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Ein kleines Stück vom Himmel nur

Ein kleines Stück vom Himmel nur

Titel: Ein kleines Stück vom Himmel nur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amelia Carr
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begleitet von einer Abordnung der Marines, die mit finsterem Blick neben dem Sarg einherschritten und unglaublich jung aussahen – wie kleine Jungen, aus deren Soldatenspiel plötzlich tragischer Ernst geworden war. Sie hatte den Jungen nicht besonders gut gekannt – Alan Swain hieß er. Er hatte mit seiner Mutter in einer Hütte im Armeleuteviertel der Stadt gelebt; sein Vater fuhr einen Truck, wenn er nicht gerade im Gefängnis saß. Ellens und seine Kreise hatten sich also nicht wirklich überschnitten. Aber sie konnte ihn immer noch ganz deutlich vor sich sehen: dunkelhäutig, mit markanten Gesichtzügen, das pechschwarze Haar, das er länger trug als die meisten anderen Jungen, zu einem Entensterz zurückgekämmt. Seine Hosen saßen eng an den langen, muskulösen Beinen, »so eng, dass es schon unanständig ist«, wie Nancy einmal gesagt hatte. Er sei in einem »Leichensack« heimgekehrt, hatte Joe erzählt, ein Ausdruck, bei dem Nancy erschauderte. Sie hatte den weißen Sarg betrachtet – eingehüllt in das Sternenbanner, darauf seine Uniformmütze – und hatte sich grauenvoll gefühlt. Es war einfach furchtbar, sich vorzustellen, dass er jetzt tot war und nie wieder mit seinen Freunden herumalbern, auf der Gitarre klimpern oder Fußball spielen würde. Und er war bei weitem nicht der Einzige. Beinahe jeder kannte irgendjemanden, der nach Vietnam gegangen war und, um es mit Joes schrecklichen Worten zu sagen, in einem Leichensack heimgekehrt war.
    Ellen hatte furchtbare Angst, dass John ebenfalls bald nach Vietnam gehen müsse. Seine Einberufung war ausgesetzt worden, während er das College besuchte, doch ihr war klar, dass man ihn einziehen würde, sobald er den Abschluss gemacht hatte. Wie es seine Art war, würde John sich selbstverständlich nicht drücken, indem er sein Studium verlängerte oder seinen Einberufungsbescheid auf einer Protestveranstaltung verbrannte, wie es manche taten. Er würde es als eine Frage der Ehre betrachten, ebenfalls seinen Teil dazu beizutragen.
    Und so war es dann auch gekommen. John hatte seinen Abschluss auf dem College im selben Jahr gemacht, in dem sie ihr Studium dort anfing, und war zur United States Air Force gegangen. Da er schon ein ausgebildeter Pilot war, dauerte es nicht lange, bis er Phantomjäger flog, und von da an war es nur noch eine Frage der Zeit, bis man ihn nach Vietnam schickte.
    An dem Tag, an dem John amerikanischen Boden verließ, war die Stimmung im Haus äußerst angespannt. Joe war nie jemand gewesen, der seine innersten Gefühle zur Schau stellte, doch die düstere Wolke, die auf ihm lastete, konnte man kaum übersehen. Nancy war missmutig und gereizt, sah dabei aber aus, als könne sie jeden Augenblick in für sie völlig untypische Tränen ausbrechen, sollte irgendjemand auch nur ein falsches Wort sagen. Sogar Ritchie wirkte bedrückt. Ellen war verzweifelt. Sie versuchte krampfhaft, die schrecklichen Bilder aus Vietnam zu verdrängen, die sie jeden Tag in der Zeitung und im Fernsehen sah, aber der lähmenden Furcht, die ihren ganzen Körper befallen hatte, konnte sie nicht entgehen.
    Das Abendessen war eine deprimierende Angelegenheit; alle waren sich allzu schmerzlich des leeren Platzes am Tisch bewusst, an dem John in den Urlaubstagen vor seinem Einsatz gesessen hatte. Sie wollten nicht von ihm reden, konnten aber auch nicht aufhören, an ihn zu denken, und nichts anderes war wichtig genug, um sich damit zu beschäftigen.
    Während sie beim Abräumen des Geschirrs half, stellte Ellen einen Teller etwas zu dicht an die Kante der Küchenablage. Nancy donnerte eine Pfanne daneben, und dabei fiel der Teller herunter, zerbrach in etliche Stücke, und Maiskörner und Sauce verteilten sich auf dem Küchenboden. Nancy war sofort auf hundertachtzig.
    Â»Oh, nein! Einer von meinen besten Tellern! Jetzt schau dir mal die Sauerei an! Warum hast du ihn auch dahin gestellt, Ellen? Du hättest ihn doch in der Spüle stapeln sollen. Das darf doch nicht wahr sein!«
    Â»Es ist doch bloß ein Teller, Schatz«, sagte Joe beschwichtigend.
    Â»Es ist nicht bloß ein Teller! Ich habe nur sechs von diesem Service! Jetzt kann ich nicht mehr sechs passende decken!«, fuhr Nancy ihn an.
    Â»Wir sind doch bloß zu fünft«, wandte Joe ein.
    Â»Und wenn einer von den Kindern einen Freund

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