Ein kleiner Ritter um halb vier
sich gemütlich gemacht, baumelte mit den Beinen und streichelte Rosalinde. Ab und an warf er einen besorgten Blick auf den Fernseher, in dem sich zweiMänner mit Anzug und Krawatte ziemlich heftig beschimpften.
» Schatz, mach Platz «, dichtete Papa gerade. »So in der Art?«
Unglaublich! Kasimir unterrichtete Papa! Er hielt sich an die Abmachung! Endlich!
»Ei nun«, sagte Kasimir mit wichtiger Miene. »Besser wäre es, Ihr würdet etwas über ihre Schönheit dichten. Welche Haarfarbe hat die Herzogin?«
»Äh …« Papa zögerte. »Vera? Blond natürlich.«
»Wie wäre es dann damit«, sagte Kasimir und stimmte ein Lied an.
»Vera!
Dein gelbes Haar!
Es fehlt mir ach so furchterbar!
Genauso auch dein roter Mund!
Spricht er zur mir, bin ich gesund!«
»Meinst du wirklich, Otto?!«, fragte Papa zögerlich. »Dein gelbes Haar?«
Otto!
Theo grinste.
Kasimir hatte sich wirklich unter falschem Namen vorgestellt!
Otto-Kasimir duckte sich, weil im Fernseher gerade ein Auto explodierte. Theo sah, dass der Ritter ein paar kleine Krümel Richtung Bildschirm schleuderte. Estragon. Drachenkraut.
»Doch, doch«, sagte Kasimir, »besser geht es kaum! Das müsst Ihr allerdings laut singen, und zwar vor dem Fenster der Herzogin! Dichten und Singen, das ist das Geheimnis!«
»Ich habe leider keine Ahnung, aus welchem Fenster sie gerade schaut«, sagte Papa, nahm einen tiefen Schluck aus einer dritten Weinflasche und machte ein trauriges Gesicht. Leise murmelte er:
»Die Frau, sie ist ein holdes Übel!
Ein süßes, aber schweres Joch!
Sie kommt mir vor wie eine Zwiebel!
Man weint dabei – und frisst sie doch!«
»Nicht schlecht!« Kasimir schnalzte anerkennend, während er seine Taschenuhr aus der Rüstung kramte. »Selbst gedichtet?«
»Nein«, sagte Papa kleinlaut, »das hab ich von einem Balenderklatt … äh, Kalenderblatt. Prost, Otto! Du meinst also, ich muss wirklich dichten?«
»Anders geht es nicht«, sagte Kasimir streng undklappte seine Uhr auf. »Oh Schreck, schon halb vier! – Wenn Ihr nicht über Ihre Schönheit dichten wollt, dann gebt ihr doch ein Versprechen! Was kann sie denn an Euch überhaupt nicht leiden?«
»Äh … an mir? Keine Ahnung, nicht die allergeringste Ahnung, was man an mir überhaupt nicht leiden kann«, lallte Papa und nahm noch einen Schluck Wein. Er war doch nicht betrunken? »Höchstens hein Mandy.«
»Wer ist Hein Mandy?«, fragte Kasimir interessiert. Im Fernsehen ritt gerade ein Pferd vorbei.
»Äh … mein Handy«, verbesserte sich Papa und deutete darauf. »Ja! Das kann sie nicht leiden! Dass ich immer telefoniere, wenn sie mit mir redet! Das mag sie nicht! Überhaupt nicht!«
»Wäre eine Möglichkeit.« Kasimir stupste vorsichtig das Handy an. »Meine Herzeloide verabscheut es, wenn ich kämpfe, während sie mit mir redet! Es scheppert ihr zu laut!«
»Scheppert ihr zu laut«, flüsterte Papa. »Ja, das kann sein. Dass es ihr zu laut scheppert.«
Er hielt inne. »Du meinst, so ist es mit Frauen? Du meinst, ich sollte nicht mehr telefonieren, wenn sie mit mir spricht?«
Er sollte auch besser nicht mehr telefonieren, wenn er mit Kindern spricht, dachte Theo.
Kasimir nickte. »Fasst das in ein Gedicht! Ich verzichte beispielsweise auf Schwert und Lanze und auch Helm, wenn ich küsse! Ach, Herzeloide! Wenn ich bis morgen den Schatz nicht finde, bin ich verloren!«
»Morgen findest du ihn sicher«, murmelte Papa. »Da kommt ja eine ganze Horde Helfer! Extra für die Schatzsuche!«
»Ah ja?« Kasimir horchte auf. »Das ist allgemein bekannt? Dass der Schatztrupp für mich kommt?«
»Na ja.« Papa räkelte sich auf dem Sofa und betrachtete sein Handy. »Mehr so für Theo.«
Theo hielt den Atem an. Aber Kasimir schien sich keine Gedanken zu machen, denn er murmelte vor sich hin: »So ist es recht! Abmachung gegen Abmachung!«
»Otto! Otto! Ich hab’s!« Papa richtete sich plötzlich auf. Theo machte erschrocken einen Schritt zurück.
»Wenn ich auch nicht weiß«, fuhr Papa fort, »aus welchem Fenster sie gerade schaut, kann ich ihr trotzdem das Gedicht vorsingen!«
Er murmelte prüfend ein paar Sätze und zückte sein Handy.
Kasimir nickte ihm aufmunternd zu. »Nur Mut! Frisch auf!«
Theo musste sich zwingen, ruhig zu bleiben. Endlich begriff Papa, was er zu tun hatte! Dumm nur, dass er betrunken war!
»So könnte es gehen«, summte Papa schließlich, tippte auf dem Handy herum, lauschte hinein und holte tief Luft. »Viebe Lera! Äh – liebe Vera!
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