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Ein kleines Stück vom Himmel nur

Ein kleines Stück vom Himmel nur

Titel: Ein kleines Stück vom Himmel nur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amelia Carr
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zwischen ihnen Funken entstanden wie bei der Berührung zweier blanker Drähte, überkam sie eine Art schuldbewusstes Entsetzen. Plötzlich konnte sie genau nachempfinden, wie Mac sich an jenem Abend gefühlt hatte, als er aus ihrer Wohnung geflohen war, weil er es nicht über sich bringen konnte, den Rubikon zu überqueren und Judy zu betrügen. Jetzt war sie Joes Frau, das durfte sie einfach nicht tun. Und schon gar nicht vor Joes Sohn.
    Sie zuckte zurück, Unsicherheit und Schuldbewusstsein standen ihr ins Gesicht geschrieben.
    Â»Mac … Wir dürfen das nicht. Ich kann nicht.«
    Â»Okay«, sagte er mit rauer Stimme.
    Â»Aber geh nicht. Bitte! Noch nicht.«
    Schon als sie das sagte, war ihr klar, wie töricht es war. Sie konnte nicht ewig stark bleiben und ihm widerstehen. Wie schwer es ihr auch fiel, sie musste ihn fortschicken. Aber das brachte sie einfach nicht fertig.
    Nur noch ein bisschen. Nur noch ein paar Minuten, und dann würde sie sich für immer von ihm verabschieden. Das würde sie wirklich …
    Doch dieses Versprechen konnte sie natürlich nicht einhalten.
    Sie hatte John sein Abendbrot gemacht; Fleisch und Gemüse, fein püriert, so wie er es immer noch mochte, gefolgt von einer reifen Banane. Sie hatte ihm die Windel gewechselt und ihm seinen Schlafanzug angezogen, es jedoch immer noch hinausgezögert, ihn zu Bett zu bringen. Nun allerdings war er auf dem Sofa eingeschlafen, die Arme um den Teddybär geschlungen, den Dorothy ihm gestrickt hatte. Er rührte sich kaum, als Nancy ihn mitsamt seinem Teddybär auf den Arm nahm.
    Â»Er ist völlig erschöpft!«
    Mac blickte sie liebevoll an. Sein zärtlicher Blick versetzte ihr einen Stich. Sie trug John ins Schlafzimmer, legte ihn vorsichtig in sein Gitterbett und deckte ihn mit einer leichten Decke zu. Sie berührte mit dem Finger erst ihre Lippen und dann seine Stirn. »Schlaf gut, mein Kleiner.«
    Als sie ins Wohnzimmer zurückkehrte, wartete Mac auf sie. Ohne ein Wort zu sagen, nahm er sie in die Arme. »Komm her, Nancy!«
    Der Atem stockte ihr in der Kehle, wieder nagten Schuldgefühle an ihr. Doch die quälende Sehnsucht und das glühende Verlangen in ihrem Blut waren einfach zu stark. Wie eine Lawine brach es über ihr zusammen, sie wurde einfach willenlos mitgerissen, hin und her geworfen, bis ihr der Atem wegblieb und sie nicht mehr wusste, wo oben und unten war. Und sie spürte, dass es Mac nicht anders erging. Seine Skrupel waren wie weggeblasen – genau wie ihre Entschlossenheit, Joe treu zu bleiben. Alle guten Vorsätze blieben auf der Strecke, wurden schwach und ausgehöhlt durch ihr verzweifeltes Verlangen nach einander.
    Sie küssten sich, umklammerten einander und schwebten in einer Welt, in der es nichts gab außer ihnen beiden und der überwältigend großen Liebe, die sie miteinander teilten.
    War ihnen immer nur ein kurzes, verstohlenes Zwischenspiel vergönnt, bei dem überbordende Liebe mit quälenden Schuldgefühlen einherging? Bei dem der Abschied stets schon in der Luft hing, sie wie ein schwerer Duft umfing und Empfindungen wachrief, die nicht von dieser Welt waren, unerreichbar für die Sinne, unfassbar für den Verstand und doch allgegenwärtig? Bei dem ein Gefühl von Unwirklichkeit, eine vage Ahnung dessen, was hätte sein können, allem einen traumartigen Charakter verlieh?
    Mac wusste genau wie Nancy, dass es nicht sein konnte, jedenfalls nicht im Augenblick. Er hätte John ebenso bereitwillig wie Nancy mit zurück nach England genommen. Er hätte ihn großgezogen und geliebt wie sein eigenes Kind – schließlich war er Nancys Kind, und das reichte ihm. Aber Nancy hatte deutlich gemacht, dass sie das Joe niemals antun würde, und er wusste auch, dass sie niemals allein mit ihm gehen und John zurücklassen würde. Er war sich nicht einmal sicher, ob er das gewollt hätte, denn wenn sie das tun könnte, wäre sie nicht die Frau, für die er sie hielt.
    Mac wurde von abgrundtiefer Verzweiflung überwältigt. Selbst in seinen dunkelsten Tagen in seinem Versteck in Frankreich hatte er sich nicht so schlecht gefühlt wie jetzt. Es gab keinen Ausweg für sie. Überhaupt keinen.
    Es war Abend. Sie lagen eng umschlungen auf dem Sofa, das Nancy als Bett für Mac hergerichtet hatte. Sie waren übereingekommen, dass er diese eine Nacht bleiben durfte, aber

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