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Ein Kreuz in Sibirien

Ein Kreuz in Sibirien

Titel: Ein Kreuz in Sibirien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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keinen Ton mehr von sich geben würde. Jachjajew sah hilfesuchend die beiden anderen Männer an.
    Morosow zuckte mit den Schultern. Nichts zu machen, Genosse Kommissar. Wenn sie nichts weiß …
    »Gehen wir zwei hinaus«, sagte er leise. »Vielleicht vertraut sie Abukow mehr.«
    »Mehr als mir?« fragte Jachjajew beleidigt. »Wenn sich einer ein wirklicher Freund nennen darf, dann bin ich es! Aber bitte …« Er blickte Abukow böse an, ging zur Tür und verließ das Krankenzimmer. Morosow folgte ihm sofort und stellte sich mit ihm an eines der Flurfenster. Jachjajew wirkte innerlich sehr aufgewühlt und nagte nervös an der Unterlippe. »Was ist Ihre Meinung, Wladimir Alexejewitsch ?« fragte er. »Was denken Sie?«
    »Ich bleibe bei meiner Ansicht: Der Saukerl muß Novella gekannt haben. Beobachtet hat er sie und hat ihr später aufgelauert. Kein Zufall war das, es war geplant!«
    »Wer von Ihren Leuten im Baudorf wußte, daß Novella nach Surgut fuhr?«
    »Das können viele sein. Novella ist herumgelaufen und hat alle gefragt, ob man sie mitnehmen könne.«
    »Wir werden jeden verhören«, sagte Jachjajew hart. »Jeden! Und jeder, der irgendwie stottert, kommt in die Mangel. Noch niemand hat bei mir geschwiegen.«
    »Dieser Ruf geht Ihnen voraus, Genosse Kommissar«, sagte Morosow und hütete sich, den Sarkasmus nicht zu deutlich durchklingen zu lassen. »Bedenken muß man aber, daß Novella auch in Surgut Bekannte hatte.«
    »Den ganzen Lebenskreis Novellas werden wir durchleuchten. Irgendwo werden wir einen Schatten entdecken!« Jachjajew trommelte mit den Fingern auf die Fensterbank. »Nehmen wir also an, der Täter hat Novella gekannt … Man muß sich das vorstellen: Erschlägt Tscheljabin und mißbraucht anschließend Novella . Ein eiskalter Bursche. Fast ein Wahnsinniger.« Er zuckte plötzlich zusammen, starrte Morosow mit seinen großen Fischaugen an. »Wenn dem so ist, können wir alle Hoffnung der KGB-Kollegen begraben. Der Kerl wird es nicht zum zweitenmal versuchen, bei einer anderen … Er hatte es nur auf Novella abgesehen. Nur auf sie! Er bleibt im dunkeln, weil er sein Ziel erreicht hat. Er ist kein Wiederholungstäter. Morosow , wie sollen wir ihn da jemals entdecken?«
    »Vielleicht durch einen winzigen Fehler, den er einmal macht.«
    »Wenn er ein intelligenter Mensch ist …«
    »Auch ihn wird diese Tat irgendwie beschäftigen, und das führt früher oder später zu einer Aktion. Lassen wir die Zeit arbeiten, für uns!«
    »Und Novella hat keinerlei Erinnerung?«
    »Nicht die geringste. Der Kerl würgte sie, ehe sie begreifen konnte, was mit ihr geschah. Sie sah nur, wie Tscheljabin über das Steuerrad sank – dann hatte das Aas sie schon im Griff.«
    »Es macht mich krank, daran zu denken«, sagte Jachjajew gepreßt. » Morosow , es zerreißt mich fast.«
    Im Zimmer hatte sich Abukow auf die Bettkante gesetzt, hielt Novellas Hände und ließ es geschehen, daß sie immer wieder sagte: »Ich liebe dich … ich liebe dich … O Victor, stoß mich nicht weg nach dem, was passiert ist … Halt mich ganz fest … Du bist doch das einzige, was ich auf der Welt habe … Was soll ich denn tun ohne dich … Hilf mir, Victor, hilf mir …«
    Er nickte nur, streichelte ab und zu ihr zuckendes Gesicht, ließ sie weinen und tupfte die Tränen von ihren zerkratzten Wangen. Nur langsam beruhigte sie sich, lag dann mit einem glücklichen Lächeln auf dem Kissen oder blickte unruhig auf die Tür, weil der Arzt sicher gleich kommen würde, um Abukow von ihr wegzuholen.
    »Warum habt ihr Jachjajew mitgebracht?« fragte sie. »Mich überkommt Ekel, wenn ich ihn sehen muß.«
    »Er war gerade aus dem Lager angekommen und sprach mit den Ärzten. Seine Kollegen aus Surgut hatten ihn alarmiert. Es ist seine Pflicht, sich um dich zu kümmern. Er sieht es jedenfalls so.«
    »Ich hasse ihn … Warum, weiß ich nicht. Ich hasse ihn eben! Wie ein Hund lief er mir nach. Schleppte Geschenke heran. Ich glaube, ich würde sterben, wenn ich ihn lieben müßte. Wie ein dicker, kalter, glitschiger Fisch ist er. O Victor, wie gut, daß du hier bist. Wie lange muß ich im Krankenhaus bleiben?«
    »Das entscheiden die Ärzte. Erst mußt du wieder ganz gesund sein.«
    »Und dann holst du mich ab?«
    Er nickte. Er wollte ihr nicht weh tun.
    »Kannst du nicht zu uns ins Dorf ziehen?«
    »Das müßte man mit dem Genossen Smerdow besprechen«, sagte Abukow ausweichend. »Mein Arbeitsplatz ist Surgut. Immer greifbar muß ich sein. Ich

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