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Ein Kleid von Dior, Freund mit Rolls-Royce, Mrs. Harris fliegt nach Moskau

Ein Kleid von Dior, Freund mit Rolls-Royce, Mrs. Harris fliegt nach Moskau

Titel: Ein Kleid von Dior, Freund mit Rolls-Royce, Mrs. Harris fliegt nach Moskau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Gallico
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dieses junge Mädchen und ihre Vorgesetzten, wer die auch sein mochten, weiterhin der Überzeugung waren, das Blut, das durch Adas Adern rollte, sei so blau wie die vielbesungene Donau.
    Wiederum war es die entzückende junge Person, die ihr, diesmal unbewußt, zu Hilfe kam, und Ada Harris konnte sehr gut nachempfinden, was Mr. Lockwood um sie gelitten hatte, und die alten Träume und Wunschvorstellungen, die beiden wieder zu vereinen, ergriffen für einen Augenblick erneut von ihr Besitz. Liz sah auf die Uhr und sagte: «O Gott, ich vernachlässige meine Pflichten. Wir müssen so schnell wie möglich auf diesen Empfang, aber erst bringe ich Sie ins . Es ist nicht weit von hier. Ich will mich nur noch rasch vergewissern, daß die für Sie reservierte Suite bereitsteht.» Sie griff nach dem Telefonhörer, doch der Apparat verhielt sich keine Spur anders als sonst auch. Nach einer kleinen Weile legte das junge Mädchen ärgerlich auf, stieß irgendeine russische Verwünschung aus und sagte: «Ich versuche es vorne bei der Etagenfrau. Warten Sie bitte, ich bin gleich wieder zurück», und sie eilte davon.
    Kaum hatte sich die Tür hinter ihr geschlossen, als Mrs. Butterfields Lippen sich öffneten. Ada konnte gerade noch auf sie zustürzen und ihr den Mund zuhalten. Sie deutete zur Decke hinauf, auf die Lampe und andere Einrichtungsgegenstände, um ihrer Freundin zu verstehen zu geben, daß sich da zweifellos Wanzen befanden, und zog sie zum Fenster, wo beide sich hinauslehnten. Der nachmittägliche Straßenlärm und das Läuten der großen Kirchenglocken würden Mrs. Butterfields Wortschwall übertönen.
    «Was soll das bloß, Ada? Wer ist diese Lady Putz, und warum scharwenzelt plötzlich alle Welt um dich herum? Du bist keine Lady. Das heißt, natürlich bist du eine, aber was hat das alles damit zu tun, daß ich dich vorn und hinten bedienen soll und sie dich behandeln wie eine Königin? Und wieso hast du dem jungen Mädchen den Brief gegeben, und warum ziehen wir in ein anderes Hotel? In einem Augenblick werden wir auf der Polizei verhört, und im nächsten bist du Lady Putz, die mit ihrer Zofe zu einem Empfang geht. Ich bin so durcheinander, daß ich kaum noch weiß, wer ich bin!»
    Da die Zeit drängte, versuchte Ada, sich kurz und präzise auszudrücken. «Vi, du darfst jetzt nicht den Kopf verlieren. Irgendwo ist ein Wirrwarr entstanden, und nach allem, was ich bis jetzt so beobachtet habe, glaube ich, daß das typisch russisch ist. Du erinnerst dich doch an die Formulare, die wir ausgefüllt haben und wo ich als Beruf schrieb? Weißt du, irgend jemand muß die beiden Worte vertauscht haben und hat Lady Putz daraus gemacht, und nun gehöre ich zum Hochadel mit Foto und allem Drum und Dran. Solange sie mich dafür halten, kann uns nichts passieren. Überlaß ruhig mir das Reden. Du brauchst nur so herumzustehen, und wenn ich dir sage, du sollst mir ein Taschentuch reichen oder meinen Lippenstift, dann bemühe dich nur, das möglichst anmutig zu machen, und vergiß nicht zu mir zu sagen, auch wenn es dir schwerfällt.»
    Sie hörten Schritte auf dem Flur und gingen rasch vom Fenster weg. Liz stürzte herein. «Alles ist vorbereitet», rief sie, «und der stellvertretende Vizekommissar wartet schon auf Sie, um sich bei Ihnen für den Zwischenfall zu entschuldigen.»
    «Vortrefflich», sagte Mrs. Harris. Und zu Mrs. Butterfield gewandt, befahl sie: «Packen Sie meinen Koffer, Violet, aber sputen Sie sich.»
    «Sehr wohl, Mylady», brachte Mrs. Butterfield heraus, doch ihre Miene war so eisig, daß Ada das Gefühl hatte, lange werde ihre Freundin keine Selbstbeherrschung üben können.

    Nach dem nicht gerade erstklassigen Hotel, in dem sie bisher gewohnt hatten, machte das , ein gigantischer Bau aus Glas und Marmor, auf Mrs. Harris und Mrs. Butterfield tiefen Eindruck. Das Gebäude nahm eine Fläche von über dreizehn Hektar ein; es zählte zwölf Stockwerke und prunkte mit drei großen Hallen, dreitausendundzweihundert Zimmern, neun Restaurants, dem größten Ballsaal der Welt und dreiundneunzig Fahrstühlen. Die Wirkung der gewaltigen Marmorsäulen, der Plüschmöbel und — Vorhänge und all der übrigen goldglitzernden Pracht war überwältigend, obwohl es Mrs. Harris’ scharfem Blick nicht entging, daß die Teppiche bereits abgetreten waren und das Mobiliar auffallende Abnutzungserscheinungen zeigte, jedenfalls mehr, als man es in einer so pompösen Nobelherberge

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