Ein Knödel zu viel: Kriminalroman (German Edition)
Weg nach Moosbach gemacht. Er wollte den Morgen genießen und bei Mader frühstücken. Dabei ließ es sich auch leichter über die Fragen reden, die er noch loswerden wollte.
Schon unmittelbar nach der Unterführung der A 980 hatte den Kriminalhauptkommissar das Gefühl von Urlaub überkommen. Vor ihm breitete sich das weite Tal aus, das zu seiner Linken vom Sulzberger See begrenzt wurde. Rechts tauchten aus dem Frühnebel die Häuser von Öschle auf. Direkt vor sich wusste Robert Mayr in einiger Entfernung den Grünten.
Trotz des Nebels, der wie dicke Watte die Wiesen, die sich schlängelnde OA 6, den Höhenzug und den Sulzberger Hausberg zudeckte, lenkte Mayr seinen Dienstwagen pfeifend in Richtung Sulzberg. Seitdem er vor gut zwei Wochen das erste Mal nach langer Zeit wieder nach Moosbach herausgekommen war, zog ihn das kleine Dorf regelrecht magisch an. Vergnügt trommelten seine Finger auf dem Lenkrad zu seiner Melodie. Vielleicht waren es die Erinnerungen an die gemeinsamen Wanderungen mit seinem Vater, die ihm Moosbach heute so vertraut erscheinen ließen, dachte Mayr vergnügt. Dazu kam noch der See, den es in seiner Kindheit nicht gegeben hatte und der ihn ebenso ansprach wie der vertraute Klang der Ortsnamen wie Ottacker, Wachsenegg oder Hinter’m Buch, die ihm unwillkürlich in den Sinn kamen.
Kurz hinter dem Ortsausgang von Sulzberg, schon auf dem Anstieg Richtung Moosbach, riss der Nebel auf und gab für einen Augenblick den Blick auf die Burgruine Sulzberg frei. Ihr graues Bruchsteinmauerwerk unterschied sich kaum von der dichten Struktur des Nebels. Irgendwie verloren ragte die spitze Giebelwand in die dünn gewordene Watte.
Robert Mayr seufzte. Auf seinen Dienstfahrten hatte er zu selten die Muße, sich mit dem Land und seinen Menschen zu beschäftigen. Zumindest nicht mit den ehrbaren Leuten des Allgäus. Und die kriminellen Elemente erzählten Geschichten, die austauschbar waren. Ob sie nun in Kempten, Moosbach oder Recklinghausen ihre Einbrüche begingen, war ihnen reichlich egal.
Kurz hinter dem Waldstück, das ihm den Blick zurück auf die Burg verwehrte, verzog sich auf halbem Weg nach Geigers schlagartig der Nebel. Der Himmel war blau und wolkenlos, die Sonne strahlte. Auf einer Wiese drehten mehrere braune Kühe neugierig ihre Köpfe nach dem Wagen des Kommissars um. Er sang jetzt lauthals ein Lied, das er in seiner Jugend in der Schule gelernt hatte: Im Frühtau zu Berge .
Nicht weit von Geigers machte die Straße eine Kurve Richtung Vorderburg. Nachdem er einen entgegenkommenden langsam fahrenden Traktor mit angehängtem Güllefass hatte passieren lassen, bog Mayr in die Dorfstraße ein. Im Rückspiegel sah der Kriminalhauptkommissar, dass der Nebel wie ein Deckel über dem Tal lag. Was für ein perfekter Tag.
»Frühstücken? Ja, freilich.« Martin Mader machte schwungvoll auf dem Absatz kehrt und verschwand eilfertig durch die verglaste Schwingtür Richtung Küche. Der Kommissar schmunzelte. Doch ein netter Kerl.
Hinter dem schmalen Tresen stand eine Kellnerin und polierte lächelnd Gläser. Die schlanke Blondine schien seine Gedanken erraten zu haben.
»So früh schon bei der Arbeit?« Robert Mayr nickte der Bedienung freundlich zu. Er hatte sie schon einmal in der Gaststube gesehen.
»Wir haben heute eine Gesellschaft. Da muss ich noch eine Menge vorbereiten.«
»Verstehe. Ein Leichenschmaus?« Robert Mayr hoffte, die Wartezeit bis zum Auftragen des Frühstücks mit einem netten Gespräch überbrücken zu können.
»Nein, gestorben ist niemand. Gott sei Dank.« Die Frau schüttelte den Kopf. »Es ist nur so, dass die Zenzi 70 geworden ist und zu Kaffee und Kuchen einlädt. 30 Leut kommen. Und wie ich die Zenzi kenn, wird nach dem Kuchen der Schnaps bestellt. Bis dahin muss hier alles blitzen.« Sie machte eine ausholende Bewegung.
»Verstehe«, sagte Mayr zum zweiten Mal. Dabei verstand er recht wenig. Diese Zenzi musste ja eine recht lebenslustige Person sein.
»Die Zenzi wohnt ja nimmer in Moosbach. Aber wenn sie auf Besuch kommt, dann gibt’s immer eine Mordsgaudi. Die hat noch nie was anbrennen lassen.« Die Frau legte sich eine Hand auf den Mund. »Das hätt ich jetzt nicht sagen dürfen.«
»Macht nix.« Mayr lächelte verschwörerisch. »So was Ähnliches hatte ich mir schon gedacht, Frau, äh –?«
»Ich bin die Daniela.« Die Kellnerin nickte und stellte ein abgetrocknetes Halbliterglas mit einer entschlossenen Bewegung ins Regal. Das Klirren klang wie ein
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