Ein Königreich für die Leidenschaft
was er glauben sollte, verwirrt und wütend wie er war. Das war eine sehr ungewohnte Situation für ihn, denn als Regisseur hatte er normalerweise das Sagen und bestimmte, was als Nächstes geschah.
Als er sah, wie Lanis Hände zitterten, während sie sich die Sandalen anzog, regte sich so etwas wie Mitleid in ihm, was er aber schnell unterdrückte. Er riss die Tür auf, blieb aber bewegungslos stehen, denn er hörte Schritte und Stimmen. Offenbar verließen die ersten Gäste die Party. Was sie wohl dachten, wenn Lani weinend an ihnen vorbeilaufen würde? Aber vielleicht erwarteten sie von einer trauernden Witwe, die zu einer Heirat gezwungen wurde, auch keine andere Reaktion. Die ganze Situation war so oder so verfahren und alles andere als schön.
Zitternd blieb Lani in der Tür stehen, und AJ musterte sie kalt. „Hast du Angst, den Leuten zu begegnen? Sag ihnen doch einfach die Wahrheit.“
Dass sie so lange nichts gesagt hatte, blieb nicht ohne Wirkung auf ihn. Wieso tat sie so unschuldig und nahm diese Opferhaltung ein? Sollte er etwa ein schlechtes Gewissen haben, weil er all die schönen Pläne zunichtemachte?
Scheu sah sie ihn von der Seite her an. „Deine Mutter wollte, dass es ein Geheimnis bleibt.“
„Tust du immer das, was sie sagt?“
Sie schwieg.
„Findest du nicht, sie sollte endlich lernen, dass man andere nicht manipulieren darf? Menschen sind schließlich keine Marionetten.“ Vielleicht hatte Vanu das von ihr gelernt, denn er war ein Meister darin gewesen, hinter der Bühne die Fäden zu ziehen. Damit musste endlich Schluss sein. Widerwillig nahm AJ sie beim Arm, denn er wusste, was die Berührung bei ihm bewirken würde. „Komm, lass uns diese Farce hinter uns bringen.“
Lani versteifte sich. „Es war ein so schöner Abend für deine Mutter.“
Der offenbar noch nicht vorüber war, denn Musik und Gelächter drangen aus dem großen Saal. Alle feierten ausgelassen AJs Entscheidung. Bei dem Gedanken daran wurde ihm ganz elend zumute.
„Deine Mutter war in letzter Zeit so traurig. Wollen wir ihr nicht wenigstens das Glück dieses Abends gönnen?“, fing Lani wieder an.
„Und die traurige Komödie noch ein wenig länger spielen? Warum nicht?“ Er biss kurz die Zähne zusammen. „Aber nicht hier in meinem Schlafzimmer. Das scheint mir mit dir und deinem Baby etwas zu überfüllt zu sein.“ Von deinem toten Mann, der in Gedanken immer bei dir ist, ganz zu schweigen .
„Würdest du mich dann vielleicht in mein Zimmer bringen?“, bat sie leise und ohne ihn anzusehen. „Wenn man mich allein sieht, wird jeder glauben, dass etwas nicht in Ordnung ist.“
Ist es ja auch nicht . Am liebsten hätte er abgelehnt, denn diese ganze Lügerei ekelte ihn an. Vielleicht war es besser, wenn die Leute möglichst bald herausfanden, was Sache war. Andererseits rührte es ihn, dass Lani solche Rücksicht auf seine Mutter nahm, und er brachte es nicht über sich, seine Schwägerin dieser Demütigung auszusetzen. „Okay“, stieß er widerwillig hervor.
Allerdings berührte er sie diesmal nicht. Denn anstatt von ihr abgestoßen zu sein, begehrte er sie noch immer. Mit langen Schritten eilte er durch den Säulengang, denn Lanis Suite lag auf der entgegengesetzten Seite des Palastes. Das bedeutete, dass sie an dem Saal vorbeimusste, wo das Fest noch in vollem Gange war. Immer wieder kamen sie an kleinen Gruppen vorbei, die draußen frische Luft schnappten. Alle lächelten oder wollten AJ die Hand schütteln. Lani hatte Mühe, mit ihm Schritt zu halten.
Zu sehen, wie jeder ihn und Lani für ein glückliches Paar hielt, das eine wunderbare Zukunft vor sich hatte, empfand AJ als ausgesprochen qualvoll. Wenn sie wüssten …
„So ernst, Arun?“ Ein älterer Mann, den AJ als Minister seines Vaters wiedererkannte, legte ihm freundschaftlich die Hand auf die Schulter. „Lastet die Verantwortung bereits so schwer auf dir?“
„Ich bringe nur Lani in ihre Suite. Sie ist müde.“
„Das kann ich mir vorstellen …“ Der Mann grinste ein wenig anzüglich, und Lani wurde rot.
Genau das wollte sie doch. So glaubte jeder, dass sie gerade miteinander geschlafen hatten. Bei dem Gedanken spürte AJ wieder dieses brennende Verlangen, das ihn nicht losließ, solange sie in seiner Nähe war. Dabei wusste er genau, dass er sich möglichst von ihr fernhalten sollte.
„Deine Mutter ist sehr glücklich. Und unser ganzes Volk freut sich über deinen Entschluss.“ Jetzt hatte sich auch die Frau des früheren
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