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Ein kleines Stück vom Himmel nur

Ein kleines Stück vom Himmel nur

Titel: Ein kleines Stück vom Himmel nur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amelia Carr
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sie noch viel zu jung und biegsam gewesen war, um sich daran zu stören. Sie war viel mehr froh gewesen, dass sie ein Doppelbett hatte im Gegensatz zu ihren Brüdern, die Einzelbetten bekommen hatten, nachdem sie aus ihren Stockbetten herausgewachsen waren. Sie konnte sich noch gut daran erinnern, wie sie sonntags morgens in diesem Bett gelegen, Betty und ihre Schwestern gelesen hatte und dabei weinen musste, weil Jo am Ende nicht ihren Laurie, sondern diesen hässlichen alten Professor abkriegt. Und dabei hatte Ellen gehofft, dass ihre Mutter ihr eine halbe Grapefruit hinaufbringen würde, über Nacht eingezuckert und mit einem Schlag Sahne garniert, wie sie es manchmal tat. Ach, der Geschmack dieser Grapefruits! Sie konnte ihn immer noch genau auf der Zunge spüren. Und dieses Bett hatte so viele ihrer Stimmungen miterlebt und war Zeuge gewesen, wie sie vor dem Schlafengehen darum gebetet hatte, dass sie hübsch und beliebt werden möge. »Bitte, lieber Gott, mach, dass ich hübsch und beliebt werde.« Und dann hatte sie sich besorgt gefragt, ob sie wohl je von einem Jungen ausgeführt würde. »Bitte, lieber Gott, mach, dass mich irgendjemand bittet, mit ihm auszugehen. Egal wer , ich will bloß nicht die Einzige in der Klasse sein, die noch nie von einem Jungen eingeladen wurde. Außer vielleicht von Fatty Lennox mit seiner schrecklichen Akne.« Und dann war sie außer sich vor Freude gewesen, als Ken Kelsey gefragt hatte, ob sie mit ihm zum Frühjahrsball gehen wolle … Ach nein, an dieser Stelle wollte sie sich lieber nicht weiter erinnern.
    Ellen trat ans Fenster und wanderte noch weiter zurück in der Zeit, während sie den Baum betrachtete, der vor ihrem Fenster stand. Er warf noch immer seinen Schatten und ließ nur wenig Licht durch das Astwerk dringen. Als kleines Mädchen hatte sie allerlei Phantasiegeschichten um diesen Baum gesponnen. Mal war er ein Schiff, das über den Ozean segelte, und sie saß ganz allein auf den Rahen oder im Krähennest – ein Krähennest schien genau das zu sein, was man in einem Baum finden konnte. Oder sie stellte sich vor, dass man in ein anderes Land kam, wenn man bis in die Spitze des Baumes kletterte und über das Blätterdach hinaussah; kein Land in den Wolken, wie in dem Märchen von Hans und der Bohnenranke, sondern eher eine Art zweites Narnia. Sie würde es entdecken und dann John und Ritchie dorthin mitnehmen, und sie wären Prinz John, Prinz Ritchie und Prinzessin Ellen.
    Plötzlich überkam sie eine tiefe Traurigkeit, Trauer um diese lang verschwundenen Kinder. John war tot, sie selbst alt und verbittert geworden. Und Ritchie …
    Ellen riss sich zusammen. Sie musste diese Sache hier irgendwie überstehen, und dabei half es auch nicht weiter, sich an die glücklichen Zeiten zu erinnern. Denn im Rückblick, mit dem Wissen, wie sich alles entwickelt hatte, waren die Erinnerungen einfach zu traurig.
    Sie streifte ihr zerknittertes Hemdblusenkleid ab und warf es in den Wäschekorb. Nur mit BH und Unterhose bekleidet, packte sie ein paar Kleidungsstücke aus und hängte sie ordentlich im Wandschrank auf, stapelte Unterwäsche in einer Schublade und stellte ihre Toilettenartikel auf die Kommode. Sie legte ihr Nachthemd – ein schlichtes Modell aus Baumwolljersey im T-Shirt-Stil – auf eines der Kopfkissen und Bobs Schlafanzug auf das andere. Dann reihte sie ihre Schuhe paarweise geordnet in einer Ecke an der Wand auf. Typisch Ellen. Indem sie zu ihrer üblichen Effizienz und Ordnung zurückkehrte, fühlte sie sich gleich besser. Sie hätte gern geduscht, aber Mom wunderte sich wahrscheinlich jetzt schon, was sie so lange machte. Die Dusche würde noch ein bisschen warten müssen. Ellen zog sich ein Baumwoll-T-Shirt und Shorts an, schob die Füße in ein paar sommerliche Slipper, bürstete sich die Haare und legte ein bisschen Lipgloss auf. Dann ging sie wieder nach unten, gerüstet für fast alles, wie sie glaubte.
    Monica blickte auf, als ein Schatten auf ihren Schreibtisch fiel.
    Â»Officer Vesty!«
    Â»Roy, nennen Sie mich doch Roy.«
    Â»Roy.« Sie spürte, wie sich törichterweise eine Röte in ihrem Nacken bildete und von dort weiter aufwärts verbreitete. »Was machen Sie denn hier? Haben Sie herausgefunden, wer bei Nancy Costello eingebrochen ist?«
    Â»Nein, leider nicht. Schön wär’s, wenn wir

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