jeden Augenblick aufs Polizeirevier abgeführt wurde. Ihr Herz hämmerte ängstlich in ihrer Brust.
»Verstehe«, sagte der Mann streng. »Calum Crooke … haben Sie noch einen Kung Fu Panda da? Die Kinder sind verrückt danach.«
Eine halbe Stunde später lachten sie noch immer über Dawn, die ein solches Nervenbündel gewesen war.
»Gav ist schon okay. Er bekommt immer was von mir«, sagte Calum. »Jetzt reg dich schon ab, er hat nur so streng getan, um dich aufzuziehen.«
»Ich dachte, er sei von der Polizei!«
»Polizei? Gav? Scheiße, der schmuggelt doch selbst Zigaretten!«
»Ich wusste gar nicht, dass du Raub- DVD s verkaufst.«
»Und CD s, vergiss nicht die CD s!«, sagte Calum mit einem frechen Grinsen.
»Ich wusste nicht, dass du die auch verkaufst!« Dawn atmete scharf ein. Konnte es überhaupt noch schlimmer kommen?
»Na ja, dann hättest du nur noch einen Grund mehr zum Nörgeln gehabt«, sagte Calum. »Als ob es nicht langsam reichen würde. Am besten hältst du dich aus meinen Geschäften einfach raus.«
»Du wirst schon von deinem Podest heruntersteigen müssen, wenn du zu dieser Familie gehören willst«, sagte Muriel noch immer lachend, aber mit einem scharfen Unterton, den Dawn in letzter Zeit immer öfter hörte.
Dawn nahm ihr das mit dem Podest übel, auch wenn sie es nicht laut sagte. Sie stand überhaupt nicht auf einem Podest. Sie hatte nur solche betrügerischen Geschäftemacher schon immer gehasst. Ihre Mutter und ihr Vater waren fleißige, anständige, solide Leute gewesen. Sie hatten in ihrem ganzen Leben nicht eine Woche Arbeitslosengeld kassiert und immer selbst für sich gesorgt. Und nie im Leben hätten sie eine Raub- CD gekauft und damit einen Musikerkollegen übers Ohr gehauen. Sie war nicht dafür geschaffen, eine Gaunerin zu sein, niemals. Hieß das vielleicht, dass sie einfach nicht zu dieser Familie passte?
Dreiundvierzigstes Kapitel
C alum lag noch im Bett und schlief, als Dawn um neun Uhr ohne ihre Gibson zur Rising Sun aufbrach. Sie konnte sie nirgends finden. Calum musste sie weggeräumt haben, denn sie wusste, dass sie selbst es nicht getan hatte. Sie hatte jetzt nicht die Zeit, danach zu suchen, und wenn sie ihn weckte, würde sie sich damit nur noch mehr Nörgel-Vorwürfe einhandeln; außerdem wollte sie nicht, dass er sie fragte, wohin sie fuhr. Daher nahm sie stattdessen ihre alte Akustikgitarre.
»Was tue ich hier eigentlich?«, fragte sie sich, als sie vor dem Pub vorfuhr. Auf einmal erschien es ihr nicht mehr so unschuldig, als würde sie einfach mit ein paar gleichgesinnten Musikern in die Saiten greifen. Sie musste das, was zwischen ihr und diesem Cowboy war, wirklich abstellen. Es war nicht aufrichtig. Sie würde Al heute klipp und klar sagen, dass sie im Begriff war zu heiraten, entschied sie. Andererseits konnte sie sich nicht mehr erinnern, wann sie das letzte Mal so aufgeregt wegen irgendetwas gewesen war. Mit ihm heute Vormittag Gitarre zu spielen kam ihr gleichermaßen richtig und falsch vor.
Die Jungs hatten bereits zu üben begonnen, als sie eintraf. Die Akustik des Raums war so viel besser als in der Bar, und die gezupften Gitarrenklänge weckten eine seltsame Sehnsucht in ihr nach etwas, das weit außerhalb der Welt lag, in der sie im Augenblick lebte.
Al winkte sie herüber, und die Musik brach ab.
»Jungs, ich möchte euch allen gern Miss Dawny Sole vorstellen. Dawny – das hier sind Kirk, Samuel und Mac.«
Sie begrüßten sie alle sehr freundlich, und Dawn sah, dass sie schon einen Hocker für sie bereitgestellt hatten. Sie nahm ihre Gitarre aus dem verbeulten alten Kasten.
»Ich musste die hier mitbringen«, sagte sie. »Offenbar habe ich meine Gibson im Moment irgendwo verlegt.« Ihr war bewusst, dass
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