Ein Komet fält vom Himmel
feist über die Bildschirme grinste.
Auch Herp selbst sah es … er lag auf dem Bett, hatte sich Garrisons Beschwichtigungsrede angehört und starrte nun sein gezeichnetes Gesicht an.
»Es hat keinen Zweck mehr, Dick«, sagte er, als auf einem anderen Kanal noch einmal Garrisons Rede ausgestrahlt wurde. »Diese letzte Wahrheit ist nicht mehr zu unterdrücken.«
Er wartete noch einmal sein Bild ab, stellte dann den Fernseher ab und ging hinunter in die Hotelhalle. Er hatte auf Perücke und Brille verzichtet, und der Portier, ein Neger, starrte Herp an und tippte an die Mütze.
»Ein Zimmer, Sir?« Dann erst kam ihm zum Bewußtsein, daß der Fremde aus dem Fahrstuhl kam. »Wo kommen Sie her?«
»Sei schön brav, Blacky, und gib mir das Telefon –«, sagte Herp. Er holte sich den Apparat herüber, wählte die Nummer des FBI und sagte, als sich die Zentrale meldete: »Euren Boß bitte.«
»Was wollen Sie?« fragte eine Stimme ein paar Sekunden später. Herp Masters zögerte. Noch drei Tage, dachte er. Sollen sie mich einsperren, mir ist alles egal. Lil hat mich verraten … Schwamm drüber. Es geht eben alles zu Ende. Am 5. Januar werden sie sowieso alle Türen aufreißen, auch die vom Knast … jeder Mensch soll in Freiheit sterben!
»Hier ist Herp Masters!« sagte er laut. »Stellt das idiotische Bild im Fernsehen ab! Ihr könnt mich abholen. Hack's Hotel! Ich warte in der Halle. Ende.«
Dann lächelte er den Negerportier an, der bis zur Wand zurückgewichen war und ihn wie einen Geist anstarrte.
»Sing dein Lied vom Großen Lord, Boy«, sagte Masters langsam. »Und dann besauf dich. Jetzt hilft dir kein Gott mehr …«
Er setzte sich in einen der zerschlissenen Sessel, schlug die Beine übereinander und wartete.
Genau sechs Minuten später hörte er die heulende Sirene eines heranrasenden Polizeiwagens. Die Bremsen quietschten schauerlich, als der Wagen vor Hack's Hotel stoppte.
Herp Masters erhob sich, winkte dem Negerportier zu und verließ, die Hände in den Taschen, das Hotel. Vor der Tür standen die Polizisten und bildeten fast ein Spalier, durch das Herp Masters mit einem freundlichen Kopfnicken hindurchschritt.
Auf den Ausfallstraßen aber kam es in dieser Stunde zu der ersten Schlacht zwischen flüchtenden Autofahrern und den absperrenden Polizisten und Armee-Einheiten.
Die große Panik hatte begonnen.
3. Januar.
Der Komet war jetzt deutlich am Himmel zu sehen. Sein ungeheurer Feuerschweif überzog das Firmament, seine Korona strahlte heller als der Vollmond – er beherrschte das für den Menschen sichtbare Weltall vollkommen.
Herp Masters' Artikel, nur in den USA bekannt und sonst in der ganzen Welt verschwiegen, obwohl die großen Nachrichtenagenturen den Wortlaut um den Erdball funkten, bewies jetzt seinen Wahrheitsgehalt.
›Dieser Stern‹ – so nannte der Volksmund den Kometen Kohatek – konnte gar nicht mehr an der Erde vorbeifliegen. Deutlich war es sichtbar, daß er mit ungeheurer Geschwindigkeit immer näher kam, jeder sah, wie Kopf und Schweif immer größer wurden … er raste die noch fehlenden Millionen Kilometer zur Erde herab wie ein Amokläufer. 50 Kilometer in der Sekunde, eine Kugel von 100.000 Kilometer Durchmesser, das ist achtmal soviel wie der Durchmesser der Erde. Es gab nichts, was den Untergang allen Lebens mehr aufhalten konnte.
Während in der übrigen Welt der Artikel von Masters kritisch aufgenommen wurde und die von allen Sternwarten und wissenschaftlichen Instituten eingeholten Auskünfte ebenfalls keine Klarheit brachten, standen die Menschen in Zentraleuropa auf den Straßen, an den Fenstern oder hockten auf den Dächern und beobachteten und fotografierten das ›Schauspiel des Jahrhunderts‹.
Über das, was in den USA gerade geschah, schwieg alles. »Es gibt Dinge«, sagten die Chefredakteure der Zeitungen und Sender, »über die berichtet man nicht, auch wenn Journalismus zur absoluten Wahrheit verpflichtet. Wenn Wahrheit zur Katastrophe wird, ist Schweigen mehr als Reden.« Außerdem taten die meisten sowieso alles als ›typisch amerikanische Hysterie‹ ab und lächelten mokant über die ›ewig kindlichen Amerikaner, die alles glaubten‹.
Ingmar Gustafsen, der schwedische Astronom, der zuerst impulsiv Mortonsons Berechnungen falsch genannt hatte, schwieg schon lange, isoliert wie alle seine Kollegen, die jetzt klar die fürchterliche Tatsache erkannten. Selbst der temperamentvolle Jean Cobernet, der Mortonson einen Spinner geschimpft hatte,
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