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Ein Knödel zu viel: Kriminalroman (German Edition)

Ein Knödel zu viel: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Ein Knödel zu viel: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnold Küsters
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Tradition des ehemaligen »Volksvereins für das katholische Deutschland« gesehen, dem es vor mehr als hundert Jahren um die Bildung der Arbeiter gegangen war.
    Ernst Büschgens war allem Anschein nach und trotz der Angriffe seitens der Opposition ein in der Öffentlichkeit beliebter Saubermann, der seit knapp eineinhalb Jahren mit einer Wissenschaftlerin aus Düsseldorf liiert gewesen war. Büschgens hatte die Biologin bei einem Treffen der nordrheinwestfälischen Christdemokraten im Landtag kennengelernt. Die attraktive Blondine galt als Protegé des Ministerpräsidenten. Sie sollte irgendwann in naher Zukunft ins Wissenschaftsministerium wechseln.
    So weit, so gut. Wirklich dunkle Flecken auf der Weste des Toten hatte er am Ende bei der Recherche in seinen Blechkästen nicht finden können. Auch diverse Telefonate mit dem einen oder anderen inoffiziellen Informanten in der CDU und in den Amtsstuben der Stadtverwaltung hatten wenig Erhellendes zutage gefördert. Ernst Büschgens war ein allseits beliebter und zu Teilen sicher auch gefürchteter Christdemokrat gewesen, der seine Sicht auf die Aufgaben von Politik im Allgemeinen und der CDU im Besonderen seit Jahren konsequent und auch mit einigem Erfolg vertrat.
    Ernst Büschgens hatte in der Vergangenheit maßgeblich dazu beigetragen, dass die Konversion des ehemaligen britischen Militärgeländes nahe dem Stadtzentrum nahezu konfliktfrei und in Rekordzeit abgeschlossen werden konnte. Mehrere Großprojekte im sogenannten Nordpark trugen seine Handschrift und wären ohne seine weitreichenden Kontakte in Politik, Verwaltung und Wirtschaft, niemals zustande gekommen. Eine Leistung, die ihm auch seine Gegner bescheinigten – allerdings in zum Teil äußerst negativen Analysen der politischen Zustände in der Stadt. Neben seinen sozial geprägten Hobbys pflegte der Lokalpolitiker wenig andere Freizeitvergnügen. Allenfalls mal ein klassisches Konzert, ein Buch oder schon mal eine Tour mit dem Motorrad.
    Heinz-Jürgen Schrievers setzte seine Brille wieder auf, die an einer Kordel um seinen Hals hing, und warf einen Blick auf das Foto, das aus einer Lokalzeitung von 2005 stammte: Büschgens mit hochgeklapptem Visier jungenhaft lachend auf einer BMW . Die Aufnahme war offenbar bei der Schlüsselübergabe gemacht worden, denn der Bildunterschrift war zu entnehmen, dass »Niederlassungsleiter Jörg Zumbroich sich freute, Büschgens den Zündschlüssel für eine Spritztour mit einer ›Gang‹ motorradbegeisterter CDU -Landtagsabgeordneter« übergeben zu können.
    Ein CDU -Politiker als »Motorradrocker«? Schrievers musste schmunzeln. Da hatte jemand offenbar in der Midlifecrisis gesteckt und sich einen Jugendtraum erfüllt. Fehlte nur noch die »heiße Braut« auf dem Sozius.
    Der Archivar musste an Gertrud denken. Als er mit seiner Frau noch nicht verheiratet gewesen war, hatten sie oft am Wochenende eine Tour auf seiner Vespa gemacht. Das einzige Zweirad, das er sich hatte leisten können. Damals waren sie beide sogar für kurze Zeit Mitglieder in einem Vespa-Klub gewesen. Schrievers wurde wehmütig bei dem Gedanken. Was hatten sie an den Wochenenden Spaß gehabt! Eine verschworene Clique waren sie gewesen und bis runter nach Italien gekommen. Wahnsinn, dachte er, was man sich nicht alles zugemutet hat. Aber damals waren sie jung und unbeschwert gewesen – und deutlich leichter. Nachdenklich strich sich Heinz-Jürgen Schrievers über seine Strickjacke, die offen über seinen Bauch hing.
    Na ja, dachte der Archivar und stand unter dem erneuten quietschenden Protest seines Bürostuhls auf, er müsste dranbleiben und weiter regelmäßig Sport machen. Er hatte so gut angefangen! Aber irgendwann war der innere Schweinehund doch wieder stärker gewesen als sein Wille. Wenn Gertrud nur nicht so gut kochen würde, hätte ich es deutlich leichter, murmelte er. Allerdings ohne Vorwurf, eher ergeben, denn dafür liebte er seine Frau zu sehr, um sie für seine eigene Schwäche verantwortlich zu machen.
    Bei dem Gedanken an den Sauerbraten mit Knödeln, den Gertrud ihm trotz sommerlicher Temperaturen für das kommende Wochenende angekündigt hatte, begann sein Magen augenblicklich zu knurren. Es klang sehr gefährlich, fand der Archivar und tütete schmunzelnd die Unterlagen für den Kollegen aus Kempten ein.

XVI.
    Robert Mayr war am Morgen gar nicht erst ins Präsidium gefahren, sondern hatte sich direkt von seiner Wohnung im Kemptener Norden aus quer durch die Stadt auf den

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