Ein königlicher Skandal
Seit er ihr an jenem Abend den Brandy angeboten hatte, trank sie abends nur ein Glas Wein zum Essen. Alles andere hätte verheerende Auswirkungen gehabt. Rosa wurde ohnehin zu leicht schwach, wenn es um Max ging. „Wir haben das einzig Mögliche getan“, fuhr sie fort. „Irgendwann werden wir oder ein anderes Forscherteam eine bessere Methode finden, die die Übertragung der Krankheit verhindert. Dann müssen keine Weinstöcke mehr verbrannt werden. Bis dahin können wir allerdings nur so verfahren wie bisher – und hoffen.“
„Wir haben Zeit gewonnen“, erwiderte er lächelnd. „Das ist manchmal das einzig Mögliche. Ich bin sicher, du wirst irgendwann Erfolg haben. Du leistest sehr gute Arbeit.“
Das Lob trieb ihr die Röte in die Wangen. „Wir werden es schaffen … sofern es eine Möglichkeit gibt.“
„Wenn es unmöglich ist, müssen wir eben damit leben.“
Sie zuckte zusammen. Natürlich sprach er über die Bekämpfung des Mehltaus. Auf ihre Beziehung spielte er garantiert nicht an. Rosa verschränkte die Hände ineinander. „Vor meiner Abreise möchte ich zum Grab meiner Eltern auf der Königsinsel. Eine Stunde würde reichen. Und wenn ich Großvater in Porto di Castellante treffe, will ich auch deine Mutter besuchen.“
„Sie ist leider noch in Frankreich“, erwiderte er. „Hast du vielleicht Freunde in der Hauptstadt, die du gern sehen möchtest?“
„Nein“, gestand sie widerstrebend.
Auf San Rinaldi hatte sie früher nur zu Kindern aus Adelsfamilien Kontakt gehalten, die ihre Mutter für den angemessenen Umgang hielt. Und diese Besuche waren immer von einer Gouvernante überwacht worden. Echte Freundschaften hatte Rosa erst später in der Schweizer Schule und an der Universität geschlossen.
„Arme einsame kleine Prinzessin“, sagte Max leise.
Sie warf ihm einen misstrauischen Blick zu. In seinen Augen erkannte sie jedoch keinen Spott, sondern eine Zärtlichkeit, die sie tief berührte.
Seit jenem heißen Kuss achteten sie darauf, die Grenzen zu wahren. Dadurch hätte sich die Lage eigentlich entspannen sollen. Doch das Gegenteil war der Fall. Rosa kam es vor, als würde sie an einem Abgrund entlanggehen. Mit jedem Tag wurde das erotische Knistern zwischen ihr und Max stärker.
„Ich bin nicht arm“, wehrte sie ab, „und ganz sicher nicht einsam. Ich würde ja gern nach Mont Avellana fahren und eine Weile bei Isabella und Domenic bleiben. Falls noch etwas passiert, bleibe ich jedoch lieber in der Nähe von Cattina.“
„Warum erholst du dich nicht?“, fragte er aufmunternd. „In der Villa deiner Familie wärst du gut versorgt.“
„Ich weiß nicht“, erwiderte sie unsicher. „Ich war nicht mehr dort, seit Mama und Papa … gestorben sind.“
Max kauerte sich neben sie und griff nach ihren Händen. „Du solltest hingehen, Rosa. Der Tod deiner Eltern war tragisch. Aber sie würden nicht wollen, dass du für immer trauerst.“
Hätte er sie begleitet, hätte sie es ertragen. Natürlich würde er das nicht vorschlagen. Er konnte es gar nicht. Und Rosa? Das Spiel mit dem Feuer war so schon gefährlich genug. „Ich weiß“, sagte sie leise, „aber …“
„Du musst dich den Gespenstern der Vergangenheit stellen.“
„Es gibt keine Gespenster“, widersprach sie. „Wir waren auf der Insel immer glücklich.“
„Mit den Geistern einer glücklichen Vergangenheit hat man es manchmal schwerer als mit den Gespenstern einer unglücklichen.“
Dass er sie fast ohne Worte verstand, berührte sie tief. Sie schaute auf ihre Finger, die in seiner warmen Hand lagen. Die Berührung war rein freundschaftlich gemeint und tröstete Rosa. Könnte es doch nur so bleiben.
In diesem Moment räusperte sich jemand an der Tür.
Sofort stand Max auf und zog die Hand weg. „Giovanni“, sagte er tonlos. „Was führt Sie her?“
Rosa erhob sich ebenfalls. „Ich ziehe mich zurück.“
„Es geht um die Weingärten“, antwortete Giovanni ernst.
Wie angewurzelt blieb sie nun stehen und sah Max betroffen an.
„Was ist los?“, fragte er ungeduldig.
Giovanni warf Rosa einen besorgten Blick zu. „Es sieht nach einem neuen Befall aus.“
„Um Himmels willen“, murmelte Max. „Wo?“
„Gleich neben einem Weingarten, den wir gerade behandelt haben.“
„Wenigstens etwas“, meinte Max. „Dann ist es zumindest kein Neubefall in einer anderen Region. Die Rebstöcke wurden also gespritzt?“
„Allerdings“, erwiderte Giovanni.
Max wandte sich an Rosa. „Könnte es mit
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