Ein Konkurrent zum Kuessen
ihn die Beziehung zu seinem Vater beendet gewesen.
Als die Musik verklang und er sich aufs Sofa setzte, ergriff ihn ein leichtes Unbehagen – wie immer, wenn er daran dachte, auf wie viele Menschen sich die Lügen und der Betrug seines Vaters ausgewirkt hatten. Er hatte unzählige Familien finanziell ruiniert.
Und die Gäste bei Seaborn’s hatten Jax an diesem Abend mit ihrer Reaktion gezeigt, dass sie sich seiner Verwandtschaft mit dem Mann sehr bewusst waren, der sie um Millionen betrogen hatte.
Jax musste ein Unternehmen an die Spitze führen. Und heute Abend hatte er den ersten Schritt machen wollen. Dafür hatte er sich zwar eine Einladung erschlichen, aber nach seinem Eintreffen und der Begegnung mit Ruby hatte er nicht mehr an Geschäftliches, sondern ans Vergnügen gedacht. Dekadentes, sinnliches Vergnügen, die ganze Nacht.
Er wollte sie. Und was Jax Maroney wollte, das bekam er in der Regel auch.
Das verdankte er seinem Vater, der eine weiche Seite besaß und ihm als Kind jeden Wunsch erfüllt hatte. Sein Dad hatte ihn von der Schule abgeholt, zum Fußball gebracht und mit ihm im Park Kricket gespielt. Er hatte Jax von der Seitenlinie aus Tipps zugerufen, ihm bei seinen Projektarbeiten für die Schule geholfen und sein Fahrrad repariert. Denver hatte sich von ihm beim Ringen besiegen lassen, mit ihm ein Baumhaus gebaut und mit ihm gezeltet. Er hatte sich immer Zeit für Jax genommen.
Jax ballte die Finger zu Fäusten und schlug auf die Armlehne des Sofas. Er wollte jetzt nicht darüber grübeln, dass er dank Denvers Ruf mit seinem Übernahmeangebot nicht vorankam. Doch die Frau, die inmitten seines Plans stand, hatte sein Interesse geweckt.
Von Sapphire Seaborn hatte er schon gehört und sich darauf vorbereitet, sich einen kleinen Machtkampf mit der nicht gerade als kompromissbereit bekannten Geschäftsfrau zu liefern. Dass ihn jedoch eine schlagfertige Blonde bezaubern und mit ihrem energischen, entschlossenen Auftreten beeindrucken würde, damit hatte er nicht gerechnet.
Als Ruby erfahren hatte, wer er war, hatte sie mit Temperament, Verärgerung und Trotz reagiert. Allein bei der Erinnerung verspürte Jax heftige Erregung. Leider jedoch konnte er seinem Verlangen nicht nachgeben, denn Ruby Seaborn besaß etwas, das er unbedingt haben wollte. Und er war entschlossen, es auch zu bekommen.
Ruby hatte drei Tage lang mit der Buchhalterin von Seaborn’s über den Geschäftsbüchern gebrütet, bis ihr die Augen wehtaten. Zahlen waren nicht ihre Stärke, doch sie hatte zugehört, viel gelernt – und hyperventiliert.
Wie man es auch drehte und wendete, sie würden kein Wunder vollbringen können. Sofern Seaborn’s nicht plötzlich finanzielle Mittel in erheblichem Umfang zuflossen oder sie in wichtigen Bereichen massiv Kosten einsparten, wären sie bald pleite.
Ihr kamen die Tränen. Normalerweise reagierte sie nicht schnell emotional, aber seit sie die Last der Geschäftsführung auf den Schultern trug, war sie nahe am Wasser gebaut. Keine guten Voraussetzungen für einen letzten verzweifelten Rettungsversuch.
Kein Wunder also, dass sie an diesem Samstag nicht die geringste Lust hatte, zum Pferderennen zu gehen. Doch ein Konkurrent hatte sie zu seiner Präsentation eingeladen, und Ruby wollte nicht unhöflich erscheinen. Wenn Seaborn’s schon kurz vor dem Ende stand, dann wollte sie wenigstens erhobenen Hauptes die Bühne verlassen.
Am Flemington Racecourse schlenderte Ruby umher, gab Bekannten Luftküsschen, begrüßte Branchenkollegen, lächelte, obwohl sie sich nicht danach fühlte, und betrieb Small Talk wie ein Profi. Wie schafft Sapphie es nur, so etwas regelmäßig zu tun? Und dann hat sie dieses Geheimnis auch noch monatelang mit sich herumgeschleppt: dass ihr Familienunternehmen, das sie so liebt, pleitegehen wird – egal, was sie tut.
Dass ihre Schwester so wenig auf ihre Hilfe vertraut hatte, verletzte Ruby. Schnell nahm sie sich ein Glas Chardonnay und ging zum Balkon, von dem aus man auf das satte Grün blickte. Sie brauchte dringend frische Luft. Erleichtert atmete sie ein und trank einen Schluck Wein. Als sie sich wieder umwandte und den Blick zurück über die Gäste gleiten ließ, entdeckte sie ausgerechnet den Mann, den sie absolut nicht sehen wollte: Jax Maroney.
Er trug einen dunklen Anzug, der zu seinem schwarzen Herzen und seiner düsteren Miene passte. Genau wie neulich stand er am Rand und betrachtete mit durchdringendem Blick die Anwesenden.
Interessant, dass er
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