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Ein König für Deutschland

Ein König für Deutschland

Titel: Ein König für Deutschland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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überlegte einen Moment. »Ich weiß jetzt zwar nicht, was da schief gegangen ist, aber wenn der Brief heute nicht da war, dann wird er hoffentlich noch kommen«, sagte sie. Sie holteeine Visitenkarte hervor und hielt sie ihm hin. »Hier haben Sie meine Handynummer, unter der erreichen Sie mich jederzeit. Bitte, wenn die CD ankommt, rufen Sie mich an. Es ist wichtig. Ich …«
    Sie hielt inne, warf einen Blick über ihre Schulter: Ihr schien aufzugehen, dass sie hier in einem Treppenhaus standen und ein Dutzend Leute ihnen zuhören konnte, ohne dass sie etwas davon merken würden.
    »Ich habe Ihnen die Trackingnummer des Briefes hinten draufgeschrieben«, fügte sie leise hinzu. »Dann sehen Sie, dass Vincent mich tatsächlich geschickt hat.«
    Simon war fast ein wenig enttäuscht, dass sie schon aufgab. Vielleicht strahlte er mehr Unbeugsamkeit aus, als er dachte. Er nahm die Karte. Es war eine von der Art, wie man sie an den Automaten in Bahnhöfen selbermachen konnte, und es stand nichts weiter darauf als ihr Name – einfach nur: Sirona – und darunter eine Mobiltelefonnummer.
    Und eine zwanzigstellige Ziffernfolge auf der Rückseite.
    Netter Versuch. Bloß ließ sich diese Nummer jetzt natürlich nicht mehr überprüfen. Das hätte Vincent zum Beispiel klar sein müssen; schließlich war er es ja gewesen, der ihn aufgefordert hatte, alles außer der CD sorgfältig zu vernichten: den Brief selber, den Umschlag und sogar die Plastikhülle, in der die CD eingepackt gewesen war.
    Selbst für den Fall, dass die Geschichte stimmte, musste man konstatieren, dass Vincent sich die Sache jedenfalls nicht gründlich überlegt hatte.
    Wobei das natürlich sein konnte. Simon hatte, so wenig er seinen Sohn kannte, doch durchaus den Eindruck gewonnen, dass Vincent dazu neigte, vorschnell zu handeln.
    »Werden Sie mich anrufen?«, fragte sie.
    »Das muss ich mir noch überlegen«, erwiderte Simon.
    Was würde sie machen, wenn er nicht anrief? Natürlich würde er die Karte aufbewahren. Vielleicht konnte er seinen Sohn demnächst selber fragen, was es mit dieser ganzen Geschichte auf sich hatte.
    »Es ist sehr, sehr wichtig«, sagte sie.
    »Ich glaube Ihnen gern, dass Sie das so sehen.«
    Etwas wie ein Schatten huschte über ihr Gesicht. Sie war sichtlich unzufrieden mit seiner Reaktion.
    Gut , dachte Simon.
    Er schob die Karte in seine Hemdtasche. »Ich behalte die auf alle Fälle«, erklärte er. »Und dann sehen wir weiter. Können wir so verbleiben?«
    Die junge Frau musterte ihn eindringlich, schien nicht so recht zu wissen, was sie von dieser Reaktion halten sollte. »Okay«, sagte sie schließlich. »Ich warte auf Ihren Anruf. Bis dann.«
    Damit ging sie. Wobei das nicht das richtige Wort war, fand Simon, als er ihr nachschaute. Sie hatte einen kraftvollen, federnden Schritt, der ihre Art der Fortbewegung wirken ließ, als schwebe sie.
    Wie nicht ganz von dieser Welt.
    So war ihm beinahe, als habe er das alles nur geträumt, als die Tür zugefallen und der Knall, mit dem sie das getan hatte, verhallt war. Simon tastete unwillkürlich noch einmal nach der Karte. Sirona. Tatsächlich. Es war wohl doch keine Erscheinung gewesen.
    Er bewegte sich langsam wieder in Richtung Parkplatzausgang. Der Indianer im Anzug war verschwunden. Immerhin.
    Was sollte er nun machen? Nach Hause gehen? Oder doch noch die Polizei rufen?
    Simon zögerte. Was sollte er den Beamten denn sagen? Dass ihm drei junge Leute aufgelauert hatten und dass ihm eine Frau eine Visitenkarte gegeben hatte? Das klang selbst in seinen Ohren merkwürdig. Und von der CD wollte er ja nichts erzählen. Sie würden denken, dass bei ihm der Kalk zu rieseln anfing, und das musste nun wirklich nicht sein.
    Nein, genug der Possen. Er würde jetzt nach Hause gehen, Punkt, aus, basta.
    Er packte seine Tasche fester und marschierte los. Tatsächlich hielt ihn diesmal niemand auf, sprach ihn niemand an, und soweit man das sagen konnte – er wollte sich nicht allzu oftumdrehen –, folgte ihm auch niemand. Wozu auch? Wenn sie seinen Namen kannten, dann konnten sie zweifellos auch ins Telefonbuch schauen. Dort stand er schließlich, komplett mit Berufsbezeichnung – Gymnasialprofessor – und Adresse.
    Die Frage war vielmehr, erkannte er, was er tun würde, sobald er zu Hause war. Am liebsten hätte er versucht, Vincent anzurufen. Aber das sollte er auf keinen Fall tun, hatte es geheißen. Galt das auch, wenn Leute auftauchten, die offenkundig hinter der CD her

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