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Ein kleines Stück vom Himmel nur

Ein kleines Stück vom Himmel nur

Titel: Ein kleines Stück vom Himmel nur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amelia Carr
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uns kümmern um euch, bis wir finden eine Möglischkeit, wie ihr wieder könnt nach ’ause zurückkehren.« Mac bewunderte ihre Courage, aber ihr tollkühner Wagemut bereitete ihm Sorge.
    Auch Dais Zustand bereitete ihm zunehmend Sorge. Ein Arzt namens René Sambussi war aus dem Dorf zu ihnen in die Scheune geschmuggelt worden, doch wie Mac schon befürchtet hatte, konnte er nur wenig für ihn tun, außer ihm die Wunde zu verbinden und Schmerzmittel zu verabreichen. Macs Französisch war nicht gerade fließend, aber immerhin konnte er sich aus dem Geschnatter des Arztes zusammenreimen, dass das Bein möglicherweise amputiert werden müsse. Anne-Louise bestätigte das.
    Â»Er ’at Angst, dass die Bein schlimmer wird«, sagte sie. »Wenn sie wird schlimmer …«
    Â»Wundbrand«, sagte Mac ernst.
    Sie standen auf dem Hof vor der Scheune; die warme Septembersonne hatte den Boden unter ihren Füßen zu einer rissigen Lehmdecke gebrannt, aber Mac erschien es dort wie der Himmel auf Erden, verglichen mit der stickigen Luft in der Scheune, wo jeder Atemzug nur abgestandene Luft brachte und der Strohstaub ihm Augen, Nase und Kehle reizte.
    Â»Papa glaubt, die Deutschen, sie ’aben jetzt aufgegeben, nach Sie zu suchen«, sagte Anne-Louise. »Heute, wenn es ist dunkel, wir können Sie ’olen ins ’aus. Aber wir müssen immer noch sein vorsichtig. Die Deutschen, sie suchen immer. Suchen, suchen … immerzu.« Ihr Tonfall war verbittert, ihr kleines rundes Gesicht zeigte deutlich, wie sehr sie den Feind hasste.
    Mac blickte in die Sonne und presste die Kiefer aufeinander. Es gefiel ihm ganz und gar nicht, diese braven Menschen in Gefahr zu bringen, indem er hierblieb. Er konnte sich gut vorstellen, wie die Deutschen die Gegend durchkämmten und einsame Bauernhöfe durchsuchten in der Hoffnung, einen Jagdflieger oder die Crew eines beschädigten Bombers zu finden, der es gelungen war, mit dem Fallschirm abzuspringen und zu fliehen. Mac war von Natur aus ein Einzelgänger, der sich am liebsten auf sich selbst verließ. Sein Instinkt drängte ihn, so schnell wie möglich die Rückkehr nach Hause zu versuchen. Doch er musste auch an Dai denken. Mac fühlte sich für den jungen Mann verantwortlich, und Dai war nicht transportfähig. Obwohl er lieber heute als morgen aufgebrochen wäre, hielt Mac es für seine Pflicht, bei Dai zu bleiben, und er hoffte, dass er ihn mit Unterstützung der Résistance auf einer der geheimen Fluchtrouten aus Frankreich bringen konnte. Er wusste, dass es Flugzeuge gab, die nachts im Schutz der Dunkelheit in Frankreich landeten, um abgeschossene britische Flieger einzusammeln, und dieser Ort war, soweit er es beurteilen konnte, die ideale Stelle für ein solches Vorhaben. Noch hatte er nicht herausfinden können, ob es in der Nähe eine Zelle der Résistance gab, die in Funkkontakt mit London stand, doch im Moment war das seine einzige Hoffnung.
    Am Abend kamen Jacques und Yves, um sie zu holen, und zu dritt gelang es ihnen, Dai ins Haus zu transportieren und in eine winzige Dachkammer hochzutragen, die man nur über eine Leiter erreichen konnte. Dort waren ein paar behelfsmäßige Betten aufgestellt worden, und Dai, der kaum mehr bei Bewusstsein war, wurde auf eines davon gelegt. Mac ging nach unten und aß zum ersten Mal gemeinsam mit der Familie Abendbrot. Doch obwohl es einen leckeren, herzhaften Eintopf gab, hatte er nur wenig Appetit. Er war viel zu unruhig, lauschte nervös auf jedes Geräusch, und die Sorge um den jungen Mann auf dem Dachboden schlug ihm auf den Magen.
    Ich wünschte, diese verdammte Messerschmitt hätte mich gleich richtig erledigt, dachte er. Es war das erste Mal, dass ihm überhaupt ein solcher Gedanke kam, und es sollte auch das letzte Mal sein. Doch in diesem Moment schien es ihm wirklich so, als wäre es besser für alle gewesen, wenn die Beau in Flammen aufgegangen und abgestürzt wäre. Wenigstens wären Dai dann seine Qualen erspart geblieben – und die Aussicht darauf, den Rest seines Lebens als Krüppel verbringen zu müssen, falls er durch irgendein Wunder überlebte. Wenigstens wäre dann diese grundanständige französische Familie nicht in der Gefahr, gefoltert und erschossen zu werden, weil sie ihnen Unterschlupf gewährt hatte. Und ihm selbst wäre zumindest das gottverdammte Dilemma erspart

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