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Ein Kind, das niemand vermisst

Ein Kind, das niemand vermisst

Titel: Ein Kind, das niemand vermisst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kody DeVine
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haben.«
    »Das war ich. Ich wollte ihr meine geben, aber ich hatte meine Karte nicht dabei, sondern nur eine von Ihren.«
    »Fahr zu!«, brüllte er, als ein Traktor mitten auf der Straße wendete. Megan warf ihrem Vorgesetzten einen besorgten Blick zu, doch sie vermied es seine Fahrweise zu kritisieren, obwohl sie sich am liebsten am Sitz festgekrallt hätte.
    Nach einer gefühlten Ewigkeit erreichten sie das Haus der Conroys.
    Die Haustür stand sperrangelweit offen.
    »Hallo?«, riefen Cunningham und Haines gleichzeitig, als sie den Flur betraten. Es roch nach Essig und Erbrochenem. Aus dem hinteren Teil des Hauses plärrte ein Radio.
    »Ist jemand hier? Mrs Conroy? Libby? Hier ist DCI Cunningham.«
    Megan zuckte zusammen und stieß ihren Vorgesetzten in die Rippen. »Ist das Blut?«
    Cunningham fluchte stumm. Obwohl nur wenig Tageslicht in den engen Flur fiel, war die Blutlache  am Eingang zur Küche kaum zu übersehen.
    Sie fanden Mrs Conroy hinter der Küchentür. Die Arme weit ausgestreckt, das linke Bein merkwürdig verdreht, lag sie auf dem Fußboden. Am Kopf klaffte eine große Wunde.
    Cunningham kniete sich neben sie und fühlte ihren Puls. »Sie lebt.« Er atmete erleichtert auf und griff nach seinem Handy. »Ich rufe einen Krankenwagen. Sehen Sie nach Libby.«
    Megan nickte, quetschte sich an der Flurkommode vorbei und stieß die halboffene Tür von Libbys Zimmer auf.
    Die Rollos waren herunter gezogen, lediglich die kleine Nachttischlampe neben dem Bett war eingeschaltet. »Was zum Henker-« Sie starrte auf den Teppichboden, der übersät war von Kleidungsstücken, Büchern, Heften und losen Zetteln. Der Schreibtisch war leergefegt, die Schubladen standen offen. Der komplette Kleiderschrank war leer, der Inhalt hatte sich vermutlich auf den Boden ergossen. Hatte Libby hier so gewütet? Hatte sie angenommen ihre Mutter sei tot? Oder hatte ihre Mutter im Alkoholrausch dieses Chaos veranstaltet? War es zum Streit gekommen, in dessen Verlauf Libby ihre Mutter angegriffen hatte?
    Sie vernahm ein Geräusch. Ein Rascheln. »Libby? Du brauchst keine Angst haben. Deine Mutter lebt, mein Kollege ruft gerade einen Krankenwagen.«
    Stille. »Libby, komm raus. Wir können darüber reden. Es ist sicher nicht so schlimm, wie du im Moment denkst.«
    Während sie sprach, ging sie um einen Kleiderhaufen herum, kickte mit der Fußspitze zwei Schulbücher zu Seite und kniete sich unter das Bett. Der Geruch von einem herben Aftershave schlug ihr entgegen. »Libby?«
    Der Schlag traf sie mit solch einer Wucht, dass sie zur Seite fiel und einen Moment lang regungslos liegen blieb. Ihr Kopf fühlte sich an, als würde er explodieren. In ihren Ohren rauschte das Blut und eine Welle der Übelkeit erfasste sie.
    Als sie die Augen öffnete, tanzten weiße Punkte vor ihren Augen. Sie sah ein Paar schwarze Stiefel über sie rüber steigen und wollte schreien, doch ihr Hals war wie zugeschnürt und nur ein Krächzen ertönte.
    Gerade als sie den Kopf zur Seite drehte, spürte sie einen dumpfen Schmerz in der Rippengegend.
    Dieser Mistkerl hatte sie in die Seite getreten.
    Vorsichtig hob sie ihren Kopf und sah gerade noch, wie eine schwarz gekleidete Gestalt in den Flur lief. »Sir! Sir!« Nur mit Mühe konnte Megan sich vom Boden aufrappeln.
    Sich die Seite haltend, schwankte sie Richtung Zimmertür und erbrach sich augenblicklich neben den Kleiderschrank.
    Vom Flur her ertönte  Gepolter.
    Mit dem Jackenärmel wischte sie sich den Mund ab, atmete ein paar Mal tief ein  und torkelte mehr als sie ging in den Flur.
    Cunningham lag neben der Kommode auf den Fliesen, umringt von Scherben und verwelktem Grünzeug. Stöhnend und fluchend erhob er sich.
    »Sind Sie okay?«, fragte er
    Megan nickte.
    »Er ist hinten raus.« Mit zusammengepressten Lippen lief er durchs Wohnzimmer. Die Teerassentür war fast aus den Angeln gehoben. Etwa zehn Meter entfernt, hinter dem kleinen Zaun, der das Grundstück der Conroys einzäunte, sprang ein Mann auf ein Geländemotorrad und fuhr davon. »Mist!« Cunningham versuchte einen Blick auf das Nummernschild zu erhaschen, doch es war zwecklos. Mit zusammen gekniffenen Augen beobachtete er, wie das Geländemotorrad hinter einem Hügel verschwand. Im Hintergrund hörte er, wie Megan nach Verstärkung telefonierte.
    »Wenn er querfeldein in österlicher Richtung fährt, kann er nach Dunby fahren. Fährt er aber hinter der Bexton Farm südlich ab, bleiben als Ziel noch Knoxhem, Flatterton oder sogar die

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