Ein Kleid von Dior, Freund mit Rolls-Royce, Mrs. Harris fliegt nach Moskau
erwarten würde. Und natürlich war das erste, was Mrs. Butterfield, nachdem sie ihre Suite betreten hatten, lautstark feststellte: «Es gibt kein Klopapier.»
Doch die beiden Räume waren elegant möbliert, die Aussicht hinreißend, und die meisten Bequemlichkeiten funktionierten wie vorgesehen. Nach wenigen Minuten erschien ein junger Mann in schicker Uniform und entschuldigte sich in wohlgesetzten Worten im Namen der Abteilung für Internationalen Kulturaustausch dafür, daß man die Damen am Flugplatz verfehlt habe. Irgendein Dummkopf habe die Papiere durcheinandergebracht. Selbstverständlich werde keine Mühe gescheut, um die Panne mit der schlechten Unterkunft und so weiter wiedergutzumachen, und was die Verhaftung betreffe, so erhielten sie noch eine schriftliche Entschuldigung.
Er sah auf die Uhr. «Der Empfang beginnt in einer halben Stunde. Wenn ich Sie bitten darf, sich zu beeilen — sonst sind womöglich die Türen schon geschlossen. Der Kongreßpalast ist glücklicherweise nicht weit von hier.»
Ada Harris kannte ihre Freundin gut genug, um zu wissen, daß sie drauf und dran war zu fragen: «Empfang? Was für einen Empfang? Für wen?» Und es gelang ihr gerade noch, Mrs. Butterfield zuvorzukommen. «Legen Sie mein seidenes Nachmittagskleid heraus, Violet, und dazu bitte ein Paar von meinen Lackschuhen. Und ziehen auch Sie Ihr bestes Kleid an. Ich glaube, man gestattet Ihnen, mich zu begleiten.» Die Antwort war ein kaum hörbares «Sehr wohl, Mylady».
Liz, die sich im siebten Himmel befand, hatte bis jetzt an nichts anderes gedacht, als daß Geoffrey sie noch immer liebte und sich glühend nach ihr sehnte. Sie verließ die beiden Freundinnen und sagte, sie würde sie in zwanzig Minuten abholen. Sie war kaum draußen, als Violet loslegte: «Also, Mylady...» wobei sie das Wort Mylady etwas zu stark betonte. Ada konnte sie gerade noch bremsen; sie legte den Finger auf die Lippen und deutete an die Decke, auf die Bilder an der Wand, das Telefon, die verschiedenen Lampen, die Klingelknöpfe für die Bedienung und so weiter. Mrs. Butterfield begriff schnell, denn wenn sie jetzt auch in einem Luxushotel untergebracht waren, so schloß das nicht von vornherein aus, daß das Zimmer nicht mit einer — wahrscheinlich sogar noch größeren — Anzahl von ausgeklügelten technischen Raffinessen bestückt war, um die Gäste unter Kontrolle zu haben, und so sagte sie hastig: «Ich helfe Ihnen rasch beim Umziehen, Mylady, das geht im Handumdrehen.»
Alle Wetter! dachte Ada, für ein Land, das sich angeblich keinen übertriebenen Aufwand leistet und in dem niemand über Reichtümer verfügt, scheinen einige von diesen Russen nicht gerade schlecht zu leben. Himmel, sieh dir das bloß an.
Sie waren in die große Halle des Kongreßpalastes geleitet worden, die von gewaltigen Kistallüstern erhellt wurde. Der Anblick war überwältigend: goldene Stühle, seidene Vorhänge, eine riesig lange Tafel, auf der Schüsseln voll mit Kaviar standen, Platten mit ganzen geräucherten Stören, kaltem Braten und Geflügel aller Art sowie die verschiedensten Getränke; gedämpfte Unterhaltungsmusik, gespielt von einem unsichtbaren Orchester, flutete durch den weiten Raum, in dem es von Uniformen wimmelte, an denen Sterne und Streifen und ganze Reihen von Orden schimmerten; die Roben der Damen rauschten und knisterten und stammten ganz offensichtlich nicht aus dem Kaufhaus GUM. Der Kleidung der Umherpromenierenden nach zu schließen schien das ganze diplomatische Korps anwesend zu sein. Lebhaftes Stimmengewirr, viel Gelächter und Gläserklingen. In der Mitte der Halle schien eine Art Defilee stattzufinden. Im Buckingham-Palast kann es nicht imponierender sein, dachte Ada. Liz, die am Eingang die Einladungskarten und die dazugehörigen Beglaubigungsschreiben vorgezeigt hatte, flüsterte den beiden zu: «Sie werden zuerst dort drüben Ihre Aufwartung machen wollen. Nachher können wir uns dann am kalten Büfett ein wenig stärken.»
Sie wollten sich gerade in Bewegung setzen, als Mrs. Harris merkte, daß jemand sie am Arm festhielt und eine ihr bekannte Stimme sagte: «Hallo, meine Beste, was machen Sie hier? Ach so, ich vergaß, wir sind ja in einem kommunistischen Land, wo das Dienstleistungsgewerbe gesellschaftlich obenan steht.»
Es war Mr. Rubin, der sie an ihrem ersten Abend in Moskau zu einem Drink eingeladen hatte. Er hielt ein halbvolles Glas in der Hand und war sichtlich beschwipst. Ada erschrak heftig und sah ihr
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