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Ein kleines Stück vom Himmel nur

Ein kleines Stück vom Himmel nur

Titel: Ein kleines Stück vom Himmel nur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amelia Carr
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besser, sich seinen Tod vorzustellen. Wenigstens wäre ihm auf diese Weise ein langes Leiden erspart und seine Menschenwürde gewahrt geblieben.
    Meistens bemühte sie sich jedoch, gar nicht an Mac zu denken. Dieser Weg führte bloß in die Verzweiflung. Ihre Tage waren gefüllt damit, sich um John zu kümmern und Dorothy bei der Hausarbeit zu helfen, was von Tag zu Tag anstrengender wurde. Dorothy ging es nicht gut; sie schien alles furchtbar mühsam zu finden, obwohl sie nach wie vor Anweisungen aus den Tiefen ihres Lehnstuhls erteilte und anscheinend noch genügend Energie besaß, um zu kritisieren und zu dozieren – ja eher noch mehr als früher, da ihre Energie inzwischen nur noch wenig andere Betätigung hatte. Obwohl Dorothy ebenfalls ganz vernarrt in John war, fragte Nancy sich, ob ein Baby in ihrem Haus nicht zu anstrengend für sie war. Aber von dem Vorschlag, dass sie und Joe sich nach einem eigenen Haus umschauen könnten, wollte Dorothy nichts wissen.
    Â»Joe würde das nicht wollen. Hier ist schließlich sein Zuhause. Und es liegt doch wohl kein Sinn darin, wenn ich hier ganz für mich allein herumbrassele und ihr das gleiche irgendwo anders macht. Nein, das ist doch albern, das kommt gar nicht in Frage!«
    Nancy seufzte und ergab sich in ihr Schicksal. Wenigstens flog Joe jetzt keine Einsätze mehr. Inzwischen bildete er Nachwuchspiloten in MacDill, Tampa, aus, was er zweifellos sehr gut konnte. Seine Erfahrung, gepaart mit seiner Geduld, machte ihn zu einem idealen Fluglehrer. Und seine neue Aufgabe hatte zur Folge, dass er öfter heimfahren konnte. Das Leben nahm allmählich einen geregelten Gang an, und obwohl von Zeit zu Zeit wieder ihre alte Unruhe aufflackerte, war Nancy im Großen und Ganzen zufrieden.
    Anfang Mai 1945. Auf allen Radiokanälen verbreitete sich die Nachricht, dass Deutschland kapituliert hatte. Der Krieg war vorüber, wenigstens in Europa.
    Nancy war in der Waschküche und kämpfte sich durch einen Stapel Bügelwäsche, als sie die Nachricht hörte als Unterbrechung in der Musiksendung, die sie angeschaltet hatte, um sich die Zeit zu vertreiben. John war damit beschäftigt, einen Sack voller Schätze zu untersuchen, den sie für ihn vorbereitet hatte – eine Sammlung verschiedener Küchenutensilien, die sie in einen Wäschebeutel gestopft hatte. Aufgeregt nahm sie ihren Sohn vom Boden hoch und lief ins Wohnzimmer, um Dorothy die freudige Nachricht mitzuteilen.
    Â»Stellen Sie sich mal vor …« Schockiert blieb sie in der Tür stehen. Dorothy saß nicht mehr im Lehnstuhl, wo sie zuvor gesessen und in einem ihrer geliebten Schnulzenromane gelesen hatte. Sie lag mit ausgebreiteten Armen und dem Gesicht nach unten auf dem Fußboden wie ein gestrandeter Wal.
    Â»Oh, mein Gott!« Nancy wurde ganz kalt vor Schreck. Sie setzte John in den Laufstall, der in einer Ecke des Zimmers stand. Er heulte protestierend auf, denn er war es nicht gewöhnt, hinter einem hölzernen Gitter gefangen zu sein, selbst wenn die Gitterstäbe mit Holzperlen verziert waren, die ihn unterhalten sollten. Doch diesmal ignorierte Nancy ihn. »Mrs. Costello. Mrs. Costello? Alles in Ordnung?«
    Eine dumme Frage, denn ganz offensichtlich war Dorothy nicht in Ordnung. Nancy nahm sie bei der Schulter und wollte sie emporhieven, doch Dorothys massiger Körper war entschieden zu schwer für sie.
    Â»Oh Gott«, sagte Nancy wieder. In diesem Moment war sie überzeugt davon, dass Dorothy tot war. Doch dann vernahm sie ein angestrengtes, kratzendes Atmen, und Dorothy stöhnte auf. Nancy riss ein Kissen vom Sofa, schob es unter Dorothys Kopf und kniete sich neben sie.
    Â»Können Sie mich verstehen, Mrs. Costello? Was ist? Was ist denn los?«
    Â»Schmerzen … in der Brust … Oh, Nancy, Nancy …«
    Ein Herzinfarkt. Dorothy hatte einen Herzinfarkt. »Halten Sie durch, ich rufe Hilfe.« Nancy lief zum Telefon und wählte. Das eigene Herz klopfte ihr bis zum Hals, ihr Mund war trocken. John brüllte nun laut, empört und verängstigt. Sein Geschrei übertönte fast ihre eigene Stimme, als die Vermittlung antwortete und sie rief: »Krankenwagen, bitte! Ich brauche sofort einen Krankenwagen. Oh bitte, machen Sie schnell!«
    Sie kamen glücklicherweise sehr schnell. Nancy, mit John auf dem Arm, begleitete Dorothy im Rettungswagen zum Krankenhaus, wo

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