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Ein Kreuz in Sibirien

Ein Kreuz in Sibirien

Titel: Ein Kreuz in Sibirien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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jetzt jedes Wort, das er sagte. Er wußte, daß in der Telefonzentrale der Kommandantur der Feldwebel mithörte. »Natürlich geht es nicht, wenn du unabkömmlich bist.«
    »Warum sollte ich das sein?« fragte Mustai harmlos. »Alles ist in Ordnung.«
    »Alles? Wirklich alles …«
    »Die Sonne scheint, die Sümpfe dampfen, die Brigaden arbeiten. Man kann es normal nennen. Nur Gribow klagt jeden Tag. Seine Vorräte gehen dahin …«
    »Deshalb kommen wir am Mittwoch. Wann kannst du hier in Surgut sein, Mustai ?« Abukow atmete auf. Aus Mirmuchsin s Worten hörte er heraus, daß sich auch Jachjajews Aktion gegen die Sträflinge erfolglos totgelaufen hatte. Fomin , Tkatschew und Lubnowitz lebten also noch, und die christliche Gemeinde war nicht zersprengt worden. Nach Larissa wagte er jetzt nicht zu fragen. »Es genügt, wenn du Dienstagabend eintriffst.«
    »Ich frage Morosow , ob er mich mit einem Hubschrauber mitfliegen läßt. Wie geht es Dir, Victor Juwanowitsch ?«
    »Ich habe viel für das Theater getan.«
    »Dann gratuliere ich!« rief Mustai ins Telefon. »Bald kann es losgehen. Die Bühne ist fertig, jetzt bauen sie die Sitzbänke. Rassul Sulejmanowitsch war schon auf der Bühne, hat mit den Brettern gewippt und dann gebrüllt: ›Eine gute Idee war das! Hier werden wir später, unabhängig von Wind und Wetter, mit den Widerspenstigen exerzieren!‹ Alles Weitere also dann am Dienstag!«
    Mustai legte auf, und das war gut so, denn er hatte schon mehr gesagt, als es für unerwünschte Mithörer gut war. Bevor Abukow wieder zu Novella Dimitrowna ins Krankenhaus ging, fuhr er mit dem Bus zum Güterbahnhof und suchte Bataschew . Er fand ihn in einem kleinen Holzhaus neben den weitverzweigten Verschiebegleisen. Es war eine bunt bemalte Baracke, die sich der Boxer als Wohnstatt hergerichtet hatte. Hier hauste er mit einem großen, struppigen, ewig knurrenden Hund und drei Katzen, die nachts am Bauch des ausgestreckten Köters schliefen.
    Bataschew empfing Abukow , als sei das sowjetische Staatsoberhaupt zu Besuch gekommen. Eilfertig sprang er herum, holte Gläser und Wodka, Mürbegebäck und eingelegte Gurken und als Glanzstück einen Kuchen aus einer Plastikfrischhaltedose, der den schönen Namen hatte: Schokoladno-Mindalnyi Tort s Kofeinym Kremom – Schokoladen-Mandeltorte mit Mokkaglasur. »Von der Witwe!« sagte Bataschew und rieb seine deckelgroßen Hände. »Sorgt für Kraft in meinem Körper … jaja … ein Vorteil ist es, mit einer erfahrenen Frau befreundet zu sein. – Was gibt's, Brüderchen?«
    »Am Dienstagabend kommt ein Fahrer nach Surgut. Mein Freund Mustai aus dem Lager.«
    »Einer vom bevorzugten Regime?«
    »Nein. Kein Gefangener. Er betreibt beim Lager eine Limonadenfabrik.«
    »Ha!« Bataschew zuckte hoch und schlug mit der Faust auf den Tisch. »Der usbekische Idiot? Dieser Teufelsschwanz? Er kommt?« Bataschew rollte fürchterlich mit den Augen, baute sich in Boxerstellung auf und hieb einige zischende Gerade und Haken in die Luft, um seine Erregung zu dämpfen.
    »Du kennst Mirmuchsin ?« fragte Abukow erstaunt.
    »Ihn kennen? Ha, wer kennt ihn nicht, den rothaarigen Bock?!« Bataschew stieß wieder einen rechten Haken vor und keuchte, als habe er schon zehn Runden hinter sich. »Kaum war der gute, treue Grigorjew mit seinem Auto im See versunken, taucht dieses Miststück bei der Witwe Grigorjewa auf. Wie ein schnüffelnder Hund, der die heißen Hündinnen riecht. Er wolle ihr ein Eimerchen Limonade verkaufen, sagte er heuchlerisch, und die Gute, die Ahnungslose glaubte es ihm, holte einen Glasballon vom Küchenschrank – dazu muß man auf eine Leiter steigen, denn zum Hinaufgreifen ist es zu hoch –, und wie sie da oben auf der Leiterstufe stand und nach dem Glasballon tastete, was tat dieses Teufelsaas da? Die Hand schob er ihr unter den Rock, faßte kräftig hinein und sagte: ›Mein Beileid, Schwesterchen. Ich fühle mit Ihnen.‹« Bataschew schlug eine Gerade und dann vier schnelle Haken. »Ha, er soll jetzt nur kommen! Laß ihn nur kommen! Einen Zwerg mache ich aus ihm. Einen Angelwurm. Am Dienstag, sagst du? Das ist gut. Ich werde jede freie Minute am Sandsack üben. Zu Pulver mache ich ihn!«
    Mit neuer Sorge fuhr Abukow zurück nach Surgut ins Krankenhaus. Novella Dimitrowna erwartete ihn schon. Sie war aufgestanden, saß auf der Bettkante in einem schönen blauen Bademantel mit goldenen Borten und hörte im Radio ukrainische Volksmusik.
    »Morgen darf ich nach Hause!« rief

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