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Ein koestliches Spiel

Titel: Ein koestliches Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Gracie
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ihren - Händen kann man nicht gut sagen, aber was sonst? - Pranken? Reißzähnen?“
    Gideon wollte sich keinen Spekulationen hingeben, sondern ging dem springenden Punkt ihrer kleinen Rede auf den Grund. „Warum denkst du, dass er tot ist?“
    „Weil er Prudence seit Monaten schon keinen Brief mehr geschrieben hat. Und auch wenn Prudence sagt, es läge daran, dass die Post aus Indien nur unzuverlässig ankommt wegen der dauernden Stürme oder gesunkener Schiffe, ertrunkener Passagiere ...“ Er fiel ihr mitten in ihrer schaurigen Aufzählung ins Wort. „Sie ist sehr unzuverlässig.“
    „Ja, und Prue sagt, eine Verlobung mit jemandem zu lösen, der unter so schrecklichen Bedingungen arbeiten muss wie Phillip in Indien, ist so schlimm, wie ein Versprechen zu brechen, das man einem Soldaten gegeben hat, der in den Krieg gezogen ist. Das verstehe ich. Es ist eine Ehrensache, nicht wahr?“
    Gideon nickte nachdenklich. Also hatte Miss Prudence es in Erwägung gezogen, ihre Verlobung zu lösen.
    „Aber es hat noch nie so lange gedauert, bis er geantwortet hat, und man sollte doch meinen, er würde antworten, wo unsere Not so groß ist.“
    „Hmm.“ Gideons Gedanken überschlugen sich. „Ja, ich sehe selbst, dass die Not groß ist, Prudence lächelte und nickte, antwortete fast automatisch, während ihre Bekannten sie vorsichtig darüber ausfragten, wie es komme, dass sie mit einem berüchtigten Lebemann im Park spazieren ginge. Sie ertrug die höfliche Konversation so gut sie konnte, beobachtete aber die ganze Zeit ihre Schwester und Lord Carradice aus dem Augenwinkel. Sie wollte dringend zu ihnen zurückgehen. Grace würde alles Mögliche arglos ausplaudern. Der Mann konnte mit seinem Charme sogar einem Holzpfosten Informationen entlocken, und Grace war bestimmt kein Holzpfosten. Ihre kleine Schwester lachte und schwätzte fröhlich, während Lord Carradice ihr seine ganze Aufmerksamkeit schenkte. Was erzählte sie ihm?
    Prudences Gefühle waren gemischt. Auf der einen Seite war es wundervoll, Grace so glücklich und unbeschwert zu sehen. Sie war im letzten Jahr auf Dereham Court so still und trübsinnig geworden, aber ein paar Momente in Lord Carradices Gegenwart reichten aus, und schon lächelte sie und plauderte wie jedes andere zehnjährige Mädchen. Einmal hatte sie sie sogar kichern gehört. Prudence war sich nicht bewusst gewesen, wie lange es her war, dass sie Grace kichern gehört hatte. Dafür allein schuldete sie Lord Carradice Dankbarkeit.
    Es war nicht einfach leerer Charme. Er war freundlich zu Grace gewesen, einfühlsam auf ihre Faszination für Ägypten eingegangen. Viele modische Herren hätten sich über ihr Interesse an einer längst vergangenen Modetorheit lustig gemacht, er aber hatte Grace darin bestärkt und dafür gesorgt, dass sie sich wichtig vorkam. Und jetzt sah er aus, als hörte er ihr gespannt zu. Nicht viele Männer von Welt würden sich die Mühe machen, ein Kind aus der Reserve zu locken. Viel eher würden sie ihre Augen schweifen lassen auf der Suche nach interessanteren Ablenkungen, aber soweit sie es erkennen konnte, waren Lord Carradices Augen nur einmal von Grace zu ihr selbst abgeschweift. Dafür schuldete sie ihm wiederum Dank, denn Grace musste lernen, dass Männer nett sein konnten, dass nicht alle Männer wie Großvater waren.
    Dies alles waren ausgezeichnete Gründe, warum sich Prudences Herz für Lord Carradice erwärmen müsste. Doch stattdessen bestärkten sie sie nur in dem Entschluss, ihn weiterhin zu meiden. Es bedurfte gar nicht Lady Jerseys Warnungen, dass er eine fatal charmante Klapperschlange war und man sich nicht auf seine Beständigkeit verlassen konnte.
    Sie wusste alles über seinen fatalen Charme. Er zog sie unwiderstehlich an - der Wüstling in ihm schien eine bis dahin unbekannte weibliche Schwäche in ihr anzusprechen. Die niederen Triebe, von denen Großvater so oft gesprochen hatte und an die sie nie geglaubt hatte - bis Lord Carradice ihren Weg kreuzte.
    Derart beunruhigende Triebe in sich zu entdecken, gab sicher Anlass zur Sorge, und in der Tat, wenn sie in Ruhe und mit klarem Verstand und außer Reichweite seines Charmes war, machte ihr das Sorgen. Aber wenn sie in Lord Carradices Nähe war ... dann schienen ihre beklagenswerten niederen Triebe die Oberhand zu gewinnen.
    Aber das war nur ein Teil der Gefahr. Prudences kurze Zeit in London hatte sie gelehrt, dass sie, da sie in einer Atmosphäre grausamer Härte aufgewachsen war, gegen

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