Ein koestliches Spiel
verwandelte sich ihr Inneres in geschmolzene Butter.
Er ließ einen weiteren folgen, und ihre Knie wurden weich.
Das war es, was sie rettete. Als ihre Beine zitterten und nachzugeben drohten, riss sie ihre Hand zurück, um sich festzuhalten. Wenigstens sagte sie sich das später.
Sie sank gegen das Fußende des Bettes, klammerte sich an den hölzernen Stäben dort fest und rang um Fassung.
Sie versuchte, sich zu ärgern, aber es gelang ihr nicht.
Sie versuchte, sich davon zu überzeugen, dass er ihre Unerfahrenheit ausgenutzt hatte, aber sie glaubte das selbst nicht. Die Wahrheit war ganz einfach, dass sie sich wieder in seine Arme werfen und sich von ihm auf den Mund küssen lassen wollte, statt auf die Hand. Und später konnte sie ihn ja vielleicht auf die Hand küssen und sehen, ob er es auch bis in die Zehenspitzen spürte, wie sie selbst.
Aber das ging nicht.
Sie mochte sich wünschen, frei zu sein, Lord Carradice zu lieben, aber sie war es nun einmal nicht. Sie hatte Phillip ihr heiliges Ehrenwort gegeben. Sie hatten Ringe getauscht und ...
Und sie hatten sich die Ehe versprochen.
Versprechen durfte man nicht leichtfertig geben. Sie machte wenig Versprechen, aber wenn sie es tat, dann ehrte sie sie. Sie war in ihrem Leben nicht in der Lage gewesen, über vieles zu bestimmen; sie hatte keine Wahl, wo sie lebte, mit wem, was sie anzog, wen sie sah, was sie aß oder wie sie und ihre Schwestern behandelt wurden. Das Einzige, was ihr wirklich gehörte, über das sie allein bestimmte, war ihre Ehre.
Doch verband sie und Phillip nicht nur das heilige Versprechen. Alter, bitterer Schmerz regte sich in ihr. Mit bebenden Händen begann sie, die Gegenstände auf seinem Nachttischchen ordentlich hinzulegen. Manche Dinge waren einfach zu schmerzhaft, um darüber zu grübeln.
„Was ist denn?“ Lord Carradice runzelte die Stirn, als er ihre plötzliche Unruhe bemerkte.
Sich seiner Beobachtung bewusst, zog sie das Kissen unter seinem Kopf heraus und begann, es vor sich aufzuschütteln, sodass er ihr Gesicht nicht mehr sehen konnte.
„Aua! Vorsicht. Das ist der Kopf, der den Pferdetritt abbekommen hat, haben Sie das schon vergessen? Und jetzt sagen Sie mir, was Sie quält.“
„Nichts“, erwiderte sie und wandte sich dem nächsten Kissen zu. Etwas zu tun, war besser, als zu fühlen. Wenn man genug zu tun hatte, blieb keine Zeit zum Grübeln.
„Sieht mir aber nicht nach gar nichts aus“, beharrte er. „Ihre Augen sind wie rauchige Teiche aus Kristall; jedes Gefühl spiegelt sich in ihnen wider.“
Prudence erstarrte. Rauchige Teiche aus Kristall ... Niemand hatte je etwas auch nur halb so Schönes über sie gesagt. Sie hatte ihre grauen Augen immer für langweilig und farblos gehalten, aber rauchige Teiche aus Kristall ... Rasch wandte sie den Blick ab, als ihr einfiel, dass sie dann womöglich auch ihre Gedanken widerspiegelten. Und wenn sie Gedanken verrieten, dann am Ende auch Geheimnisse ...
Er streckte den Arm aus und bemächtigte sich ihrer Hand. „Sagen Sie’s mir.“
Prudence kam flüchtig der Gedanke, dass sie das tun sollte. Obwohl sie nicht wusste, ob sie es ertrüge, wie er sie danach ansehen würde, so sollte sie es einfach hinter sich bringen und es ihm erzählen. Denn sie glaubte nicht, dass sie seinem zärtlichen Ansturm auf ihre Tugend länger würde standhalten können. Doch während sie in seine dunklen, besorgt blickenden Augen schaute, schob der Feigling in ihr den Moment der Wahrheit noch ein wenig auf.
„Es ist nicht fair, wenn Sie meine Prinzipien untergraben, einfach nicht beachten, was ich über meine Verlobung gesagt habe.“
„Haben Sie es noch nicht gehört? Im Krieg und in der Liebe ist alles ...“
Sie fiel ihm ins Wort. „Aber Sie sind hier haushoch im Vorteil.“
Er berührte seinen Verband und schaute sie seelenvoll an. „Ehrlich?“
„Ja, und hören Sie auf, mich so anzusehen. Sie wissen sehr gut, was ich meine. Phillip kann sich nicht mit Ihnen messen. Er ist weit weg, auf der anderen Seite der Welt, während Sie hier sind.“ Er machte aus seiner Befriedigung darüber keinen Hehl, daher fügte sie vernichtend hinzu: „Ständig vor den Füßen. Er war kaum mehr als ein Junge, als ich ihn das letzte Mal gesehen habe, wohingegen Sie ein Mann von geübtem Charme sind. Oft geübtem Charme.“
Er schnitt eine Grimasse.
„Sie müssen gar nicht so ein Gesicht ziehen. Sie wissen, dass es stimmt, ob es Ihnen nun gefällt oder nicht. Und hübsche Komplimente
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