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Ein Kreuz in Sibirien

Ein Kreuz in Sibirien

Titel: Ein Kreuz in Sibirien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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die Kulissen, Noten und Textbücher … es ist alles zu haben, wenn Rassim nur sagen würde: Macht, was ihr wollt, mit eurem Theater! Dann fliege ich sofort nach Tjumen.«
    »Und wer soll den Blödsinn bezahlen, he?«
    »Heißt es nicht, jeder Inhaftierte, der arbeitet, bekommt einen Lohn? Ich weiß, daß auch in der Verwaltung von JaZ 451/1 Lohnlisten geführt werden. Das ist Gesetz!«
    »Man sollte es nicht für möglich halten!« Jachjajew stützte sich auf den Tisch. »Ein so kluger Mensch – und lebt wie auf einem Baum. Gesetz ist auch, daß die Verwaltung des Lagers bezahlt wird. Wer ernährt den fetten Gribow? Wer drückt der fleißigen Leonowna die Rubelchen in die Hand? Wer sorgt dafür, daß Sakmatow, der Schmied, nicht seine Eisenspäne fressen muß, sondern eine schöne, dicke Kascha bekommt? Und glaubst du, der Genosse Rakscha von der Autowerkstatt gibt sich damit zufrieden, daß er singen darf: ›Wir sind die neuen Pioniere, wir schaffen eine neue Welt‹, während ihm der Magen knurrt? Wer bezahlt die Kosten für die Kleidung? Wer die Verpflegung der Sträflinge? Sie bestimmt nicht. Ich? Wie käme ich dazu! Die anderen Arbeitenden? Das gäbe ein Geschrei, daß die Sterne vom Himmel fallen. – Wer also bezahlt das ganze Lagerleben? Der Sträfling selbst mit seinem Arbeitslohn. Er bezahlt täglich das Vorrecht, leben zu können, wie jeder andere auch, der sein Essen, seine Miete, seine Kleidung, sein Licht und seine kleinen Freuden bezahlen muß. Abukow, wo kämen wir hin, wenn der Staat auch noch seine Verbrecher mit Steuergeldern ernährt und unterstützt? Sind wir im dekadenten Westen? Da werden die, die ihre Mitmenschen bestehlen und betrügen, verletzen und ermorden, bestraft mit reichlichem, gutem Essen – oft besser, als Hunderttausende ehrliche Bürger es sich leisten können. Sie wohnen in Zellen mit Gardinen und Radio, Büchern und Fotos an den Wänden, können lesen und schreiben, haben ihre Sportplätze und liegen an warmen Tagen im Gras und lassen sich von der Sonne streicheln. Nur Weiber haben sie nicht, aber auch diese Qual hat man erkannt, und es gibt Vorschläge, ob man die armen Häftlinge nicht einmal im Monat mit Frauen zusammenbringen kann. So was nennt man Humanismus!« Jachjajew hatte sich sehr erregt, trank ein Glas Wein mit einem Zug leer und unterdrückte ein heftiges Rülpsen. Sein Bauch zuckte zweimal auf. »Soll das bei uns auch so werden, Victor Juwanowitsch? Hier muß ein Verbrecher noch für seine Tat büßen und kann sich nicht damit herausreden, ihn plage ein Säuglingstrauma, weil er aus der Flasche trinken mußte und nicht von der Mutterbrust!« Jachjajew klopfte mit der Faust auf den Tisch. »Hier wird gestraft, Abukow! Das Streicheln der Verbrecher überlassen wir neidlos dem Westen.«
    »Sie bekommen also keinen Lohn für den Gasrohrbau?« fragte Abukow, als Jachjajew fast erstickte nach so langer Rede.
    »Zehn Prozent! Neunzig Prozent kostet ihr Leben. Im Durchschnitt behalten sie zwischen 10 und 15 Kopeken pro Tag!« Jachjajew grinste breit. »Die sammeln sie und können sich einmal im Monat im Magazin etwas kaufen. Papyrossi, Seife, Würfelzucker, ein Stück Dauerwurst, Kekse, Marmelade, Gewürzgurken, sogar Rasierklingen. Wenn sie sich damit die Kehle durchschneiden, ist es ihr freier Wille. Verbrecher, die sich selbst richten, gibt es allerdings selten.«
    »Aber die Politischen, Genosse Kommissar.«
    »Das sind die Schlimmsten, die mit dem schielenden Blick nach Westen! Abukow, erklären Sie mir, warum diese Verrückten die westliche Morschheit unbedingt in die Sowjetunion importieren wollen? Was ist im Westen denn so paradiesisch? Die Läden, die von Waren überquellen, als sei jedes Geschäft ein riesiger Hefeteig? Sie können nur ein Hemd tragen, ich kann nur ein Hemd tragen – warum müssen es über tausend verschiedene Muster sein? Es soll im Westen über 400 Sorten Brot geben – haben Sie jemals geklagt, wenn Sie satt waren, daß Sie nur ein Weißbrot oder ein Schwarzbrot gegessen haben? Ich sehe, Sie haben gute, kräftige Schuhe an, damit kommen Sie überall durch – vermissen Sie feinstes Ziegenleder in italienischer Handarbeit?«
    »Dr. Owanessjan wird es bestimmt vermissen, Mikola Victorowitsch.«
    »Dshuban Kasbekowitsch!« Jachjajew winkte ab. »Wer nimmt ihn ernst? Nein! Kein Bedauern gegenüber den Politischen! Wir brauchen keinen westlichen Konsumozean, in dem wir nur alle ertrinken würden – aber die da drüben brauchen unser Erdgas,

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