Ein königlicher Skandal
Mann, den sie nicht haben konnte?
Vor dem Spiegel blieb sie abrupt stehen. Eine Fremde mit müden Augen blickte ihr entgegen. Benommen betrachtete Rosa die Lippen, auf denen sie noch Max’ Küsse spürte.
Sie war innerlich so in Aufruhr, dass ihr schwindelig wurde. Ihre Haut war so empfindlich, dass Rosa die Kleidung am Leib zu viel wurde. Die Brustspitzen drückten gegen das Shirt. Ihr ganzer Körper war in Erwartung einer Leidenschaft, die sie nie erfahren, die sich nie erfüllen würde.
Gequält schloss Rosa die Augen und wandte sich ab. Max begehrte sie, aber sein verflixtes Ehrgefühl stand ihm im Weg. Dass er sie zum wiederholten Mal zurückwies, war für sie besonders bitter. Wenn sie doch bloß nicht Cousin und Cousine wären und Max nicht der nächste König von San Rinaldi werden musste …
„Selbst wenn du die Welt von Krieg und Gewalt befreien könntest“, schleuderte sie ihrem Spiegelbild entgegen. „Selbst wenn du ein Mittel gegen den Mehltau findest! Das würde nichts ändern. Also, vergiss alles!“
Tränen liefen ihr aus den Augen. Rosa wischte sie weg und marschierte ungehalten durch den Raum. Frühestens in zwei Wochen stand fest, ob die Vorsichtsmaßnahmen griffen.
Sie musste beweisen, dass sie so stark war wie Max und die Gefühle für ihn überwinden konnte. Sobald sie San Rinaldi verließ, müsste sie ihn erst zur Krönung wiedersehen und danach auf seiner Hochzeitsfeier.
Wen würde er wählen? Bei seinem Aussehen und der umwerfenden Ausstrahlung konnte er jede Frau auf der ganzen Welt zur Braut nehmen. Vielleicht wurde es die elegante Prinzessin, über die die Medien spekulierten. Oder die schöne amerikanische Erbin, mit der er sich mehrmals in der Öffentlichkeit gezeigt hatte.
Rosa zog sich aus, streifte das Nachthemd über und ließ sich ins Bett sinken. In Gedanken sah sie eine schöne Frau nach der anderen an Max’ Seite. Zornig zog sie die Decke fest um sich und sagte das Einmaleins auf. Sobald Rosa endlich ruhiger wurde, schlief sie sofort ein.
Nach einer weiteren Nacht voller Albträume wachte Rosa am nächsten Morgen erschöpft auf. Am Himmel waren Regenwolken aufgezogen. Wenn es regnete, konnte sich der Mehltau besser verbreiten. Wenigstens lenkten diese Gedanken sie von den eigenen Sorgen ab.
Verglichen mit den Problemen der Winzer, war ihr Schmerz unbedeutend. Sie hatte schließlich nur Liebeskummer. Dagegen verlor bald womöglich ein Großteil der Inselbevölkerung die Existenzgrundlage.
Rosa konzentrierte sich auf ihre Aufgaben. Sie musste Helfer ausbilden und Berichte für das Labor in Neuseeland schreiben.
Die nächsten Tage rauschten förmlich an ihr vorbei. Abgesehen von den Abendessen sah sie Max so gut wie gar nicht. Und beim Dinner sorgte er gewissenhaft dafür, dass sie nie allein waren. Täglich begleitete Giovanni Rosa auf ihren Rundgängen durch die Weingärten. Allmählich schloss sie ihn immer mehr ins Herz. Es verletzte sie sogar, dass er sich ihr gegenüber oft sehr zurückhaltend benahm.
Elena sah sie nicht wieder. Als Rosa nach ihr fragte, erklärte Giovanni, seine Tochter sei nach Hause zurückgekehrt.
Gegen Ende der Woche, es war an dem Tag warm und der Himmel wolkenlos, flog Max nach Porto di Castellante. Er wollte mit seinem Großvater sprechen. Rosa hätte Max gern begleitet. Aber er behauptete, der König sei nicht stark genug, um mehr als einen Besucher am Tag zu empfangen.
„Dann ist er wohl sehr gebrechlich“, sagte sie besorgt und beobachtete, wie Max nach dem Aktenkoffer am Fuß der Treppe griff.
Vor ihr stand ein völlig veränderter Max. Jetzt war er ganz der kühle Geschäftsmann, der nicht nur das ererbte Vermögen vermehrt, sondern auch die Weinindustrie von San Rinaldi aufgebaut hatte.
„Körperlich ja“, erwiderte er, kontrollierte sein Handy und steckte es ein. „Er lässt dich nicht absichtlich warten. Und er will dich unbedingt sehen, bevor du wieder abreist.“
„Das ist mir klar“, entgegnete sie und fügte nüchtern hinzu: „Genauso gut weiß ich, was Großvater von Frauen hält: Sie sind hübsch anzusehen und sollen Söhne zur Welt bringen.“
Max nickte. „Er kann sich wohl nicht mehr aus dem neunzehnten Jahrhundert lösen, aber das meint er nicht persönlich. Er liebt dich.“
„Ja, das stimmt“, flüsterte sie gerührt. „Weißt du, was er mir zu Weihnachten geschenkt hat? Ein herrliches Diamantcollier und einen Satz antiker Waagen, die noch hervorragend funktionieren.“
Seit dem letzten Kuss
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