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Ein König für Deutschland

Ein König für Deutschland

Titel: Ein König für Deutschland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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platzen zu lassen. Ich habe Sorge, dass der Effekt verpuffen könnte, wenn wir warten müssen.«
    »Wenn die Beteiligung meines Sohnes an einer Computermanipulation öffentlich wird, droht ihm –«
    Alex nickte heftig. »Ich weiß, ich weiß. Aber müssen wir ihn überhaupt erwähnen?«
    »Ich bin sein Vater. Das ist aktenkundig und damit eine Spur.« Simon schüttelte den Kopf. »Ich muss darauf bestehen, dasswir die Sache erst aufdecken, wenn Vincent keine Gefahr mehr droht.«
    Die Tür vom Rittersaal her wurde aufgerissen, einer von Alex’ Assistenten, als stutzerhafter Höfling verkleidet, streckte den Kopf herein. »Die Leute scharren mit den Hufen. Ich soll fragen, ob Seine Königliche Hoheit noch kommt oder nicht.«
    Alex nickte ihm zu, machte eine scheuchende Handbewegung. »Er kommt in zwei Minuten.« Er wartete, bis die Tür wieder zu war, dann bat er: »Können Sie noch mal drüben anrufen? Vielleicht lässt sich ja was beeinflussen. Oder wenn wir wenigstens das genaue Datum wüssten; das könnte auch schon helfen. Und Ihr Sohn muss eben das Land verlassen, sowie er draußen ist.«
    Simon versprach, noch einmal nachzufragen.
    »Wahrscheinlich ist das gar nicht so wichtig, wie ich gerade denke«, grübelte Alex, sich das Kinn reibend. »Aber es war eben ein Gedanke, der mir durch den Kopf geschossen ist, und ich bin so veranlagt, dass ich dann immer gleich losrasen muss … Ich will es eben so gut wie möglich machen, verstehen Sie? Damit sich der Aufwand am Ende auch lohnt.« Sein strahlendes Lächeln war zurück wie eingeschaltet. »Gehen Sie, ehe die zu ungeduldig werden. Knallen Sie denen was vor den Latz, damit sie auch was zu berichten haben.« Er lachte auf. »Sie machen das super. Am Ende wählen die Leute Sie tatsächlich noch!«
    Simon musste schmunzeln. Er fasste nach seinem Krawattenknoten, überprüfte den Sitz. »Da fällt mir diese junge Frau mit dem phantasievollen Äußeren ein, Sirona. Von der habe ich jetzt ewig nichts mehr gehört. Sie?«
    Alex hob die Schultern. Nichts schien ihn weniger zu interessieren. »Bis zur Wahl wird sie schon wieder auftauchen. Ist ja schließlich ihr Baby, das ganze Projekt.«
    ***
    »Ich möchte heute über die Unzufriedenheit im Lande sprechen«, begann Simon und registrierte mit stillem Vergnügen, wie sich daraufhin Ohren spitzten, Blöcke umgeschlagen, Kugelschreibergezückt und an Aufnahmereglern gefummelt wurde. »Deutschland ist eines der wohlhabendsten Länder der Erde – trotzdem herrscht eine weit verbreitete Unzufriedenheit. In einer Rangliste der Zufriedenheit belegen wir nur einen der hinteren Ränge. Haben Sie sich schon einmal überlegt, woran das liegt?«
    Er blickte in die Runde. Hinter den Reportern drängten sich, soweit der Platz es zuließ, einige der grandios kostümierten jungen Leute herein, die seinen »Hofstaat« spielten. Sie jedenfalls sahen nicht so aus, als treffe diese Beschreibung auf sie zu.
    Einer der Journalisten in der vordersten Reihe hob die Hand. »Geld allein macht nicht glücklich, sagt man bekanntlich«, ließ er sich vernehmen.
    »Aber was für ein Sinn läge darin, sich anzustrengen, damit es einem besser geht, wenn es einem am Ende dadurch auf andere Weise eher schlechter ginge?« Simon schüttelte den Kopf. »Ich sehe das anders. Ich sehe die allgemeine Unzufriedenheit in etwas anderem begründet. Etwas ganz Konkretem.« Er konnte es sich nicht verkneifen, eine Kunstpause zu machen, ehe er fortfuhr: »Ich sehe den Grund dafür in der heute allgegenwärtigen Werbung .«
    Gedämpfte Unruhe brandete auf, als hätte die Hälfte der Anwesenden im gleichen Moment beschlossen, mit den Füßen zu scharren, den Stuhl ein Stück zurückzurücken oder zu husten. Viele schüttelten den Kopf, unwillig, so, wie man es konfrontiert mit offensichtlicher Unvernunft tat.
    »Denken Sie darüber nach«, forderte Simon. »Es ist geradezu Sinn und Zweck von Werbung, Sie unzufrieden zu machen. Wie anders könnte man Sie dazu bringen, Ihr Geld für etwas auszugeben, nach dem Sie von sich aus gar kein Bedürfnis verspürt haben? Sie sollen unzufrieden sein mit dem, was Sie haben, was Sie sind oder was Sie erleben – nur wenn Werbung das erreicht, erfüllt sie ihren Zweck. Werbung ist nicht mehr die Reklame von früher, die hauptsächlich dazu diente, auf das Vorhandensein bestimmter Produkte aufmerksam zu machen. Die heutige Werbung ist eine gigantische, milliardenschwere Bewusstseinsbeeinflussungsmaschinerie, die in zunehmendem Maße

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