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Ein kleines Stück vom Himmel nur

Ein kleines Stück vom Himmel nur

Titel: Ein kleines Stück vom Himmel nur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amelia Carr
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Grund für diese Tragödie war, aber sie hatten keinerlei Schuldzuweisungen ausgesprochen. Vielleicht war das sogar eine noch schlimmere Strafe für Ritchie, als wenn sie ihm vorgeworfen hätten, dass er ordentlicher hätte arbeiten müssen. Dass Mom und Daddy, obwohl sie zutiefst erschüttert waren, ihm keinerlei Schuld gaben.
    Aber Ellen gab ihm die Schuld, auch wenn sie nichts sagte. Ritchie hatte Johns Tod verursacht – so oder so. Und sie ebenfalls. Sie hätte Ritchie nie die Wahrheit über John erzählen dürfen. Und Nancy traf ebenfalls Schuld. Wenn sie John nicht so begünstigt hätte, hätte Ritchie nie diesen furchtbaren Minderwertigkeitskomplex entwickelt. Er wäre nicht so von Zorn und Hass erfüllt gewesen, dass er an jenem Tag das Flugzeug nicht ordentlich überprüfte.
    Und noch ein Gedanke tauchte auf, den sie sich kaum zu denken gestattete, aber trotzdem nicht verdrängen konnte. Wenn es nun gar kein Unfall gewesen war? Ritchies Worte, sein deutlich spürbarer Hass auf seinen Bruder am Abend vor Johns Tod quälten sie auf einer unterbewussten Ebene und gingen ihr nicht mehr aus dem Kopf. Sosehr sie den schrecklichen Verdacht auch zu verdrängen versuchte – er blieb. Hatte Ritchie etwas am Flugzeug manipuliert, das dann zum Absturz geführt hatte? Der Gedanke war zu schrecklich, um ihn ernstlich in Betracht zu ziehen, und dennoch wurde sie den Verdacht nicht los; er hing über ihr wie ein dunkler Schatten.
    Sie konnte und wollte das Ritchie einfach nicht zutrauen. Aber gleichzeitig glaubte sie auch nicht, dass sie ihm je vergeben könne.
    Bob war ihre Rettung. Ohne ihn hätte sie den Verstand verloren, vermutete sie. Sie wäre verrückt geworden aus Kummer und Schuldgefühlen über ihre eigene Rolle in dieser Tragödie. Verrückt, weil sie den furchtbaren Schmerz von Nancy und Joe mit ansehen musste. Und verrückt darüber, dass sie ihnen allen die Schuld an Johns unnötigem, viel zu frühem Tod gab. Sie hätte diese Gefühle nicht hegen dürfen, das war ihr klar, aber sie konnte sich nicht dagegen wehren.
    Als Bob sie noch einmal fragte, ob sie mit ihm nach England gehen wolle, stimmte Ellen sofort zu. Sie konnte den Gedanken nicht ertragen, hier ohne ihn zurückzubleiben, ja überhaupt noch länger hierzubleiben, wo sie den Erinnerungen an das, was passiert war, nicht aus dem Wege gehen konnte.
    Ellen und Bob heirateten im Herbst, und als sie aus Florida nach England aufbrachen, hoffte Ellen, auch etwas von ihrem Schmerz und ihrer Bitterkeit zurücklassen zu können. Das gelang ihr natürlich nicht. Der zeitliche und räumliche Abstand zementierte bloß ihre Verbitterung darüber, wie ihre Familie und deren unausgesprochene Geheimnisse zu Johns Tod beigetragen hatten. Und ihre Schuldgefühle über ihren eigenen Anteil an Johns Tod fraßen sich tief in sie hinein, obwohl sie aus Gründen des Selbstschutzes dazu überging, diese nur verzerrt wahrzunehmen.
    Besser, sie ließ die Vergangenheit Vergangenheit sein. Besser, sie sagte sich ganz los und fing ein neues Leben an.
    Und genau das hatte Ellen getan.

Fünfter
T eil
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    Gegenwart

Sarah
    Leute, die in Gloucestershire geboren und aufgewachsen sind, sagen oft über ihre Heimat: »Gott muss aus Gloucestershire sein.«
    Ich habe zwar den gleichen Satz mal von einem Mann aus Scarborough über die Grafschaft Yorkshire gehört; doch darüber kann ich mir keinerlei Meinung erlauben. Ich war erst einmal in Yorkshire, und da hat es die ganze Zeit über geschüttet. Doch als ich die steile, gewundene Straße vom Frocester Hill hinunterfahre, muss ich den Atem anhalten, so schön ist das Landschaftspanorama, das sich unterhalb ausbreitet, und für Gloucestershire scheint mir der Satz durchaus passend zu sein. Man muss nicht religiös sein, um Gottes Hand in den baumbestandenen, sanften Hügeln zu sehen, die so durch und durch englisch sind und sich bis hinab in die Talebene erstrecken, wo sich der Fluss Severn in Richtung des Bristol Channel windet. Grün in allen Schattierungen, von Smaragdfarben über Moosgrün, glitzerndes Saphirblau und poliertes Silber so weit das Auge reicht: Das ländliche Gloucestershire ist ein Stück Himmel auf Erden, eine zeitlose Idylle. Es ist Balsam für die Seele, und den kann ich im Moment gut gebrauchen.
    Ich bin auf dem Weg in ein Dorf namens Monkshaven –

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