Ein koestliches Spiel
Edward. Mädchen sind so viel mehr beeindruckt von deinem Titel als von meinem.“
Die Augen des Dukes wurden schmal, aber er sagte nichts. Schließlich ergriff Großonkel Oswald das Wort. „Sie, mein Herr, sind eine Schmach für Ihren Namen und Ihren Stand. Einem jungen Ding hanebüchene Geschichten aufzutischen, um sie zu beeindrucken, ist eine Sache; sich als Duke auszugeben und mit ihr eine heimliche Verlobung einzugehen, etwas völlig anderes! Und dieses bedauernswerte Geschöpf hat darauf gewartet, dass Sie mit ihrem Großvater oder mir sprechen - wie es ein echter Mann tun sollte -, fast viereinhalb Jahre lang!“
„Viereinhalb Jahre, viereinhalb Monate, viereinhalb Minuten ...“ Lord Carradice schaute Prudence seelenvoll an. „Zeit ist ohne Bedeutung, wenn man verliebt ist.“
Der Duke runzelte die Stirn, musterte seinen Cousin durchdringend, dann richtete er seinen Blick auf Prudence.
Prudence wusste nicht, ob sie Lord Carradice küssen oder erwürgen sollte. Sie war dankbar, dass er sie nicht bloßgestellt hatte, natürlich war sie das. Aber dieses Gerede von Liebe machte alles wieder schlimmer. Sie hatte die falsche Verlobung gelöst, und er war vom Haken gewesen. Wenn er nur ruhig sein wollte, könnte sie gehen, und obwohl Großonkel Oswald verärgert sein würde, wäre es vielleicht doch nicht das komplette Desaster, das sie noch vor wenigen Minuten befürchtet hatte.
„Komm, Großonkel Oswald, lass uns gehen“, sagte sie mit leiser Stimme. „Ich habe nicht den Wunsch, dass meine Dummheit weiter diskutiert wird. Meine Verlobung ist ohne Schaden für eine der beiden Seiten beendet, und ich wäre dankbar, wenn wir unverzüglich aufbrechen könnten.“ Sie nahm den Arm des älteren Mannes und versuchte, ihn zur Tür zu lenken. Aber Großonkel Oswald sperrte sich. Er schaute finster von Lord Carradice zu dem Duke und wieder zurück.
„So ist das also, was?“
Niemand antwortete. Prudence zog an seinem Ärmel - vergebens.
„Sie verloben sich mit meiner Großnichte auf ausgesprochen zwielichtige Weise und unter falschem Titel, dann lassen Sie das Mädchen vier Jahre lang zappeln. Und jetzt muss ich auch noch feststellen, dass Sie sich heimlich und ohne Anstandsdame mit ihr...“
„Nein, nein. Ich habe Lily mitgenommen!“
Großonkel Oswald winkte ab. „Vor der Tür in der Halle. Das zählt nicht.“
„Und dann war da noch der Butler. Er war fast die ganze Zeit bei uns“, fügte Prudence in einem verzweifelten Versuch hinzu.
„Pah! Butler sind bestechlich.“
Ein beleidigtes Schnauben war vor der Tür zu hören.
Lord Carradice grinste. „Bartlett bestechen? Das ist so teuer! “
„Sei es, wie es wolle“, erklärte Großonkel Oswald, „das Mädchen ist zu sehr kompromittiert von ...“
„Nein“, rief Prudence, die begriff, dass Großonkel Oswald auf einer Heirat beharren wollte. „Kompromittieren ist hier nicht von Bedeutung. Ich weigere mich strikt. Die Verlobung ist vorbei. Ich kann keinen Mann heiraten, der so ... so ... ist wie er! “ Außerstande, eine passende Bezeichnung zu finden, deutete sie angewidert auf Lord Carradice. Sie versuchte, ihm mit ihrem Blick eine Botschaft zu senden, ihrer Führung zu folgen.
Lord Carradice öffnete den Mund, um etwas zu sagen. Prudence entspannte sich ein wenig.
„Was, wenn ich mich rasiere?“, fragte er. „Ich sehe viel besser aus, wenn ich rasiert bin. Mein Cousin kann das bestätigen - sehe ich nicht fast gut aus, wenn ich frisch rasiert bin, Edward?“ Er wartete die Antwort des Dukes nicht ab, sondern wandte sich mit ernster Miene an Prudence. „Denkst du nicht, du könntest mich heiraten, wenn ich mich rasierte?“ Der Duke runzelte die Stirn und starrte Lord Carradice eindringlich an. Lord Carradice schenkte ihm keine Beachtung.
Der Mann war unmöglich! Prudence schaute ihn wütend an. „Nein“, erwiderte sie. „Ich würde Sie nicht heiraten, selbst wenn Sie der letzte Mann auf Erden wären! Sie sind ein kompletter ... ein völliger ...“ Sie wedelte ungeduldig mit der Hand, aber ihr fehlten die Worte. Alles, was ihr einfiel, war Vogelscheuche, Schuft, zwielichtiger Schurke oder unrasierter Flegel, und wenn sie eines davon laut sagte, würde sie haltlos lachen müssen, das wusste sie.
Es war unmöglich. Die ganze Sache war vollkommen außer Kontrolle geraten. Sie hatte alles versucht, und jetzt sah sie nur noch einen Ausweg.
Und so wurde sie ohnmächtig.
Es war eine sehr schöne Ohnmacht, dachte sie, zumal sie
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