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Ein Kreuz in Sibirien

Ein Kreuz in Sibirien

Titel: Ein Kreuz in Sibirien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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freundschaftliches Tätscheln. »Und nun treffe ich Sie von der Lebensmittelbrigade Smerdow , der Nowo Wostokiny beliefert. Wie heißen Sie?«
    »Victor Juwanowitsch Abukow .«
    »Mir knallt ein verwegener Gedanke ins Hirn, Victor Juwanowitsch : Ich möchte Rassim wiedersehen. Besteht die Möglichkeit, mit Ihnen ins Lager zu fahren?«
    »Das kann allein Smerdow entscheiden.«
    »Würden Sie mich mitnehmen?«
    »Warum nicht?«
    »Von Nutzen könnte es sein für Sie, mein Brüderchen! O je, was kenne ich nicht alles an Tricks! Sieben Jahre in neun Lagern – da ist man soweit, dem Teufel den Hintern zu rasieren. Unglaublich, was man in einem Lager alles machen kann, wenn man den richtigen Dreh beherrscht.«
    »Und darin sind Sie Spezialist, Maxim Leontowitsch ?«
    »In Karaganda habe ich Schnaps gebrannt und die ganze Truppe versorgt; nur die Offiziere ahnten davon nichts.« Bataschew nieste dröhnend, sein Sommerschnupfen war schon eine wahre Qual. »Und in Kungur habe ich mit zweiundzwanzig Weibern aus einem Frauen-Außenlager einen Puff aufgemacht. Die Rubelchen rollten nur so …«
    »Ich überlege«, sagte Abukow langsam. »Auch mir könnten Sie helfen, mein lieber Maxim.«
    »Ha! Sie leiden auch unter einer Allergie?« rief Bataschew begeistert. »Im Sommer überfällt Sie Müdigkeit – ist es so?«
    »Nicht ganz. Ich bin dabei, im Lager von Rassim ein Theater zu gründen.«
    Das war nun etwas, das Bataschew nicht erwartet hatte. Sprachlos starrte er Abukow an wie einen Verrückten, der mit ihm boxen will, obwohl ihm schon die Handschuhe zu schwer an den Händen hängen. Dann hustete und schniefte er wieder, putzte sich die Knollennase und schüttelte endlich den Kopf.
    »Es gibt seltsame Leute auf der Welt«, stellte er fest. »Sie gehören zu einer ganz besonderen Sorte. – Rassim hat Sie natürlich mit einem Tritt bedacht.«
    »Noch nicht. Er sieht als Neutraler zu, was aus dem Theater wird. Er wartet auf einen Mißerfolg – aber dann bin ich dran. Sie können mithelfen, daß Rassim auch gegen mich verliert.«
    »Wenn's darum geht, bin ich immer dabei. Rassim in die Kniekehlen treten – aber ja! Auf mich können Sie sich verlassen, Victor Juwanowitsch ! Nichts täte ich lieber. Und wenn es noch so verrückt ist: sobald es gegen Rassim geht, haben Sie meine Hand und meine Hilfe!« Bataschew nahm Abukow s Gesicht zwischen die riesigen Hände und küßte ihn schmatzend. »Was soll ich tun, Bruderherz?«
    »Glaubst du an Gott?« fragte Abukow unvermutet. Bataschew zuckte heftig zusammen und bekam einen Hustenanfall. Nachdem er sich beruhigt hatte und anscheinend sehr scharf nachgedacht hatte, sagte er vorsichtig:
    »Meine Mutter – längst ist sie tot – sie glaubte an Gott. Sie war eine gute Christin. Ging oft in die Kirche. Ostern buk sie das Osterbrot und ließ es vom Popen segnen. Und in der Schönen Ecke unseres Hauses brannte immer das ewige Lämpchen vor einer Klapp-Ikone. Ja, so war das bei uns. Aber lange ist es her.«
    »Und du, Maxim Leontowitsch ?«
    »Alles vergessen, Brüderchen!« sagte Bataschew ausweichend. »Ich war sogar Mitglied der Partei. Aber auch das ist vorbei. – Was hat das mit dem Theater zu tun?«
    »Nichts.« Abukow lächelte fein. »Ich brauche einen Mann, der mir alles das beschafft für das Theater, was man auf normalem Weg nicht bekommt. Verstehen wir uns?«
    »Als wenn der Wind bläst!« Bataschew zwinkerte kumpelhaft. »Den richtigen Freund hast du dafür gefunden, Victor Juwanowitsch . Nichts ist unmöglich – danach lebe ich. Selbst Rassim , dieses Mammut, habe ich k.o. geschlagen! – Melde deine Wünsche an, Brüderchen …«
    Ein guter, ein gesegneter Tag wurde es noch für Abukow . Sie aßen zusammen in einem der modernen Selbstbedienungsrestaurants, wo es Kartoffelsalat und Frikadellen gab und Kwaß in gewachsten Pappbechern aus einem Automaten. Und sie stellten eine Liste auf, aus der hervorging, was alles fehlte für einen guten Theaterbeginn.
    »Eine wirkliche Aufgabe ist das«, sagte Bataschew und rieb seine entsetzliche Knollennase, die – das wußte Abukow jetzt – ein Andenken an harte Boxerjahre war, wo so mancher Schlag im Gesicht landete. »Das kann man nur bewältigen, wenn man neunzig Prozent all dieser Dinge klaut. Vertrau auf mich, Brüderchen – wir schaffen es! Wozu bin ich Rangierer im Güterbahnhof? Alles, was in Surgut per Bahn ankommt, geht durch meine Hände. Jeden Waggon und seinen Inhalt kennt Maxim Leontowitsch Bataschew . Und es gibt

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