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Ein koestliches Spiel

Titel: Ein koestliches Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Gracie
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Prudence war zu verblüfft, um etwas anderes zu tun, als Neffe und Tante anzustarren. Sie konnte sehen, wie Lord Carradice eine dickliche alte Dame im Kreis wirbelte, dabei lachte und sie mit starken, beschützenden Armen hielt. Doch im Geiste, in einer geheimen Ecke ihres Herzens, war die Dame in seinen Armen nicht seine Tante, sondern ...
    „Keine Sorge, Tante Gussie.“ Gideon wirbelte sie ein letztes Mal herum. „Du bist so leicht wie eine Feder. Meine Verwundung ist nicht so schlimm, dass ich nicht meine Lieblingstante umarmen könnte.“
    „Ach was!“, erklärte Tante Gussie, als sie schließlich aus seiner Umarmung auftauchte und dabei wie eine zerzauste, aber entzückte Glucke aussah. Um Strenge bemüht, fügte sie hinzu: „Es sind nicht deine Arme, um die ich mich sorge, sondern meine Würde.“
    Gideon lachte kurz und drückte sie neuerlich an sich.
    „Schrecklicher Junge - er hatte noch nie Manieren, wissen Sie“, vertraute sie Prudence an, während sie ihren Neffen verscheuchte. „Ach, hör auf, Gideon, bitte. Mach dich lieber nützlich und finde für deine junge Dame einen Platz! Hier drüben.“ Sie deutete auf ein karmesinrotes Samtsofa.
    Gideon verneigte sich und führte Prudence übertrieben fürsorglich durch den Raum.
    Prudence, der von dem Durcheinander von hervorgesprudelten Worten noch ein wenig schwindelig war, ließ es geschehen.
    Deine junge Dame. Sie kam sich wie eine Hochstaplerin vor. Sie setzte sich aufs Sofa, und Lord Carradice ließ sich dicht neben ihr nieder. Sehr dicht. Sie konnte seine Körperwärme durch ihr Kleid hindurch spüren und rutschte ein Stück weg.
    „Verstehe“, sagte er leise. „Nur in Kutschen schmiegen Sie sich an mich.“
    Prudence warf ihm einen tadelnden Blick zu. Sie sagte nichts, aber seine Worte riefen in ihr wieder - wie er es zweifellos auch beabsichtigt hatte - die Erinnerung an jene langen Stunden vertrauter Nähe auf ihrer Reise wach. In manchen Dingen war er völlig prinzipienlos. Er bewegte sein Bein, und sie spürte sogleich wieder seine Wärme. Diesmal rückte sie ein Stück ab und stellte ihr Retikül zwischen ihn und sich. Er seufzte theatralisch.
    Tante Gussie legte Grace ihren rundlichen Arm um die Mitte und lächelte strahlend. „Und du musst die kleine Grace sein, das Baby der Familie - ach je, du wirst aber in ein paar Jahren reihenweise Herzen brechen! Du siehst deiner Schwester Charity so ähnlich, bis auf die Farben. Sie und Edward sind übrigens schon vor einigen Stunden angekommen und dann in die Stadt gefahren, um ein paar Erledigungen zu machen. Gideon, du hast mir gar nicht erzählt, dass die Schwestern auch so schön sind. Kein Wunder, dass ihr beide, du und Edward, keine Chance hattet. Schwestern! Himmel, wird das einen Aufruhr unter den Klatschtanten geben! Aber darum kümmern wir uns gar Prudence schaute sie verwundert an. Gideon beugte sich vor und zog die Stirn in Falten, worauf seine Tante abbrach und hastig erklärte: „Nein, nein - ich sage nichts. Grace, Mädchen, nimm doch diesen hübschen kleinen Stuhl hier, es ist mein Lieblingsstuhl. Findest du ihn nicht auch schön?“ Grace nickte und drückte der kleinen älteren Dame zögernd den Arm. „Ach, du liebes Kind.“ Lady Augusta zog Grace an sich. „Ich bin ja so froh, dass ihr gekommen seid, um bei mir zu wohnen. Meine schlimmen Neffen haben ausnahmsweise einmal das Richtige getan. Wir werden eine so wunderbare Zeit haben!“ Sie tätschelte Grace die Wange und strich ihr mütterlich eine weiche Locke aus der Stirn. „Und ihr habt alle beide so wunderschönes herrliches Haar! Ich wollte auch immer rote Haare! “
    Vier Augenpaare richteten sich verwundert auf die schimmernde tizianrote Lockenfrisur auf ihrem Haupt.
    Völlig unbeeindruckt lachte sie und strich sich über ihre Haare. „Ach, meine Lieben, das ist nicht natürlich. Aber wie ich immer sage, wenn die Natur mir nicht zu Gefallen sein will, ein guter Coiffeur wird es bestimmt. Meine eigene Haarfarbe ist ein langweiliges Mausbraun, was ich einfach nicht ertragen konnte, denn ich bin und war noch nie in irgendeiner Hinsicht mausig.“ Plötzlich hörte Prudence im Geiste wieder Lady Augusta sagen: Du hast mir gar nicht erzählt, dass die Schwestern auch so schön sind.
    Auch? Prudence erwog die Worte gründlich. Gleichgültig, aus welchem Blickwinkel sie es auch betrachtete, ihre Äußerung deutete an, dass Lord Carradice ihr ... Sachen ... über Prudence gesagt hatte. Aber was? Und vor allem

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