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Ein Komet fält vom Himmel

Ein Komet fält vom Himmel

Titel: Ein Komet fält vom Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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kein Wort gesprochen.
    »Aber am 6. Januar schicke ich Sie auf die Straße, Herp!«
    »Das dürfen Sie, Sir.«
    Die Funkmeldungen und Fernschreiben wurden zu einem Papierberg. Mehrere tausend Polizisten waren allein in New York unterwegs, um Plünderer festzunehmen oder einfach zu erschießen. Die Auflösung aller staatlichen Autorität hatte begonnen … es wurden sogar Polizeibeamte erschossen, die sich an dem Plündern verlassener Geschäfte beteiligten.
    Mehrere tausend Menschen hatten die Bahnbetriebswerke gestürmt und machten, nachdem man die Wachen erschlagen hatte, die abgestellten Züge flott. Es war eine Wahnsinnstat, denn kein Stellwerk war mehr besetzt, keine Weiche konnte mehr bewegt werden, kein Signal leuchtete mehr, alles war abgestellt. Es war vorauszusehen, daß die Züge sich gegenseitig auf den Strecken rammen und die Waggons zu einem Massengrab würden.
    Aus dem Weißen Haus kam der Befehl, das Chaos rücksichtslos zu brechen. Aber war das noch möglich? Nach Schätzungen waren jetzt bereits sieben Millionen unterwegs, und schon kam aus dem Süden die Nachricht, daß auch von San Franzisco und Los Angeles aus Autokolonnen in die Gebirge aufbrachen.
    Die Panik griff immer weiter um sich. In einer Stunde würden es vierzehn Millionen sein, dann zwanzig, dann vierzig Millionen.
    Ein ganzer Kontinent auf der Flucht, sich gegenseitig ermordend für einen Höhlenplatz …
    In Europa, dort, wo der Komet Kohatek aufschlagen sollte, war es dagegen still. Hier waren die Menschen völlig ahnungslos, die Nachrichtensperre war vollkommen, die Abschirmung lief mit einer fast genialen Präzision. Sieben kleine Zeitungsmacher, die Herp Masters' Artikel doch abdruckten, wurden sofort verhaftet, die Zeitungen eingezogen, durch eine europäische Gemeinschaftssendung im Fernsehen lächerlich gemacht. Man strahlte einen Bunten Abend als Eurovisions-Sendung aus. Titel: ›Frau Venus kommt zu Besuch‹. Ein dämlicher Titel, aber er gab Freiheit für eine Masse Blödeleien über Kometen, Sterne und Monde.
    Auf den Redaktionstischen aber stapelten sich die Funkbilder des Grauens.
    »Am 5. Januar, ab 0 Uhr, sollen alle Glocken läuten«, gaben die Kirchenleitungen an alle Pfarrer weiter. »Alle Kirchen sollen offen sein.«
    Die Menschheit, der eine Teil wissend, der andere ahnungslos, ging dem Ende entgegen.
    Der Arzt, der zu Peter Pohle hinaufkam, gehörte zur Station W1 /3, zur Frauenabteilung also, und wußte nicht, was hier im Männerflügel geschehen war. Er wunderte sich nur, daß weder Stationsarzt noch Oberarzt, noch Pfleger anwesend waren, und konnte mit der Antwort des Polizisten: »Ich weiß auch nichts!« wenig anfangen.
    »Meine Frau hat die Nerven verloren«, sagte Peter Pohle höflich. Dann lächelte er über diesen makabren Satz, denn daß jemand in einer Irrenanstalt die Nerven verliert, ist nichts Absonderliches.
    »Ich muß erklären«, sprach er deshalb weiter, »daß ich der Patient bin und meine Frau nur zu Besuch da ist. Meine Frau braucht ein Beruhigungsmittel.«
    »Er will uns töten …«, stammelte Erika und umfaßte wieder die schlafenden Zwillinge. »Er will uns am 5. Januar vergiften …«
    »Am 4. Januar, nachts, um präzise zu sein«, sagte Peter Pohle ernst.
    »Natürlich.« Der Arzt nickte zustimmend. Als Psychiater kommt man mit anderen Problemen in Berührung, da sind solche harmlosen Morddrohungen kleine Fische. Er sah Dr. Pohle freundlich an und zeigte auf einen Stuhl. »Setzen Sie sich bitte. Um wieviel Uhr wollen Sie sie vergiften?«
    »Die Zeit spielt keine Rolle.«
    »Aber es muß in der Nacht sein, am 4. Januar?«
    »In der Nacht vom 4. zum 5. Januar, ja.«
    »Sehr schön. An welches Gift haben Sie dabei gedacht?«
    Dr. Pohle sah den Arzt nachdenklich an. Dann lächelte er wieder mit einem bitteren Zug um die Lippen. »Sie reden mit mir wie mit einem Irren. Das ist Ihr gutes Recht, Sie wissen es nicht anders. So, wie wir uns benehmen, müssen wir für jeden normal Denkenden verrückt sein. Aber ich bin völlig normal …«
    »Daran ist kein Zweifel«, sagte der Arzt höflich. Irren muß man im Gespräch immer recht geben, das ist eine Grundweisheit. Dann sprudelt alles aus ihnen heraus.
    »Er ist wirklich verrückt!« rief Erika. Sie lag über ihren Kindern und deckte sie mit ihrem Leib zu. »Er will uns alle töten, weil er berechnet hat, daß der Komet mit der Erde zusammenstößt.«
    »Aha!« Der Arzt lächelte jovial. »Der Komet. Der Kohatek. Und Sie haben das berechnet.

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