Ein koestliches Spiel
diesen Glanz war.
„Oh, ungefähr fünfzehn, denke ich“, antwortete sie. „Und von da an haben wir uns oft getroffen - heimlich natürlich. Seine Mutter ist gelegentlich gekommen, was nicht weiter außergewöhnlich war, da sie Phillip nicht mitbrachte. Und obwohl Großvater es nicht mochte, wenn sie kam, und ihr gegenüber schockierend unhöflich war, gab es keinen Grund für ihn, die Besuche zu untersagen.“ Sie lächelte bei der Erinnerung. „Mrs. Otterbury ist wirklich freundlich und hat allerlei Grobheiten in Kauf genommen, um uns zu besuchen.“
Es schien Gideon, als hätte Mrs. Otterbury eine Chance für ihren jüngeren Sohn erkannt. Von jedem der Merridew-Mädchen hieß es, es habe eine hübsche Mitgift; eine ehrgeizige Mutter würde sicherlich mehr in Kauf nehmen als eine unhöfliche Behandlung, wenn sie dadurch ihrem Sohn, der ansonsten unversorgt war, ein Vermögen sichern konnte. Seine Prudence war zu unerfahren, Berechnung in der plötzlichen Freundlichkeit ihrer Nachbarin zu erkennen.
Prudence fuhr fort, ohne etwas von seinen zynischen Überlegungen zu ahnen. „Die Kleinen liebten ihre Besuche besonders, da sie sich kaum noch an Mama erinnerten, und Mrs. Otterbury war so liebevoll und nett zu ihnen ... und irgendwie mütterlich. Wissen Sie, sie hat sie sogar ab und zu geherzt, und es war wunderbar - kleine Mädchen brauchen das, sie müssen oft gedrückt und geherzt werden.“
„Und die älteren auch“, warf er leise ein und hielt ihr seine Hand hin.
Sie schüttelte den Kopf, aber ihre Wangen wurden rot. „Sie denken, an Phillip binden mich nur Kindheitserinnerungen, nicht wahr, außer dem Versprechen und dem Ring? Da ist mehr. Ich wollte es eigentlich nicht erzählen. Aber vielleicht, wenn ich es tue, verstehen Sie es und hören auf mit diesem ... mit dieser ..."
„Werbung?“, half ihr Gideon.
Sie warf ihm einen Blick zu, den er nicht deuten konnte. „Lassen Sie mich bitte weiter erklären.“
„Gut“, lenkte Gideon ein, lehnte sich zurück und verschränkte die Arme vor der Brust, sichtlich bereit, weiter zuzuhören.
„Phillips Abreise nach Indien kam sehr plötzlich. Ich hatte keine Ahnung, dass er Weggehen würde, höchstens einen oder zwei Tage vorher erfuhr ich davon.“
Man ging nicht nach einem spontanen Entschluss einfach so von heute auf morgen nach Indien, um dort eine Stellung anzutreten, dachte Gideon. Es war ja nicht, wie die Postkutsche nach London zu nehmen. Die Reise nach Indien dauerte Monate. Zuvor mussten allerlei Vorkehrungen getroffen werden: Schiffspassagen buchen, Kleidung anfertigen lassen und Besorgungen machen, wie zum Beispiel Medizin gegen Tropenkrankheiten zu kaufen; die Liste war lang. Er würde wetten, Phillip war schon wochenlang mit Reisevorbereitungen beschäftigt gewesen, hatte es aber vorgezogen, Prudence aus irgendeinem Grund nichts davon zu erzählen.
„Es war furchtbar. Ich habe mir solche Sorgen gemacht“, erklärte Prudence. „Ich wusste ja nicht, ob ich ihn je Wiedersehen würde - es ist schrecklich gefährlich in Indien.“
„Das erzählte mir Miss Grace auch schon“, murmelte Gideon. „Nun, Phillip wollte, dass ich ihn heirate und mitkomme, aber natürlich war ich zu jung dafür, ohne Erlaubnis eine Ehe einzugehen, und Großvater wurde sowieso gerade mehr ..." Sie zögerte. „Vermutlich könnte man es unnachgiebig nennen. Daher konnte ich die Kinder nicht einfach bei ihm lassen, und Phillip sagte, Indien sei zu gefährlich für die jüngeren Mädchen.“
„Aber nicht zu gefährlich für eine Sechzehnjährige?“
„Oh nein, denn ich bin gar nicht empfindlich oder hilflos. Außerdem sagte Phillip, er könne mich ja vor Gefahren beschützen.“ Gideon gelang es, sich ein abfälliges Schnauben zu verkneifen. Er befand sich schließlich kaum in der Lage, jemanden zu kritisieren.
„Aber es wäre einfach nicht möglich gewesen, dass wir alle gingen, selbst mithilfe meiner Mitgift - in Papas Testament ist nämlich festgelegt, dass wir auch dann Geld erhalten, wenn wir ohne Erlaubnis unseres Vormunds heiraten, verstehen Sie - denn das war es schließlich, was er und Mama getan hatten.“
Gideon nickte. Er verstand in der Tat. Otterbury hatte versucht, eine einsame Sechzehnjährige dazu zu überreden, ihn heimlich zu heiraten, da er wusste, sie hatte eine ansehnliche Mitgift.
„Phillip machte mir seinen Antrag über dem steinernen Grabmal - so nennen wir Mamas und Papas Grab, und schauen Sie nicht so, es ist nicht wirklich ihr
Weitere Kostenlose Bücher