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Ein König für Deutschland

Ein König für Deutschland

Titel: Ein König für Deutschland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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würde lieber denken, dass du das alles inszeniert hast, um mich zurückzulocken.«
    Simon sah auf seine eigene Tasse hinab, griff nach dem Löffel, rührte um, obwohl es nichts umzurühren gab in einem schwarzen Kaffee ohne Zucker oder Milch. Da war er wieder, der Stich. Es hatte gestern Abend zweimal einen Moment gegeben, in dem es gepasst hätte, ihr die Hintergründe der ganzen Sache zu erklären. Dass alles nur ein Spiel war, ein Täuschungsmanöver. Dass sie die Partei nur gegründet hatten, um einen möglichen Wahlmaschinenbetrug aufzudecken. Aber Simon hatte beide Gelegenheiten verstreichen lassen, hatte abgelenkt, das Thema gewechselt …
    Zuerst, weil ihn im selben Augenblick die Sorge befallen hatte, dass Helene, als die Journalistin, die sie war, ihr Wissen ausnutzen könnte. Dass sie die nächste Sensationskampagne starten würde, ehe das Spiel vorbei war.
    Er war sich auch jetzt nicht restlos sicher, dass sie das nicht tun würde. Aber wenn er nun damit herausrückte, würde sie wissen, dass er ihr gestern Abend misstraut hatte, und Simon hatte Angst, sie so gleich wieder zu verjagen. Wenigstens diesen einen Morgen wollte er in ungetrübter Harmonie verbringen.
    Und falls es ein Später geben sollte, würde er es ihr irgendwann erklären.
    Der Morgenmantel, den sie trug – eigentlich war es seiner – verhüllte ihren Körper nur unvollständig. Sie gefiel ihm, immer noch.
    Und Simon wusste, dass Helene so tat, als merke sie nicht, dass er sie betrachtete.
    Vielleicht gab es ja ein Später . Und vielleicht begann es mit einem Noch mal .
    ***
    Je länger das alles dauerte, desto mehr kam es Root vor, als lege Alex in dem Moment, in dem er das Büro betrat und die Tür schloss, eine Maske ab. Und der Alex hinter der Maske warunsagbar müde, müde und niedergeschlagen. Jemand, der sich nur noch in seinen Sessel fallen ließ und so aussah, als würde er nie wieder aufstehen wollen.
    Obwohl Root wusste, wie die erste Frage lautete, wartete er immer, bis Alex sie stellte. Es war seit Wochen dieselbe: »Was Neues von Sirona?«
    Und wie immer konnte Root nur sagen: »Nichts.«
    Worauf Alex noch ein Stück mehr in sich zusammensank.
    »Aber ich hab was anderes«, fuhr Root heute fort.
    »Und was?« Erstaunlich, welches Ausmaß an Desinteresse man mit zwei einfachen Worten zum Ausdruck bringen konnte.
    »Eine interessante Zahl.«
    Alex seufzte kraftlos. »Erwartest du, dass ich sie dir aus der Nase ziehe?«
    Seit sie ihre Zelte hier auf Schloss Reiserstein aufgeschlagen hatten, war Root hauptsächlich damit beauftragt, alle möglichen Internetforen, Weblogs und dergleichen abzusurfen, um herauszufinden, ob die Berichterstattung der Medien über Simon König in der Bevölkerung Resonanz erzeugte, und wenn ja, welche.
    Heute aber hatte er etwas ganz anderes gefunden. Etwas, das er geradezu sensationell fand.
    »Was denkst du, wie viele Wahlmaschinen es überhaupt gibt?«
    »Sag’s mir einfach.«
    »In den letzten zwölf Monaten hat ein regelrechter Run der Wahlkreise auf Wahlmaschinen stattgefunden«, berichtete Root. »Wie es aussieht, werden bei den nächsten Bundestagswahlen über siebzig Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme an einer Maschine abgeben.«
    Alex richtete sich auf. » Siebzig Prozent? «
    »Siebzig Prozent und ein paar Zerquetschte.«
    »Woher hast du diese Information?« Alex’ Gesicht umwölkte sich mit jeder Minute mehr.
    »Statistisches Bundesamt. Ganz, ganz tief unten vergraben.« Root grinste triumphierend. »Ich wette, das hat bis jetzt noch keiner entdeckt. Jedenfalls liest man in den Zeitungen nichts darüber, nicht mal einen Dreizeiler.«
    »Hmm«, machte Alex missmutig. »Das könnte ein Problem werden.«
    »Ein Problem?« Mann, war der drauf! »Wo siehst du da bitte ein Problem?«
    »Wozu treiben wir das alles hier? Um den Wahlmaschinen den Garaus zu machen. Aber was ist, wenn bloß manche der Geräte abnorme Ergebnisse anzeigen, andere aber nicht? Dann wird unsere ganze Argumentation schwammig.«
    Root lehnte sich zurück und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. Immer dasselbe. Niemand außer ihm schien logisch denken zu können. »Ich seh immer noch kein Problem. Wenn siebzig Prozent der Stimmen über Wahlmaschinen abgegeben werden und jede Wahlmaschine fünfundneunzig Prozent der abgegebenen Stimmen für uns zählt, dann kriegen wir nach Adam Riese 66,5 Prozent. Das heißt, wir gewinnen die Wahl, kommen an die Regierung und können Wahlmaschinen einfach verbieten. Fertig,

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