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Ein kleines Stück vom Himmel nur

Ein kleines Stück vom Himmel nur

Titel: Ein kleines Stück vom Himmel nur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amelia Carr
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mitbringt?«
    Â»Schatz, niemandem wird auffallen, wenn ein Teller ein bisschen anders ist.«
    Â»Mir wird es aber auffallen! Warum kannst du nicht umsichtiger sein und besser aufpassen, Ellen?«
    Â»Ich habe ihn doch nicht kaputtgemacht!«, protestierte Ellen.
    Â»Gib mir bloß nicht so pampige Widerworte!«, schimpfte Nancy.
    Ellen, die aus Sorge um John sowieso schon am Rande ihrer Nerven war, traten Tränen in die Augen.
    Â»Lass mich doch einfach in Ruhe!«, schluchzte sie, empört über die ungerechten Anschuldigungen, und rannte nach draußen, in den Garten.
    Die Abendluft kühlte ihr die heißen Wangen, aber das Brennen in ihren Augen konnte sie auch nicht lindern. Ellen ließ sich in die Verandaschaukel fallen, kauerte sich zusammen und ließ den Tränen freien Lauf.
    Â»Ellen, Schätzchen?« Sie hatte gar nicht gemerkt, dass Joe ihr nach draußen gefolgt war, doch nun bewegte sich die Schaukel, als er sich neben sie setzte. »Wein doch nicht! Deine Mutter hat es nicht so gemeint. Sie ist bloß so durcheinander. Uns allen geht die Sache doch an die Nieren.«
    Â»Sie braucht es aber nicht an mir auszulassen«, schluchzte Ellen. »Es war schließlich nicht meine Schuld.«
    Â»Das weiß ich – und du auch. Und deine Mutter weiß das ganz genauso. Sie steht heute bloß etwas neben sich. Sie macht sich solche Sorgen um John.«
    Â»Ach, Daddy!« Beim Gedanken an ihren geliebten Bruder musste Ellen wieder heftiger weinen. »Ich habe solche Angst um ihn. Wenn ihm nun etwas passiert? Wenn das nun ein schlechtes Omen war?«
    Â»Wie meinst du das, Schätzchen?«, fragte Joe verwundert.
    Â»Ach …« Ellen brachte es kaum über sich, den abergläubischen Gedanken auszusprechen, der sie quälte. »Mom hat doch gern einen Teller zu viel, und du hast gesagt: ›Wir sind doch bloß zu fünft.‹ Aber stell dir doch mal vor, es könnte bedeuten, dass wir mit fünf Tellern immer noch einen für Besuch übrig haben! Dass wir nicht mehr fünf sein werden, sondern nur noch vier.«
    Â»Ach, das ist doch Unsinn, und das weißt du auch.« Joe legte den Arm um sie, und sie vergrub den Kopf an seiner Schulter, wie sie es schon als kleines Mädchen immer getan hatte, wenn sie traurig war. Mit dem Unterschied, dass es ihr früher immer so vorgekommen war, als könne Daddy alles richten, während er jetzt, in dieser Situation, genauso ohnmächtig war wie sie. Johns Leben zu schützen stand außerhalb seiner Macht.
    Â»Ich könnte es nicht ertragen, wenn John irgendwas passiert«, schluchzte sie. »Das könnte ich nicht.«
    Â»Ihm wird nichts passieren! Glaub mir.«
    Â»Wie kannst du dir da so sicher sein?«
    Joe antwortete nicht, sondern zog bloß ein Taschentuch hervor und gab es ihr. »Hier, Schätzchen, wisch dir mal die Augen trocken. Alles wird wieder gut, glaub mir.«
    Ellen nahm das Taschentuch und schniefte. Es roch tröstlich nach Daddy, nach der Seife, die er immer benutzte, und dem Benzin aus seinem Feuerzeug. Sie putzte sich die Nase.
    Â»Besser?«, fragte Joe sanft.
    Â»Hm.« Es ging ihr eigentlich nicht besser, aber seine ruhige Stärke tröstete sie etwas.
    Â»So gefällst du mir schon besser. Kommst du wieder mit rein? Es macht deine Mutter nur noch trauriger, wenn sie weiß, dass du dich aufregst.«
    Wie kann er bloß so gefasst sein?, fragte Ellen sich. Selbst wenn man seine pragmatische Natur bedachte – wie kam es, dass er nicht ebenfalls völlig verzweifelte? Oder konnte er seine Gefühle bloß besser verbergen als die anderen?
    Und da kam es ihr wieder zu Bewusstsein: John war nicht sein Kind. Nicht wirklich. Machte das vielleicht einen Unterschied?
    In diesem Augenblick der Nähe und Vertrautheit, den sie miteinander teilten, hätte sie am liebsten mit ihm darüber gesprochen. Daddy, ich weiß Bescheid  – der Satz lag ihr auf den Lippen. Sie blickte ihm ins Gesicht, das Gesicht, das sie so sehr liebte und das inzwischen ein wenig faltig war, vom Lauf der Zeit ebenso wie von den Sorgen und Nöten, die er so gut zu verbergen wusste. Sie blickte in seine lieben, ehrlichen blauen Augen, und aller Mut verließ sie wieder.
    John mochte vielleicht nicht sein Sohn sein, aber es machte keinen Unterschied. Genau wie es für sie keinen Unterschied machte. Er hatte John gemeinsam mit ihr und Ritchie

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