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Ein kleines Stück vom Himmel nur

Ein kleines Stück vom Himmel nur

Titel: Ein kleines Stück vom Himmel nur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amelia Carr
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Brust war ihm so schwer gewesen, als wäre sie mit Zement gefüllt, so trostlos war die Aussicht, den Rest seines Lebens ohne sie verbringen zu müssen. Doch sie hatte ihn nicht abgewiesen. Sie hatte ihm ein »Vielleicht« bewilligt und ihm damit neue Hoffnung gegeben.
    Doch beinahe von diesem Moment an hatte er gespürt, dass sie ihm immer weiter entglitt. Er hatte versucht, sich einzureden, dass er sich täuschte. Nur der verdammte Krieg und die Trennung seien schuld. Doch als sie heute in die Einsatzzentrale gekommen war und ihn dort stehen sah, hatte ihr Gesichtsausdruck ihm ohne ein einziges Wort gezeigt, was er schon seit Monaten wusste, aber nicht wahrhaben wollte. Sie hatte sich nicht gefreut, ihn zu sehen, genauso wenig, wie sie sich über seinen Besuch im Krankenhaus nach dem Flugzeugabsturz gefreut hatte. Sie war überrascht gewesen, schockiert, vielleicht sogar bestürzt. Und schuldbewusst. Die Schuldgefühle hatten ihr ganz deutlich im Gesicht gestanden, und nicht bloß, weil sie nicht so für ihn empfand, wie er es gern gehabt hätte. Sie hatte ihn betrogen. Das war so sicher wie das Amen in der Kirche. Es gab jemand anderen.
    Er hatte es, um ehrlich zu sein, auch aus dem geschlossen, was der Einsatzleiter – Whitey, wie er genannt wurde – bei seiner Ankunft gesagt hatte. Na ja, weniger aus dem, was er gesagt hatte, sondern eher aus dem, was er nicht ausgesprochen hatte.
    Â»Genau was sie jetzt braucht, alter Junge.« Und: »Viel Glück!«
    Es gab keinerlei Zweifel mehr. Aber auch keinen Raum für Hoffnung. Nancy hatte es nie fertiggebracht, ihm einen Abschiedsbrief zu schreiben. Nun würde sie ihm von Angesicht zu Angesicht den Laufpass geben.
    Â»Es gibt einen anderen, oder?«, fragte er.
    Â»Du weißt es schon?« Nancy blickte ihn entsetzt an. »Wer hat es dir erzählt?«
    Joe lächelte zerknirscht. »Niemand. Das war auch gar nicht nötig. Ich bin schließlich kein Volltrottel – auch wenn ich manchmal vielleicht so wirke.«
    Â»Ach, Joe … Es tut mir so leid …«
    Â»Wer ist es denn?« Seine Stimme klang neutral und emotionslos.
    Â»Ein britischer Pilot, ein Staffelführer. Joe, es ist nicht so, wie du denkst …«
    Â»Nein?«
    Â»Nein, Joe. Ich mag dich gern, wirklich sehr gern. Ich wollte nicht, dass das passiert. Es hätte auch nie geschehen dürfen, aber …«
    Â»Aber es ist trotzdem passiert.«
    Â»Ja.« Sie schwieg. Er sah, wie ihr Tränen in die Augen traten. Sie biss sich auf die Lippen, schloss die Augen, und trotzdem liefen ihr die Tränen unter den Lidern hervor die Wangen herunter.
    Â»Liebling, wein doch nicht!« Ihm war selbst zum Heulen zumute, aber das würde er natürlich nicht tun. Nicht hier. Nicht jetzt. »Es ist schon in Ordnung.«
    Nancy schüttelte wortlos den Kopf, presste die Hand vor Nase und Mund und schluckte.
    Â»Es ist nicht in Ordnung. Gar nichts ist in Ordnung.«
    Â»Du hast eben jemand anderen kennengelernt. Ende vom Lied.«
    Â»Nein. Nicht das Ende vom Lied. Ach, Joe …« Sie schluchzte auf und brach dann erst richtig in Tränen aus.
    Â»Nancy, verflucht noch mal …« Er schenkte Bourbon in ihr Glas und schob es ihr über den Tisch zu. »Komm, trink das. Wir sind schließlich beide erwachsen.«
    Sie nahm das Glas und trank es in einem Zug leer. Das schien jedoch auch nicht zu helfen. Joe fühlte sich vollkommen hilflos. Mit den meisten Dingen wurde er gut fertig, aber er konnte es nicht ertragen, Nancy weinen zu sehen.
    Â»Komm, Schatz, es ist doch wirklich nicht so schlimm!« Er hockte sich neben sie und legte ihr frustriert und ein wenig ärgerlich den Arm um die Schultern. Eigentlich sollte doch sie eher ihn trösten und nicht umgekehrt.
    Â»Ach, Joe.« Sie vergrub den Kopf an seiner Brust wie ein kleines Kind. Ihr seidigweiches Haar berührte seine Wange. Es roch nach der Seife, die sie klein geschnitten und mit Wasser zu einer Art Shampoo vermischt hatte, und nach einem Hauch Flugbenzin. Er konnte es fast nicht ertragen, sie so dicht bei sich zu haben und gleichzeitig zu wissen, dass er sie verloren hatte. Er riss sich zusammen, streichelte über ihren Rücken und hielt sie fest, bis sie sich ausgeweint hatte. Sie setzte sich zurück und rieb sich mit dem Taschentuch, das er ihr gegeben hatte, über die geschwollenen roten Augen, schluckte und

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