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Ein König für Deutschland

Ein König für Deutschland

Titel: Ein König für Deutschland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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müsste einen Verbandskasten im Auto haben.«
    Zantinis Hand krallte sich in seinen Ärmel. »Zu spät. Die haben mich fertiggemacht.«
    »Wer denn?«
    Der dürre Mann mit dem zerschundenen Gesicht stöhnte. »Sie sind schuld, Vincent. Wenn Sie mich nicht reingelegt hätten, wäre das nicht passiert.«
    »Ich?«
    »VWM! Ich hab zu spät begriffen, dass das Ihre Initialen sind … und dass das eine Rolle spielen kann …« Er schloss die Augen wieder, und sein Mund bewegte sich mühsam, bis er einen abgebrochenen Zahn über die Lippen befördert hatte, zusammen mit rot gefärbtem, schaumigem Speichel.
    Vincent schluckte. War das hier wirklich seine Schuld? Er verstand immer noch nicht, was eigentlich passiert war.
    Allerdings fiel ihm wieder ein, weswegen er gekommen war.
    Wieder ein Blitz, wieder ein Donnerknall, bei dem einem das Herz aussetzte.
    »Zantini«, rief er. »Ich muss Sie etwas fragen.«
    Der alte, dürre Mann reagierte nicht.
    »Ich muss Sie das fragen, sonst werde ich auch fertiggemacht«, drängte Vincent. Er berührte Zantini, bewegte ihn ganz leicht – schütteln konnte man das nicht nennen, aber der Mann stöhnte trotzdem auf. »Zantini – woher hatten Sie die Chips, die Sie in die Wahlcomputer eingesetzt haben? Die TWIN-Chips?«
    Er muss sogenannte TWIN -Chips verwendet haben – aber mehr davon, als je hergestellt worden sind! Wir müssen wissen, woher die stammen , hatte ihm Miller eingeschärft. Jemand muss unser Projekt kennen und die Chips nachbauen, und wir müssen um jeden Preis herausfinden, wer das ist!
    »Woher hatten Sie die?«, fuhr Vincent fort. »Bitte, ich muss herausfinden, wo das Leck ist, sonst geht es mir auch an den Kragen!«
    Zantini öffnete die Augen wieder, weit, voller Erstaunen. »Was für Chips?«
    »Die EPROMs in den Wahlcomputern. Die haben Sie doch ausgetauscht, nicht wahr? Gegen spezielle Chips. Auf die Sie mein Programm aufgespielt haben.«
    Zantini gab ein Geräusch von sich, das wohl der Versuch war, zu lachen. »Das habe ich Ihnen erzählt, ja. Aber so habe ich es nicht gemacht. Der Trick ging ganz anders.«
    Vincent starrte den alten Zauberkünstler bestürzt an. »Und wie?«
    Er spürte, wie das Leben aus dem Mann vor ihm wich. DerTod betrat den Raum, und jede Faser in Vincents Körper schrie danach zu fliehen.
    Zantinis Gestalt straffte sich ein letztes Mal. Er schaffte es, den Kopf zu heben, mit einer Bewegung, in der trotz allem so etwas wie Würde lag. »Wie oft soll ich Ihnen das noch sagen, Junge? Ein Zauberer verrät seine Tricks nicht. Nicht die wirklich guten. Die nimmt er mit ins Grab, damit sie ihn unsterblich machen.«
    Er sank zurück. Sein Kopf fiel zur Seite, und er hörte auf zu atmen.

KAPITEL 48
    V incent rutschte mit einem Aufschrei ein Stück zurück, weg von dem … Körper , der da lag, reglos, leblos, grauenerregend.
    Es war das erste Mal in seinem Leben, dass er einen Toten sah. Sein Brustkorb ging wie ein Blasebalg, während er anstarrte, was von dem Mann, den er als Benito Zantini gekannt hatte, übrig geblieben war. Nichts, da war nichts mehr. Als hätte sich Zantini mit einem unglaublichen Trick fortgezaubert, von einem Moment zum anderen, sich weggebeamt im Austausch gegen eine Wachspuppe, die nur aussah wie er.
    Einen schrecklichen, verzweifelten Augenblick lang hoffte Vincent noch, dass auch das nur ein Trick war, Illusion, magisches Spiel, und dass Zantini gleich durch die Tür treten, dass er lachen würde über sein, Vincents, entsetztes Gesicht …
    Aber es war kein Trick. Diesmal nicht. Diesmal war es echt, gnadenlos echt, unerbittliche Wirklichkeit. Vincent hörte jemanden schluchzen, sah sich um und begriff erst nach Minuten, dass er es selbst war. Er, der eines Tages auch sterben würde. Der auch einmal so daliegen, auch nur noch aussehen würde wie ein schmutziges, abgelegtes Kleidungsstück …
    Bloß war Zantini nicht einfach so gestorben.
    Jemand hatte ihn umgebracht.
    Vincent schreckte hoch, kam taumelnd auf die Beine. Mord. Wenn man ihm das auch noch anhängte, war er verloren.
    Panisch sah er sich um. Was hatte er alles angefasst? Wo überall hatte er seine Fingerabdrücke hinterlassen? Seine Gedanken überschlugen sich in dem Versuch, die letzten Minuten vor sein inneres Auge zurückzurufen. Er hatte die Tür aufgedrückt. DenLichtschalter betätigt. Den Boden vor dem Leichnam berührt … Er zerrte ein Taschentuch heraus, wischte auf den Planken herum, entlang der Lache, von der er lieber nicht wissen wollte, aus

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