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Ein Kreuz in Sibirien

Ein Kreuz in Sibirien

Titel: Ein Kreuz in Sibirien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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die in den römischen Ruinen nisteten. Mit Omnibussen fuhr er kreuz und quer durch die Riesenstadt, ging die Spanische Treppe hinauf und hinunter, hockte unter Hunderten von Touristen am Trevibrunnen und kniete vor einem der Altäre im Petersdom. Er saß auf den steinernen Stufen des Colosseums und wanderte durch die Thermen des Caracalla, blickte vom Capitol über die Stadt und stand an den Brüstungen der Engelsburg. Zuletzt fuhr er mit einem gläsernen Aussichtsboot den Tiber hinauf und hinunter – das war am dritten Tag seines Ringens mit sich selbst, erfüllt von dem Wunsch, noch einmal alle Schönheit aufzunehmen, die das Leben zu bieten hat.
    Am Nachmittag wählte er die Telefonnummer, die Monsignore Battista ihm gegeben hatte. Battista war sofort selbst am Apparat. »Stephanus …«, sagte er voll Milde. »Wo sind Sie jetzt?«
    »In einer Telefonzelle am Tiber, in der Nähe der Engelsburg.«
    »Soll ich Sie abholen?«
    »Ja, bitte …«
    »Ich komme sofort!«
    Battista fand Olrik am Tiber. Er saß auf einem alten Mauerstück, ließ wie ein Junge die Beine baumeln und rauchte eine Zigarette. Es war ein Anblick, den ein geistlicher Herr nicht bieten sollte, aber in seiner Lage war alles verzeihlich.
    Battista setzte sich neben ihn auf die Mauer und pendelte ebenfalls mit den Beinen. Schweigend saßen sie eine Weile nebeneinander und blickten über den Tiber und auf das brausende Leben auf den Uferstraßen und Brücken.
    »Wann?« fragte Olrik plötzlich.
    »Darüber ist noch nichts entschieden.« Battista blickte ihn forschend an: »Heißt wann etwa ja?«
    »Sie haben es von Anfang an gewußt, Monsignore. Ich bin Priester und habe meinen Auftrag.« Olrik spuckte den Stummel seiner Zigarette von sich, so wie es ein russischer Bauer tun würde. »Gehen wir zum technischen Teil über, wie Sie es nannten.«
    »Ich möchte Sie jetzt umarmen und an mich drücken«, sagte Battista mit belegter und leicht zitternder Stimme. Auch ihn ergriff die Entscheidung ungemein. »Aber wer uns dann sieht, kommt leicht auf verwerfliche Gedanken, vor allem bei unserem schwarzen Rock. – Fangen wir gleich an, Stephanus. Von jetzt ab sprechen wir nur noch Russisch miteinander.«
    »Sie können Russisch sprechen, Monsignore?«
    »Den feinen Nowgoroder Akzent. Sie sprechen drei Dialekte, nicht wahr?«
    »Ja. Sogar einen derben bäuerlichen …«
    »Den pflegen Sie jetzt! Davon kann ich noch lernen. Also, Stephanus!« Battista lächelte leicht. »Sie heißen ab sofort Victor Juwanowitsch Abukow … schön, was?«
    »Wieso Abukow?« Olrik schob sich von der Mauer und klopfte den Staub von seiner Hose.
    »So hieß ein braver Sowjetbürger, dessen Paß Sie übernehmen. Ihr Bild klebt schon drin. Fabelhaft, sage ich Ihnen. Ein Paß so schön und rein wie der Bauchflaum einer weißen Taube.«
    »Ein komischer Vergleich, Genosse Giovanni.« Sie sprachen bereits russisch.
    Monsignore Battista zuckte bei dem Wort Genosse etwas zusammen, aber dann lachte er. »Rupfen Sie mal ein Täubchen, und Sie werden das Zarteste an Flaum erleben. So schwerelos ist Ihr Paß als Fälschung nie zu erkennen.«
    »Und mein Bild klebt schon drin? Schnell seid ihr. Wo kommt der Paß her?«
    »Von einem Toten. Victor Juwanowitsch wurde in Kirov geboren, lernte Autoschlosser, wechselte über zu den Lastwagenfahrern, lenkte eines der überschweren Ungetüme und ertrank in der Wjatka, als er an einem Sonntag fischen wollte. Die Wjatka ist ein tückischer Fluß, vor allem kurz nach der Schneeschmelze. Victor Juwanowitsch war nicht verheiratet, war Vollwaise, hat also keine Angehörigen. Seine Papiere kamen über Mittelsmänner zu uns. Wir haben da eine ganze Sammlung von sowjetischen Pässen.« Battista blinzelte fast schelmisch. »Nur etwas ist da, Victor Juwanowitsch: Sie haben in Kirov ein uneheliches Kind. Ein Mädchen. Neun Jahre alt.« Battista rieb sich die Hände. »Damit müssen Sie leben – als Priester. Welche Kapriole des Schicksals!«
    »Ich werde dem Kind ja nie begegnen, Monsignore.«
    »Es kommt noch besser. Die Mutter – Ihre Geliebte – war eine Fabrikarbeiterin, die ihre wenigen Rubel aufbesserte, indem sie auf den Strich ging. Jetzt ist sie verheiratet mit einem Feinmechaniker. Ihre Vergangenheit wird Sie also nicht einholen, Victor Juwanowitsch. Nur sollten Sie vermeiden, gerade nach Kirov zu kommen. Der richtige Abukow sah Ihnen verdammt ähnlich. Wie man uns gesagt hat, war Victor Juwanowitsch mächtig hinter den Weibern her. Wo ein Rock

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