Ein Kind, das niemand vermisst
könnte jetzt im Theater sitzen und Warten auf Godot gucken.«
»Wozu, der taucht doch sowieso nicht auf« Haines schnallte sich an und lehnte sich zurück. Doch Cunningham fuhr nicht vom Hof, stattdessen starrte er auf das Haus von Mr Moss.
»Die Nachbarin von gegenüber wohnt erst seit einigen Jahren hier. Sie hat mir aber die Namen der Vorbesitzer genannt. Die Nachbarn auf der anderen Seite waren entweder nicht da oder konnten nichts Nützliches beitragen.«
»Mr Moss' Ehefrau ist psychisch krank und lebt seit Jahren in einer Anstalt, wie er es nannte.«
»Wenn es ihr Kind war, dann kann man das heutzutage per DANN- Analyse feststellen.»
»Warten wir ab, was die Untersuchungen ergeben.« Mit einem letzten düsteren Blick auf das Haus, startete er den Motor und fuhr los.
»Wie weit sind Sie mit der Liste?«, fragte Cunningham DC Barton, sowie sie das Polizeirevier betraten. Barton stand mit hochrotem Kopf am Kaffeeautomaten und tat vier Zuckerstücke in seine Tasse. »Nicht sehr weit. Die Lehrerin steckte in einer Konferenz und wollte zurückrufen.« Er führte seine Tasse zum Mund und nahm einen vorsichtigen Schluck. Als er Cunninghams Gesichtsausdruck bemerkte, stellte er den Kaffee hastig zurück und räusperte sich. »Sie ist bei keinem ihrer Klassenkameraden, so wie es aussieht. Vermutlich«
»Vermutlich?», fragte Cunningham etwas lauter als beabsichtigt.
Barton zuckte zusammen. »Also, unter zwei Nummern habe ich niemanden erreicht. Aber ich habe eine Nachricht auf dem Anrufbeantworter hinterlassen, dass -«
»Sie sollten zurück auf die Schule Josh, ehrlich!«, sagte Haines, griff sich einen Becher aus dem Schrank, schob seinen beiseite und goss sich einen halben Liter Milch ein, bevor sie einen Klecks Kaffee zufügte.
Barton runzelte die Stirn. »War das falsch?«
Cunningham rollte mit den Augen. »Nein Barton! Sollte Chloe diese Nachricht mitgehört haben, wird sie sie vermutlich löschen und Sie können ewig und drei Tage auf den Rückruf der Eltern warten.«
»Oh.«
»Genau. Oh.« Cunningham streckte die Hand aus. »Liste her!«
»Wäre schon ein großer Zufall, wenn Sie genau…ich meine, wahrscheinlich ist sie gar nicht dort und…«
»Finden Sie es heraus«, sagte Cunningham, die Hand immer noch ausgestreckt, beäugte er ihn kritisch. »Liste her! Und Ihre Autoschlüssel, bitte»
Barton verzog das Gesicht.
8
Eine halbe Stunde später parkte Cunningham vor Chloes Schule. Das Schulgelände schien verlassen. Nur ein einsamer Schal hing über dem Zaun und flatterte in der leichten Brise. Cunningham musste unwillkürlich an die zahlreichen Schals, Mützen und Handschuhe denken, die seine Kinder stets in der Schule „verloren“.
Miss Liz Miller, Chloes Klassenlehrerin, erwartete ihn wie am Telefon besprochen am Eingangsbereich. Sie war eine kleine, zierliche Person mit wachen Augen und einer strubbeligen Kurzhaarfrisur.
»Sie hatten Glück, als Sie anriefen wollte ich gerade nach Hause gehen.«
»Die Schule geht bis viertel nach drei?«
Miss Miller nickte. »Ja, aber meistens bleibe ich noch ein, zwei Stunden länger. Papierkram«, sagte sie lächelnd. »Kennen Sie bestimmt selbst gut.«
Cunningham lächelte kurz.
»Was können Sie mir über Chloe sagen?«, Sie gingen den dunklen Schulflur entlang. Cunningham blickte auf die mit Kinderzeichnungen tapezierten Wände und erkannte eine Reihe Hunde und Katzen in bunten Farben. »Sie ist ein seltsam ruhiges Kind. Spricht nur, wenn sie angesprochen wird. Ich hab sie einmal gefragt, ob es Probleme zu Hause gab, aber sie hat es verneint. Ab und zu fehlte sie unentschuldigt. Leider hab ich überhaupt keine Idee wo sie sein könnte.«
»Kennen Sie Ihre Eltern?«
»Ihr Vater war einmal zum Elternsprechtag hier. Er arbeitet wohl viel und ist kaum zu Hause. Ich hatte den Eindruck, dass er Chloe gar nicht richtig kennt.«
»Wie meinen Sie das?«
Sie bogen in einen lichtdurchfluteten Korridor, an denen nun keine Zeichnungen mehr hingen, sondern Collagen und selbst gebastelte Masken.
Vor einer goldenen mit schwarzen Federn um die Augen, blieb er stehen und betrachtete sie genauer.
»Er war überrascht, dass Chloe so still ist. Er konnte mir nicht auf einfachste Fragen antworten, wie zum Beispiel, was für Hobbies sie habe. Ich wollte von ihm wissen, wie ich sie motivieren könnte etwas offener zu werden. Warum sie Schwierigkeiten hat Freundschaften zu schließen. Aber er wusste gar nichts. «
»Ist hier auch etwas
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