Ein koestliches Spiel
Edward schwebt praktisch auf Wolken. Aber ich muss mit Prudence sprechen, und sie geht mir aus dem Weg.“
Seine Tante warf die Arme hoch. „Ihr seid alle zu vernarrt, um irgendetwas zu begreifen! Und daher bleibt es mir überlassen, dafür zu sorgen, dass die Arrangements genau richtig sind - Blumen, Menüs und Champagner und allerlei anderes. Edwards Haus muss in Ordnung gebracht werden, und von Brautkleidern wollen wir gar nicht erst reden.“
„Sie hat doch aber gesagt, sie habe genug Kleider.“
Seine Tante bedachte ihn mit einem verächtlichen Blick. „Du kannst doch nicht allen Ernstes annehmen, dass ich einem so schönen Kind gestatte, in einem Kleid zu heiraten, das sie vorher schon einmal anhatte, oder Gideon? Hast du vergessen, mit wem du sprichst?“ Sie schüttelte tadelnd den Kopf. „Ich habe einen Ruf zu wahren, und ich will nicht, dass man sagt, ich hätte das hübscheste Mädchen von England unter meiner Obhut gehabt, und ihm erlaubt, in einem alten Kleid vor den Altar zu treten.“ „Prudence ist viel hübscher, und außerdem kann Charitys Kleid wohl schwerlich alt sein, denn sie hat gesagt... “
„Pah! Geh mir aus dem Weg, du dummer Junge. Ich kann nicht noch mehr Zeit damit verschwenden, alberne Wortgefechte mit einem Mann zu bestreiten, der nur eines im Kopf hat.“ Sie scheuchte ihn zur Seite wie ein lästiges Insekt und eilte geschäftig an ihm vorbei.
„Tante Gussie!“ Gideon war entsetzt.
Seine Tante drehte sich um, und ihre schwarzen Knopfaugen funkelten übermütig. „Stimmt doch, oder, Frauenheld Carradice?“ Sie legte den Kopf schief und warf ihm einen wissenden Blick zu. „Oder willst du mir weismachen, die Idee, Miss Prudence in dein Bett zu holen, wäre dir nie in den Sinn gekommen?“
Zu seiner Erbitterung spürte Gideon, wie er rot wurde. „Nun, verflucht, natürlich ist es mir in den Sinn gekommen - aber nur auf die ehrenhafteste Weise“, antwortete er.
„Sagt der Mann, der geschworen hat, ganz bestimmt niemals zu heiraten.“ Sie blickte ihm ins Gesicht und lachte. „Du bist ja ganz rot geworden! Der abgebrühte Schürzenjäger wird wahrhaftig rot.“
„Wenn ich rot werde, dann nur wegen deiner schrecklichen Manieren, Tante Gussie.“ Gideon suchte verzweifelt einen Rest Würde. „Es ist kaum ein angemessenes Verhalten für eine Tante, einen erwachsenen Mann über sein Liebesleben zu befragen! Deine Zeit in Argentinien hat ...“
Tante Gussie lachte entzückt auf. „Der Lebemann hält Vorträge über Sitte und Anstand - oh, wie köstlich! Wenn ein Schürzenjäger fällt, dann fällt er so hart!“ Sie hob eine Hand und tätschelte ihm die Wange. „Es macht gar keinen Sinn, mir von deinen Ab-sichten - ehrenhaft oder nicht - zu erzählen, lieber Junge, denn ich bin nur deine Tante. Sprich mit Miss Prudence darüber, und verschwende nicht mehr von meiner Zeit! Ich habe eine Hochzeit zu organisieren!“
„Ja, aber das genau ist doch das Problem“, erwiderte Gideon aufgebracht. „Sie will mich noch nicht einmal sehen.“
Aber seine Tante war schon aus dem Zimmer gesegelt wie ein kleines Kriegsschiff unter einer steifen Brise.
„Und was ist mit diesem Band? Denkst du, es passt zu dem neuen Kleid oder nicht? Oder hat es nicht die richtige Blauschattierung?“ Die Merridew-Schwestern standen in einem Laden für feine Stoffwaren und beugten sich stirnrunzelnd über das Band.
„Vielleicht ein Hauch zu viel Lavendel im Farbton. Was ist mit diesem hier, Charity?“, erkundigte sich Faith. Charity biss sich unentschlossen auf die Lippe.
„Bring sie ans Fenster, damit wir sie im Tageslicht mit dem Satin vergleichen können“, entschied Prudence.
Sie traten ans Fenster und hielten verschiedene Bänder an das kleine Stückchen himmelblauen Seidensatins, aus dem Charitys Brautkleid geschneidert wurde. „Ich denke, das dunklere Blau wird am besten aussehen auf ...“, begann Charity.
„Sieh nur! Phillip! Er ist es! Er ist es!“, rief Hope plötzlich. „Da draußen, Prudence. Auf der Straße. Siehst du ihn? Also habe ich mich neulich nicht geirrt!“
Prudence schaute dorthin, wo ihre Schwester hinzeigte, und erstarrte. Phillip? Sie blickte durch das Fenster. Es war Phillip. Er war hier und schlenderte eine Straße in Bath entlang. Vage nahm sie wahr, dass die Bänder ihren schlaffen Fingern entglitten. Wie aus der Feme hörte sie ihre Schwestern rufen und aufgeregt miteinander schwätzen, während sie noch damit rang, das zu begreifen, was sie sah.
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